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Gegen die Haushaltskrise: Erbschaften endlich gerecht besteuern!

Rede von Christian Görke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Kollegin Raffelhüschen, die Finanztrickserei Ihres Finanzministers, die Ihnen das Bundesverfassungsgericht ja regelrecht um die Ohren gehauen hat, hat hierzulande die Situation völlig verändert und vor allen Dingen auch verschärft; denn jetzt ist neben der Krise noch eine Kürzungsdebatte entbrannt.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Sehr gut!)

Das neue Hartz IV soll gekürzt, die Mehrwertsteuer erhöht, die Kindergrundsicherung beerdigt werden. Milliardeninvestitionen wackeln.

(Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein!)

Und selbst von einem grünen Finanzminister wird jetzt sogar die Forderung erhoben: Ran an die Rente! – Kürzen, kürzen, kürzen!

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Unglaublich!)

Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, machen wir genau das Falsche. Wir verpassen der krisengeschüttelten deutschen Wirtschaft die nächste Hungerdiät, und das ist volkswirtschaftlicher Schwachsinn.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, natürlich könnten wir weiter über die Kürzungsvorschläge reden, aber ich glaube, wir müssen auch über unsere Einnahmesituation sprechen, Frau Raffelhüschen. Und da bin ich dann bei dem, was wir unter anderem immer gefordert haben, um die Einnahmen des Staates zu verbessern: eine einmalige Krisenabgabe für Milliardäre, die als Lastenausgleich, Herr Freiherr von Stetten, unter Adenauer konzipiert worden ist – abgelehnt; die Einführung einer echten Übergewinnsteuer für die Krisenprofiteure der noch anhaltenden Energiekrise – abgelehnt; Energie-Soli für Spitzenverdiener, den die Wirtschaftsweisen vorgeschlagen haben – abgelehnt.

Und nun? Ja, jetzt reden wir über die Erbschaftsteuer und über Einnahmen.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Abgelehnt!)

Es ist auch richtig – Sie haben es gesagt –: Das hilft dem Bundeshaushalt nur indirekt, weil die Einnahmen natürlich in die Länderkassen fließen. Aber ich erinnere daran, dass es unter der GroKo so üblich war und in der Ampel nach wie vor so üblich ist, dass Steuersenkungen beschlossen werden, die dann bei den Ländern und den Kommunen abgelegt werden. Meine Damen und Herren, so geht das nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Raffelhüschen, Sie haben in Ihrem Redebeitrag berechtigterweise Oma ihr klein Häuschen und die Freibeträge erwähnt. Aber an die wollen wir nicht heran.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Das ist aber nett!)

Uns geht es wirklich um die steinreichen Familien wie Klatten und Co, die ihr Betriebsvermögen vererbt bekommen haben und darauf kaum Steuern gezahlt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Wer zum Beispiel 300 Wohnungen erbt, kann die Steuer umgehen, weil die Wohnungen dann als Betriebsvermögen deklariert werden. Wer hingegen aber zwei Wohnungen erbt, der zahlt ordentlich. Wir finden: Das ist ungerecht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Union, sehr geehrter Freiherr von Stetten, wir waren ja 2009 im Vermittlungsausschuss, wo Sie damals mit Unterstützung der SPD die Erbschaftsteuer, wie sie jetzt ist, ausgehöhlt haben. Es ist so: Je größer das Erbe, desto kleiner der Steuersatz. Lag der effektive Steuersatz bei Erbschaften und Schenkungen bis 500 000 Euro im Schnitt bei knapp 9 Prozent, lag er für solche über 20 Millionen Euro aber nur bei 2,8 Prozent – 2,8 Prozent! Genau das ist skandalös. Aber es wird ja noch besser: Seit Ihrer Steuerreform 2009 wurden Betriebsvermögen in Höhe von 409 Milliarden Euro steuerfrei vererbt. Herr Freiherr von Stetten: 409 Milliarden steuerfrei! So schlimm kann es ja nicht gewesen sein mit Ihren, sagen wir mal, Szenarien.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Dagmar Andres [SPD] und Bruno Hönel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Allein 50 Milliarden Euro davon gingen an Kinder unter 14. Schau mal an! Der Trick ging nämlich so: Kinder können zwar Anteilseigner werden, haben aber natürlich als Kinder kein verfügbares Vermögen, welches dann vom Fiskus besteuert werden kann. So geht das, so bizarr ist das!

Meine Damen und Herren, ich muss leider zum Schluss kommen. Sehr geehrter Herr Kollege Klüssendorf, ich schätze Sie sehr. Und ich habe mich auch gefreut, Ihren Beitrag zu hören, der ganz klar unsere Position mit unterstützt. Sie haben auch heute wieder links geblinkt.

(Tim Klüssendorf [SPD]: Immer links! – Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das ist ein Dauerblinken!)

Ich glaube auch, dass Sie auf Ihrem Parteitag Anfang Dezember weitreichende Reformen der Erbschaftsteuer beschließen werden. Aber noch mal: Sie regieren hier.

(Tim Klüssendorf [SPD]: Aber nicht allein!)

Sie stellen den Kanzler, und da würde ich mir einfach auch mal ein Machtwort Ihres Kanzlers wünschen.

(Beifall bei der LINKEN – Kay Gottschalk [AfD]: Ein Machtwort von Scholz?)

Sehr geehrte Frau Raffelhüschen, ich möchte schließen, frei nach dem rosaroten Panther: Es ist nicht Ende aller Tage; ich komm wieder, keine Frage.

Vielen Dank.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Paulchen Panther: Hoch!)