Lutz Heilmann (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Die Umweltpolitik der Koalition ist kleinkariert und provinziell. Kleinkariert, weil Sie genauso weiterwurschteln wie bisher. Herr Minister nehmen Sie es mir nicht übel , Ihre Rede heute war nicht eine Ihrer stärksten.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Aber jetzt kommt eine ganz starke Rede!)
Vorgenommen hatten Sie sich ein Umweltgesetzbuch, das alle Umweltgesetze, gleich, ob im Bereich des Naturschutzes oder des Wasserrechts oder Genehmigungsverfahren, beinhalten und zusammenfassen sollte. Ein Umweltrecht aus einem Guss sollte es werden.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Der Herr Gabriel hat wenigstens frei gesprochen!)
So verkündete es der Minister am 16. Februar 2007 unweit von hier, bei einer Konferenz in Berlin. Stärkung des integrativen Umweltschutzes und der Europatauglichkeit, Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens, anwenderfreundliche Ausgestaltung, das waren Ihre Worte Sie haben schon selbstkritisch darauf Bezug genommen , ehrenwerte Worte, Herr Minister. Was ist davon geblieben? Nichts.
All den Umweltsünden der Koalition ich erinnere an die kleine Novelle zum Bundesnaturschutzgesetz, mit der Sie den Artenschutz in Deutschland de facto ad absurdum führten, an das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz, mit dem Sie Beteiligungsrechte der Bevölkerung erheblich einschränkten, an die Abwrackprämie, an die Kfz-Steuer-Reform, an die Dienstwagenbesteuerung, um nur einige Beispiele zu nennen setzen Sie hier und heute sozusagen die Krone auf. Noch nicht einmal eine Handvoll Einzelgesetze sind von Ihrem Umweltgesetzbuch übrig geblieben.
Kollege Göppel, ich muss Ihnen widersprechen. Frau Kollegin Dött hat sich anders geäußert. Im Umweltausschuss hat sie vor einigen Wochen gesagt: Das Umweltgesetzbuch läuft uns doch nicht davon. So ungefähr waren doch Ihre Worte, nicht?
(Marie-Luise Dött (CDU/CSU): Nein! Das war der Tagesordnungspunkt! Ulrich Petzold (CDU/CSU), an die Abg. Marie-Luise Dött (CDU/CSU) gewandt: Über so etwas braucht man sich nicht zu streiten!)
Wir können ja im Protokoll nachschauen. Die Auffassung, die die Koalition und insbesondere Ihre Fraktion hier vertritt, rückt auch Ihre engagierte Naturschutzrede nicht wieder gerade, Herr Kollege Göppel.
Also weiter wie bisher! Immer hübsch Klein-Klein. Damit leisten Sie uns allen einen Bärendienst. Dem Klimawandel, dem Artensterben, der zunehmenden Zerstörung der Umwelt kommen wir so nicht bei. All Ihre schönen Reden, Herr Minister, ob in Bonn, Nairobi, New York oder sonst wo auf der Welt, sind damit nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen.
Um das Schlimmste zu verhindern, wie Sie sagen, wollen Sie jetzt Einzelgesetze. Das Schlimmste? Ja, womöglich das Schlimmste, nämlich dass die Länder von ihren Abweichungsrechten Gebrauch machen, die sie sich in der Föderalismusreform von 2006 vorsorglich gesichert haben. Die Abweichungsrechte sind wohl mit das Fatalste, was die Föderalismusreform I zu bieten hatte. Was hat es damit auf sich? In einem Satz ausgedrückt: Egal was wir hier zum Beispiel im Bereich Naturschutz beschließen, außer in den allgemeinen Grundsätzen dürfen die Länder ab 2010 überall abweichen. Wer hat die Föderalismusreform I gemacht? Ein Geschenk Gottes war sie nicht, aber gerade Sie, Herr Minister, wurden nicht müde, sie schönzureden.
Provinziell ist die Umweltpolitik der Koalition, zumindest eines Teils. Herr Minister, wo war die von Ihnen gerühmte gute Zusammenarbeit mit den Ländern? Zumindest im Fall Bayern war das ein ordentlicher Trugschluss. Der bayerische Löwe hat Sie vor die Wand laufen lassen. Und die Kanzlerin, die heute durch Abwesenheit glänzt? Was machte die Kanzlerin? Sie glänzte durch Nichtstun.
(Josef Göppel (CDU/CSU): Brüssel! Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Sie ist in Brüssel! Hartmut Koschyk (CDU/CSU): Wie kann man nur so schwach sein? Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Das ist ihm wahrscheinlich aufgeschrieben worden! Josef Göppel (CDU/CSU): Ja, da war das noch nicht drin!)
Aber kommen wir zu dem, was Sie hier vorschlagen. Ein wesentlicher Gesetzentwurf ist der für ein reformiertes Bundesnaturschutzgesetz. Die Reform ist nach Ihren Worten nötig, Herr Minister, weil wir die abweichungsfesten Grundsätze brauchen.
(Hartmut Koschyk (CDU/CSU): So eine schwache Rede! Abgelesen und überhaupt nicht von Argumenten getragen, nicht mal wissend, dass heute EU-Rat in Brüssel ist! So viel Ignoranz kann es nur bei den Linken geben!)
Bei Durchsicht des Gesetzentwurfs fallen auch etliche Paragrafen auf, die den Titel „Allgemeiner Grundsatz“ tragen oder in denen die Worte „allgemeiner Grundsatz“ stehen. Also alles in Ordnung? Das könnte man denken. Man findet sieben allgemeine Grundsätze im Entwurf; immerhin. Aber wenn ich an das geltende Bundesnaturschutzgesetz denke, fällt mir auf: Dort sind es 15 Grundsätze. Man könnte jetzt sagen: Quantität zeugt nicht immer von Qualität. Aber schauen wir einfach einmal nach, um zu sehen, welche Wirkung das entfaltet.
Fangen wir bei § 1 an. Dort ist eine Menge von Zielen enthalten, und viele davon kann ich sogar unterschreiben. Zeigt das aber auch Wirkung? Nein, denn es fehlt der Verweis auf die Verwirklichung der durchaus ehrenwerten Ziele. So entpuppen sich Ihre Ziele, die wunderbar zu lesen sind, als wirkungslose Prosa. Warum? Weil die Verwirklichung der Ziele in § 2 festgeschrieben wird, wo aber nichts davon steht, dass das ein allgemeiner Grundsatz ist. Nur von einem solchen können die Bundesländer ja nicht abweichen. Ich weiß nicht, ob das ein Trick ist oder ob Sie das einfach übersehen haben. Ich nehme freundlicherweise Letzteres an.
Dann komme ich noch zu der vielzitierten Eingriffsregelung. Sie ist das Kernstück des flächenbezogenen Naturschutzes. Eine abweichungsfeste und differenzierte Vollregelung ist zur Gewährleistung eines Mindestmaßes an bundeseinheitlichem Recht notwendig. Stellen Sie sich einmal länderübergreifende Eingriffe vor! Wie sollen die behandelt werden, wenn am Ende zwei Regelungen vorhanden sind? Dafür befindet sich in § 13 zwar ein allgemeiner Grundsatz, und man könnte wiederum denken, alles sei in Ordnung. Aber auch hier muss ich Ihnen sagen: Entweder haben Sie keine Ahnung, oder Sie wollen uns für dumm verkaufen. Um das Ganze abweichungsfest zu gestalten, müssten wenigstens die in § 14 Ihres Vorschlages enthaltenen Legaldefinitionen aufgenommen werden.
Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Herr Kollege, darf ich Sie an die Redezeit erinnern?
Lutz Heilmann (DIE LINKE):
Ein Satz. Es bleibt festzustellen: Wie Sie sehen, sind die von Ihnen vorgesehenen allgemeinen Grundsätze wirkungslos und zahnlose Tiger. Für einen ambitionierten Naturschutz bietet Ihr Gesetzentwurf keine Grundlage.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)

Gesetze zur Neuregelung des Naturschutzes und der Landschaftspflege
Rede
von
Lutz Heilmann,