Zweckgebundene Finanzmittel aus Sonderprogrammen fördern keinesfalls die kommunale Selbstverwaltung, welches nach eigenen Aussagen auch der FDP, ein wichtiges Prinzip unseres föderalen Systems darstellt. Die Probleme können dort am besten eingeschätzt und auch gelöst werden, wo sie die Menschen unmittelbar erleben und in ihren Auswirkungen spüren. Sie sollten selbst bestimmen, wann sie eine Brücke, eine Schule oder ein Krankenhaus sanieren wollen und müssen. Heidrun Bluhm in der Debatte zur Freistellung de Kommunen von der Mitfinanzierung bei Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich von Eisenbahn und Straßen.
Sonderprogramme, wie sie die FDP auflegen will, müssen zwar nicht grundsätzlich falsch sein, sie lösen aber nicht das strukturelle Defizit der kommunalen Finanzausstattung. Mit Ausnahme der FDP war es wohl Konsens unter den Fraktionen, wie ich der Debatte zu den Anträgen der FDP und den Grünen im Februar entnehmen konnte, dass das eigentliche Problem struktureller Art ist und weitere Sonderprogramme die Kommunen langfristig nicht entlasten und damit überhaupt wieder verantwortungsvolle Handlungsspielräume ermöglichen. Kurzum: Der FDP-Antrag versucht die Symptome zu überdecken, anstatt sich mit den Ursachen auseinander zu setzten. Die wirklichen Ursachen liegen tiefer und sind komplexer Art: Es sind dies etwa die Gemeindefinanzreform, eine gerechte Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und nicht zuletzt eine umfassende Steuerreform. Aber darunter verstehen wir wohl jeweils etwas anderes. Wir müssen die öffentlichen Haushalte wieder auf eine solide Basis stellen. Ich wiederhole mich hier ein weiteres Mal: Zweckgebundene Finanzmittel aus Sonderprogrammen fördern keinesfalls die kommunale Selbstverwaltung, welches nach eigenen Aussagen auch für Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, ein wichtiges Prinzip unseres föderalen Systems darstellt. Die Probleme können nämlich dort am besten eingeschätzt und auch gelöst werden, wo sie die Menschen unmittelbar erleben und in ihren Auswirkungen spüren. Lassen wir sie doch bitte selbst bestimmen, wann sie eine Brücke, eine Schule oder ein Krankenhaus sanieren wollen und müssen. Dazu bedarf es eines kommunalen Investitionsprogramms und keines weiteren Brückensanierungsprogramms. Der Sanierungsstau der Gemeinden ist viel zu groß, als dass man mit nur einem speziellen Brückenbauprogramm weiterkäme. Die finanzielle Handlungsfähigkeit muss langfristig gewährleistet sein. Klar ist, dass ein erheblicher Sanierungsbedarf besteht. Klar ist aber auch - das zeigen viele Beispiele und Erfahrungsberichte aus den Kommunen, die ich bereits während der ersten Lesung im Februar dargestellt habe - dass die meisten Kommunen schon mit der Übernahme eines Drittels der Kosten, wie es das Eisenbahnkreuzungsgesetz aktuell vorsieht, hier finanziell absolut überfordert sind. In einigen Fällen insbesondere in Ostdeutschland übersteigen die finanziellen Anforderungen allein dafür ein Mehrfaches aktueller Haushaltsbudgets von Kommunen. Es wäre unverantwortlich, dass nötige Sanierungen liegen bleiben, auf unbestimmte Zeiten vertagt werden, bis nichts mehr geht. Marode Brücken sind keine Lappalie. Gefahren müssen beseitigt werden. Darüber sollten wir uns alle einig sein. Doch können wir die Verantwortung dafür nicht den Kommunen zuschieben, wenn sie nicht in der Lage sind, diese auszuführen. Mit dem Antrag meiner Fraktion Die Linke wollen wir stattdessen im Eisenbahnkreuzungsgesetz die Kostenübernahme für kommunale Brückenbauwerke, welche Bahnanlagen betreffen, neu regeln und dadurch die Gemeinden entlasten. Unser Antrag zeigt daher die beste und auch zugleich einfachste Lösung auf: Wir müssen die Gemeinden von der Mischfinanzierung befreien. Dies heißt zum einen, die Realität in den Gemeinden, die finanziell prekäre Situation, anzuerkennen und zum anderen, verantwortungsvoll mit der Infrastruktur umzugehen, und zwar nach dem Verursacherprinzip. Das Eisenbahnkreuzungsgesetz muss so geändert werden, dass Kommunen bei Baumaßnahmen im Kreuzungsbereich von Eisenbahnen und Straßen von der Mitfinanzierung freigestellt werden. Abschließend noch einige Worte zum Antrag von Bündnis 90/Die Grünen. Die Kollegen möchten damit erreichen, die Prioritäten im Verkehrswegebau neu zu setzen. Die Sanierung des Bestands soll künftig Vorrang vor Neubau erhalten - bei der Straße und bei der Schiene! Diesem Anliegen stimmt Die Linke zu. Anzumerken ist dennoch, dass dies in der Praxis nicht einfach zu machen sein dürfte. Ob Bundesstraßen, Bundesautobahnen oder Bundesschienen: Sind diese in die Jahre gekommen, dann macht es nun einmal mitunter mehr Sinn, Instandhaltung und Erhalt mit Ausbaumaßnahmen zu verknüpfen. Selbstverständlich ist es ebenso unerlässlich, dass die DB AG das vom Bund bereitgestellte Geld effektiv und effizient einsetzt und ihre Mittel auch verantwortungsvoll ausgibt. Hier ist der Bund als 100-prozentiger Eigentümer aufgefordert, seiner Aufsichtspflicht nachzukommen und die vorgesehene Verwendung anzumahnen. Bei der Schiene kommt noch ein Missstand hinzu: Die Bundesregierung hat uns den lange versprochenen Netzzustandsbericht immer noch nicht vorgelegt. Solange uns dieser vorenthalten wird, fehlt uns eine entscheidende Grundlage, um vernünftig über die Zukunft der Deutschen Bahn AG zu entscheiden. Der Bericht der DB AG, der uns gestern Nachmittag zugestellt wurde, ist als Entscheidungsgrundlage nicht zu gebrauchen. Da wird seitenweise nur über die Dauer von Störungen auf den Bundesschienenwegen lamentiert. Die Bundesregierung ist hier gefragt.
Gemeinden entlasten mit neuem Eisenbahnkreuzungsgesetz
Rede
von
Heidrun Bluhm-Förster,