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„Für starke soziale und ökologische Standards in der Internationalen Finanz-Corporation (IFC) der Weltbank“

Rede von Alexander Ulrich,

Alexander Ulrich, Obmann im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union und stellvertretendes Mitglied im Ausschuss für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, sprach im Plenum zur Verschlechterung der Weltbankstandar

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die IFC hat ihre Aufgabe, die Förderung von Privatinvestitionen in Entwicklungsländern zum Zwecke der Armutsreduzierung, in der Praxis bisher nicht ausrei¬chend erfüllt. Zu ihren Geschäftspartnern und Nutznie¬ßern gehören vornehmlich Großkonzerne wie Coca-Cola, Exxon Mobil oder Halliburton. Wie das prägnante Beispiel der Tschad-Kamerun-Öl¬pipeline zeigt, wird die Weltbank ihren eigenen bisheri¬gen Standards nicht gerecht. Es sollte ein Musterprojekt werden, um Ölreichtum in direkten Nutzen für die Armen umzusetzen. Das Gegenteil ist erreicht: bisher entschädigungslose Enteignungen, rapide steigende Ge¬sundheitsprobleme der Bevölkerung und erneute Ar¬beitslosigkeit der Wanderarbeiter, die die Pipeline ge¬baut haben. Auf eine von der Weltbank selbst geforderte Umweltverträglichkeitsstudie wurde bei der Projektrea¬lisierung verzichtet. Der Plan für die Einrichtung von zwei Nationalparks als Kompensation für die beim Bau der Pipeline geschädigten Waldgebiete existiert nur auf dem Papier. Seit Juli 2003 fließt Öl durch die Pipeline. Die Ziele der Armutsreduktion wurden nicht hinreichend verfolgt. Für den Tschad ist zudem eine dramatische Verschlechterung der Menschenrechtslage zu beobach¬ten. Wie dieses Beispiel eindrucksvoll zeigt, ist die Welt¬bank nur vordergründig eine Institution zur Finanzierung entwicklungsorientierter Projekte. Das genannte Beispiel ist leider kein Einzelfall. Die Nichteinhaltung der Umwelt- und Sozialstandards ist vielmehr typisch für IFC-Projekte. Die Profite, die Interessen der privaten Kreditnehmer stehen an erster Stelle; Menschen und Umwelt geraten in den Hintergrund. Die IFC will nun am 21. Februar einen neuen Regel¬entwurf verabschieden. Bisher liegen uns ebenso wie dem Bundesministerium nur die so genannten Perfor¬mance-Standards vor. Wir sehen in dieser Neuabfas¬sung der Standards eine völlige Abkehr von bisherigen Normen und Regeln. Die neuen Standards übertragen sehr viel Verantwortung auf die Kunden der IFC, sprich: auf die Konzerne, und lassen dem IFC-Management er¬hebliche Spielräume in der Interpretation dessen, was das Minimalerfordernis bei jedem einzelnen Projekt ist. Es ist absurd, der Industrie selbst die Entscheidung darüber zu überlassen, ob ihre eigenen profitorientierten Projekte im entwicklungspolitischen Interesse sind. (Gabriele Groneberg [SPD]: Das stimmt doch nicht!) Das aber ist der Kern der neuen Performance-Standards. Die IFC wird demgemäß künftig auf unabhängige Um¬welt- und Sozialverträglichkeitsprüfungen verzichten. In der Konsequenz bedeutet das eine Anpassung der Stan¬dards an die bisherige entwicklungsfeindliche Praxis. Die Regierungsparteien aber tun so, als läge über¬haupt kein Problem vor. Sie wollen uns auf einen dritten Entwurf vertrösten, den sie uns bis heute nicht vorlegen können und dessen Inhalt ihnen selbst nicht geläufig ist. Sie sagen uns: Vertraut der IFC! Die IFC sagt: Vertraut den Investoren! - Das ist die Kapitulation der Bundes¬entwicklungspolitik. (Beifall bei der LINKEN) Wir stimmen mit der Kritik von Ihnen, Frau Koczy, an der IFC-Praxis in der gestrigen Ausschusssitzung völ¬lig überein. Doch warum schreiben Sie das, was Sie hier verurteilen, nicht auch so in Ihrem Antrag nieder? Der Antrag der Grünen verschweigt, dass es sich bei den Profiteuren der IFC-Kredite um Großkonzerne handelt. In Ihrem Text suggerieren Sie sogar, sich ganz im Ein¬klang mit dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit zu befinden, als stünde nicht die Ver¬schlechterung der Standards, sondern ihre Verbesserung auf der Tagesordnung. Warum erwähnen Sie in ihrem Antrag mit keinem Wort die Performance-Standards, die Sie zu Recht so lautstark kritisieren? Wir, die Fraktion der Linken, haben den Grünen vor¬geschlagen, eine entsprechende Änderung in ihrem An¬trag vorzunehmen. Wir schlagen vor, dass das zustän¬dige Bundesministerium den deutschen Exekutivdirektor im Verwaltungsrat der Weltbank anweist, Verschlechte¬rungen, wie sie die vorliegenden Performance-Standards vorsehen, abzulehnen. Leider haben Sie diesen Vor¬schlag nicht angenommen. Ihr Ziel scheint zu sein, die zuständige Ministerin und die Bundesregierung insge¬samt - trotz aller verbalen Kritik - aus der praktischen Verantwortung zu entlassen. Wir können Ihrem Antrag, dem Antrag der Grünen, deshalb nicht zustimmen. Sie, die Grünen, sollten endlich in Ihrer Rolle als Opposi¬tionspartei ankommen! Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Herr Kollege Ulrich, das war Ihre erste Rede in die¬sem Haus. Herzlichen Glückwunsch dazu und weiterhin alles Gute. (Beifall)