Herr Präsident!
Sehr verehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich finde nicht, dass das eine Showveranstaltung ist. Ich durfte im Vermittlungsausschuss bislang noch gar nicht mitreden. Von daher fühle ich mich völlig ausgeschlossen. Selbst wenn Sie alle hier nur meinetwegen säßen, damit ich einmal mitdiskutieren kann, dann wäre das doch ein Grund.
Herr Zimmer, ich bin nicht dafür da, Herrn Brauksiepe zu rehabilitieren. Er hat schon vor zwei Jahren in seinem Wahlkreis einen Mindestlohn in der Weiterbildung versprochen. Aber zwei Jahre lang ist nichts passiert. Auch das Ministerium, in dem er jetzt arbeitet, hat einen Mindestlohn in der Weiterbildung abgelehnt. Da er gesagt hat: „Im Grunde bin auch ich für einen Mindestlohn“, müssen doch die Menschen in seinem Wahlkreis fragen: Was ist denn aus dem geworden, was Sie uns vor zwei Jahren versprochen haben? - Dass erst jetzt etwas passiert und dass es so lange dauert, bis Menschen zu ihrem Recht kommen, empfinde ich vom Grundsatz her als eine absolute Katastrophe.
(Beifall bei der LINKEN)
Zwei geschlagene Jahre wird daran gearbeitet, und erst jetzt passiert etwas. Aber nun wird alles hin und her diskutiert. So habe ich mir Politik nicht vorgestellt.
Sie haben ein Plädoyer zugunsten der Tarifpolitik gehalten. Toll! Jeder Tarifpolitiker weiß: Tarifpolitik ist schneller als der Bundestag. Die Tarifpolitiker kommen wenigstens zu Ergebnissen.
(Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Dann soll man sie doch machen lassen, Frau Kollegin!)
Sie reden miteinander, diskutieren und tauschen Argumente aus. Dann gibt es am Ende Tarifverträge. Wenn das nicht klappt, dann gibt es beispielsweise einen Streik. Aber man hat ein Ergebnis und schiebt solche Probleme nicht über Jahre vor sich her.
Ich persönlich empfinde es als eine absolute Katastrophe, dass man ausgerechnet im Bereich der Weiterbildung über dieses Thema reden muss. In der Weiterbildung arbeiten hoch qualifizierte Leute. Das sind Leute, die ein Pädagogikstudium abgeschlossen haben bzw. Volkswirtschaft oder Betriebswirtschaft studiert haben. Herr Lange, Sie dürfen sich gerne umdrehen und mir zuhören; das fände ich fair.
(Christian Lange (Backnang) (SPD): Was Sie alles fair finden! Das finde ich auch!)
Es ist nett, dass Sie sich umgedreht haben. Vielen Dank.
(Christian Lange (Backnang) (SPD): Gern! Haben Sie auch etwas zu sagen? Das ist doch hier die Frage!)
Sich um den Bereich der Weiterbildung nicht zu kümmern und gleichzeitig über Facharbeiterqualifikation zu reden, das empfinde ich als ein absolutes Vorführen von Menschen. Es kann nicht sein, dass alle sagen: „Wir brauchen qualifizierte Fachkräfte“, und dass man denjenigen, die qualifiziert sind und in der Weiterbildung arbeiten, ein vernünftiges Entgelt vorenthält.
Nun zu der von Ihnen aufgeworfenen Frage, ob die Tariffähigkeit nachgewiesen ist. Nach Ihren Informationen liegt der Anteil bei nur 25 Prozent.
(Johannes Vogel (Lüdenscheid) (FDP): Maximal!)
Die zuständigen Gewerkschaften haben mir gesagt, es gebe nicht nur die direkte Tarifbindung. Vielmehr gibt es noch Haustarifverträge und Anerkennungstarifverträge, die genau das anerkennen, was die Tarifvertragsparteien vereinbaren. Addiert man alles, dann kommt man in der Summe auf weit über 50 Prozent. Das heißt in der Konsequenz: Die Grundlage, von der Sie ausgegangen sind, nämlich dass es nur 25 Prozent sind, ist nicht richtig. Die Gewerkschaften selbst vertreten etwas völlig anderes.
Ich kenne auch die Praxis, dass Arbeitgeber manchmal Haustarifverträge und Anerkennungstarifverträge abschließen, weil sie sich nicht an einen Arbeitgeberverband binden wollen. Das ist die Realität, auch in dieser Branche. Wenn Sie dies nicht anerkennen, dann haben Sie haarscharf am Ziel vorbeigeschossen.
Ich hoffe, dass im Vermittlungsausschuss obwohl ich nicht dabei bin etwas Positives für die Menschen herauskommt. Es geht nicht darum, ob und wie wir hier über solche Dinge diskutieren und ob es einen Schlagabtausch gibt, sondern darum, dass die Menschen endlich das bekommen, was sie brauchen; deswegen sind wir hier.
Ich appelliere daher an diejenigen, die am Geschehen viel direkter als ich beteiligt sind: Sorgen Sie für einen Mindestlohn in der Weiterbildungsbranche! Wenn Ihnen daran wirklich gelegen ist, dann stimmen Sie dem Antrag der SPD genauso wie wir zu.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD Gabriele Hiller-Ohm (SPD): Das ist doch mal eine tolle Antwort!)