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Gesine Lötzsch: Zunehmende Ungleichheit ist Gefahr für unsere Demokratie

Rede von Gesine Lötzsch,

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt nachweislich Gewinner und Verlierer der Pandemie, aber das ist kein Naturgesetz, sondern Ergebnis politischer Entscheidungen. Hier muss sich grundlegend etwas ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Darum stellen wir zwei Fragen an den Nachtragshaushalt. Erstens. Zieht er die Gewinner zur Finanzierung des Gemeinwesens heran? Zweitens. Unterstützt er die Verlierer wirkungsvoll? Beide Fragen muss ich mit Nein beantworten, und das ist wirklich fatal.

(Beifall bei der LINKEN)

Nehmen wir das Beispiel der Selbstständigen: Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung hat eine Studie vorgelegt, aus der hervorgeht, dass Frauen, die selbstständig sind, mit einer 60 Prozent höheren Wahrscheinlichkeit härter von der Pandemie betroffen sind als selbstständige Männer. Diese Ungleichheit können wir nicht akzeptieren. Hier muss gegengesteuert werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Pandemierechnung verschicken Sie schon jetzt an alle Privathaushalte. Doch was ist mit der Wirtschaft? Die Produktion läuft in vielen Bereichen einfach so weiter, als ob es keine Pandemie gäbe. Wir fordern, dass die Menschen in der Produktion effektiv geschützt werden, aber das ist Ihnen zu anstrengend. Sie wollen der Wirtschaft nicht zu nahe treten. Hier brauchen wir endlich einen effektiven Schutz der Menschen, die in der Wirtschaft arbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir müssen auch die Frage stellen: Zählen denn die Freiheitsrechte der Wirtschaft mehr als die Rechte von einzelnen Menschen? Ich sage: Wenn wir die nicht systemrelevante Produktion, zum Beispiel die der Rüstungsindustrie, reduzieren, dann wäre das eine wirksame Maßnahme. Damit wäre allen geholfen, und die Gesundheit würde geschützt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Im Nachtragshaushalt steht immer noch nicht, wer die Coronarechnung bezahlen soll. Die Vermögenden sind in der Krise noch reicher geworden. Die zunehmende Ungleichverteilung zwischen oben und unten ist eine Gefahr für unsere Demokratie. Der Deutsche Gewerkschaftsbund fordert jetzt eine Vermögensteuer. Das ist gut. Unter der Überschrift: „Steuergerechtigkeit herstellen, Staatsfinanzen stärken“ schlägt der Deutsche Gewerkschaftsbund nicht nur die Wiedereinführung einer Vermögensteuer vor, sondern plädiert auch für höhere Erbschaft-, Einkommen- und Körperschaftsteuern. Wir als Linke sagen: Das ist der richtige Weg.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun ist ja die Schuldenbremse hier wieder gelobt worden und die Behauptung aufgestellt worden, die Schuldenbremse stehe für Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Wir sagen Ihnen ganz deutlich: Das Gegenteil ist der Fall. Die Schuldenbremse steht Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit entgegen. Die Schuldenbremse ist eine Investitionsbremse. Darum gehört sie abgeschafft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir sind in Westeuropa Investitionsschlusslicht. Das muss sich ändern. Wir lehnen den Nachtragshaushalt ab. Ein gerechter Haushalt sieht anders aus.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)