Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Meine Gewerkschaft, die IG Metall, steht mitten in einer Tarifrunde in der Metallindustrie. Die IG Metall fordert 6,5 Prozent mehr Lohn, „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit!“ - auch für Leiharbeitnehmer -,
(Beifall bei der LINKEN)
den Ausbau der Mitbestimmung von Betriebsräten beim Einsatz von Leiharbeit und die unbefristete Übernahme aller Auszubildenden. Diese Forderungen sind richtig und lösen Probleme, die von dieser Regierung nicht gelöst wurden.
Die Tarifverträge sind zum 31. März ausgelaufen. Eigentlich sollte in der vierwöchigen Friedenspflicht ein neuer Tarifvertrag gefunden werden. In den letzten Verhandlungen kamen die Arbeitgeber mit einem Angebot um die Ecke: Sie bieten 2,57 Prozent mehr Lohn für zwölf Monate und man höre eine Arbeitszeitverlängerung.
(Nicole Gohlke (DIE LINKE): Das ist ja wohl das Letzte!)
Bis zu 30 Prozent der Beschäftigten sollen künftig nach dem Vorschlag der Arbeitgeber 40 Stunden pro Woche arbeiten.
(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Um Gottes willen!)
- Genau, um Gottes willen. - Das ist kein Angebot; das ist eine Frechheit.
(Beifall bei der LINKEN - Zurufe von der SPD:)
- Wissen Sie, derzeit arbeiten sie 35 Stunden, und künftig sollen sie 40 Stunden arbeiten. Das ist der Unterschied.
(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Entsetzlich!)
Würden Sie die Tarifverträge ein bisschen kennen und sich daran erinnern, was die Forderungen und Bedingungen der IG Metall an der Stelle sind, dann wüssten Sie das.
Ab nächster Woche wird die IG Metall versuchen, mit Warnstreiks Druck auf die Arbeitgeber auszuüben. Wenn das nicht klappt, sind Urabstimmung und Streik geboten.
(Dr. Heinrich L. Kolb (FDP): Das ist nicht überraschend, was Sie sagen!)
Streik ist unsere schärfste Waffe. Dem Streik der Beschäftigen dürfen die Arbeitgeber Aussperrung entgegensetzen. So will es die Rechtsprechung.
(Zuruf von der FDP: Das ist auch gut so!)
Streikrecht ist aber ein demokratisches Grundrecht.
(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Aussperrung auch!)
Aussperrung ist Richterrecht.
(Beifall bei der LINKEN)
Mit einer Aussperrung verweigern die Arbeitgeber ihren Beschäftigten Arbeit, Lohn und Zutritt zum Betrieb.
Die Gewerkschaft ist klipp und klar gegen jede Form von Aussperrung. Im Tariflexikon der IG Metall heißt es ich zitiere :
Aussperrung ist ein willkürliches Kampfmittel der Arbeitgeber. Sie stellt das Streikrecht in Frage und muss solidarisch bekämpft werden. Sie ist Unrecht und gehört verboten.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Rebmann (SPD))
Die Arbeitgeber hingegen können heiß und kalt aussperren.
Eine heiße Aussperrung betrifft Beschäftigte, die im bestreikten Tarifgebiet in Betrieben arbeiten, die gerade nicht zum Streik aufgerufen sind.
Eine kalte Aussperrung bedeutet, dass auch Beschäftigte ausgesperrt werden, die im Zweifel gar nichts mit dem Streik zu tun haben. Sie dürfen als Streik- bzw. Aussperrungsfolge nicht mehr arbeiten.
Wenn Beschäftigte infolgedessen keine Arbeit haben, war das früher ein klassischer Fall von Kurzarbeit. Das wurde 1986 mit dem Anti-Streik-Paragrafen abgeschafft. Bei kalter Aussperrung stehen die Beschäftigten im Regen und bekommen nichts. Das ist ungerecht und unsozial.
(Beifall bei der LINKEN – Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Das glauben Sie alles im Ernst!)
Das treibt einen Keil zwischen Streikende und heiß Ausgesperrte und kalt Ausgesperrte.
Die Arbeitgeber ihrerseits bekamen durch den Anti-Streik-Paragrafen ein zweites Kampfmittel in die Hand. Sie können Hunderttausende Beschäftigte und ihre Familien ohne jegliche Unterstützung vor der Türe stehen lassen.
(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Wann war denn das das letzte Mal?)
Damit muss Schluss sein. Wenn die IG Metall im Mai in einen Streik gehen sollte, dann darf es nicht sein, dass die Arbeitgeber willkürlich Beschäftigte kalt aussperren können.
(Dr. Martin Lindner (Berlin) (FDP): Da muss ja selbst der Ernst lachen!)
Meine Damen und Herren, es ist und bleibt höchste Zeit, dieses ungerechte und undemokratische Gesetz zu kippen. Aussperrung gehört verboten.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Stefan Rebmann (SPD))

Gewerkschaften stärken - Anti-Streik-Paragraphen kippen!
Rede
von
Jutta Krellmann,