Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich singe leidenschaftlich gerne, aber meistens nicht sehr gut. Insofern erspare ich uns hier eine Intonation zu Beginn dieser Rede.
"Musik spielt im kulturellen Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland eine wesentliche Rolle. … Die Bundesregierung misst der Pflege des Musiklebens … einen hohen Stellenwert bei."
Solch Grundsätzliches liest man gerne. Man vernimmt es mit Freude, Genugtuung, ja, Stolz. Deutschland ist eine Musiknation von alters her bis auf den heutigen Tag.
Wenn man dann allerdings in der umfangreichen Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage zur Musikförderung durch den Bund in dem konkreten, sachlichen Teil der Statistik nachliest, welche Jahreseinkommen 2009 die Musikerinnen und Musiker nach Auskunft der Künstlersozialkasse hatten Orchestermusiker „Ernste Musik“: 9 237 Euro im Jahr, Instrumentensolist „Ernste Musik“: 10 498 Euro im Jahr, Oper-, Operetten- und Musicalsänger: 9 585 Euro im Jahr, Lied- und Oratoriensänger: 10 335 Euro im Jahr , dann muss man sagen: Hier stimmt doch etwas nicht.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Siegmund Ehrmann (SPD) und der Abg. Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Hier tut sich ein gravierender Unterschied zwischen der Proklamation und der Wirklichkeit auf. Auch Komponisten, Texter und Librettisten kommen im Jahr gerade einmal auf rund 16 000 Euro. Das sind 1 333 Euro im Monat. Man könnte sagen: Glanz und Elend spiegelt diese Ausarbeitung der Bundesregierung zur Musikförderung durch den Bund.
Staatsminister Neumann hat gestern im Kulturausschuss betont, dass die Förderung durch den Bund nur subsidiär, also zusätzlich, ist, da die Förderung von Musik vorrangig Aufgabe der Länder ist. Das ändert aber nichts an den Arbeits- und Einkommensverhältnissen der Musikerinnen und Musiker in all den vielfältigen Sparten der Kunst in unserem Land.
(Gisela Piltz (FDP): Dann halten Sie doch mal so eine Rede im Landtag!)
Es ist zu begrüßen, dass mit dem vorliegenden Bericht eine wichtige Übersicht vorliegt. Sie könnte allerdings strukturierter und systematischer sein. Am besten wäre es, wenn sie einem umfassenden Kulturbericht zugeordnet wäre, wie ihn die Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ bereits vor Jahren gefordert hat.
(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Die Musikförderung des Bundes hat zwei Ziele: einerseits die Bewahrung des Erbes und die umfassende Erschließung und Vermittlung seiner Potenziale und andererseits die Entwicklung der zeitgenössischen Musik und ihre Rezeption. Das ist nicht leicht zu leisten, wenn die Mittel nicht von Jahr zu Jahr steigen. Denn die Pflege des Erbes wird nicht von sich aus weniger. Aber das Zeitgenössische nimmt zu und braucht mehr Unterstützung und Mut zum Experiment. Wie kann man also die Balance halten und Gerechtigkeit walten lassen?
Rund 44 Millionen Euro stellte die Bundesregierung für die Musikförderung 2010 zur Verfügung. Ein Viertel dieser Summe ging an die Rundfunkorchester und Chöre in Berlin. Das ist eine Aufgabe und Verpflichtung, die aus der Vereinigung unseres Landes herrührt. Es ist eine glanzvolle Verpflichtung von wahrhaft gesamtstaatlicher Relevanz. Das Gleiche gilt für die Verpflichtungen im Hauptstadtkulturvertrag, Kostenfaktor: 4,3 Millionen Euro.
Es bleiben rund 28 Millionen Euro als Fördersumme. Werden sie gerecht verteilt zwischen Alt und Neu? Jazzmusikerinnen und -musiker haben in diesen Tagen mehr als tausend Unterschriften gesammelt und fordern mehr staatliche Subventionen und vor allem mehr Spielstätten sowie Gleichbehandlung mit der ernsten Musik.
In der Künstlerförderung der Initiative Musik entfallen 17,7 Prozent auf Jazzprojekte. Das entspricht einer erbärmlichen Summe von rund 230 000 Euro im Jahr, und gefördert wird nur dann, wenn die Musiker selbst 60 Prozent der Projektkosten aufbringen können. Wie sollen da viele Bands, Talente und Musiker unter dieser Regelung noch gefördert werden?
(Beifall bei der LINKEN)
Lässt sich dabei noch von einer einigermaßen gerechten Mittelverteilung reden? Nein.
Ein Umverteilungsvorschlag: Rund 2,3 Millionen Euro fließen jedes Jahr vom Bund an die Bayreuther Festspiele, ein Musikereignis, das sich vor Nachfrage kaum retten kann. 400 000 Kartenbitten können jedes Jahr nicht berücksichtigt werden. Die Bundesregierung gibt an, dass sie seit 1953 die Festspiele mitfinanziert, damit sie das ist ein Zitat bei bezahlbaren Karten für breite Bevölkerungsschichten zugänglich seien. Das ist doch Hohn und Spott!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Schauen Sie sich doch an, was heute in Bayreuth passiert. Bezahlbare Karten für breite Bevölkerungsschichten? Ich sage: Hohn und Spott. Solange dies so ist, könnten die 2,3 Millionen Euro gut anderen Projekten zugunsten kommen.
(Wolfgang Börnsen (Bönstrup) (CDU/CSU): Bei der Bundesliga ist es das Dreifache!)
Das wäre dann übrigens das Zehnfache für den Jazz und damit für zeitgenössische Musik.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)