Rede zum Einzelplan 10: Bundesministerium für Ernährung und LandwirtschaftDrucksachen 18/1010, 18/1023
Frau Präsidentin!
Werte Kolleginnen und Kollegen!
Vielleicht beschäftigen wir uns, wenn wir über Landwirtschaft und Ernährung sprechen, nicht mit dem größten Haushalt; aber wir reden über ein lebensnotwendiges Thema.
Auf unserem Planeten leiden fast 900 Millionen Menschen an Hunger, während zugleich 1,4 Milliarden Menschen krankhaft übergewichtig sind. Im vergangenen Jahr ist weltweit so viel Getreide geerntet worden wie noch nie zuvor: 2,5 Milliarden Tonnen. Aber nur 45 Prozent dieser Ernte - nicht einmal die Hälfte - diente als Lebensmittel. Der Rest wurde zu Tierfutter, zu Sprit und zu Industrierohstoffen verarbeitet.
(Artur Auernhammer (CDU/CSU): Tierfutter ist auch Lebensmittel!)
Die vorherrschende Agrarpolitik ist eine wichtige Ursache für Klimawandel, Artensterben, Umweltvergiftung, Wasserknappheit, Krankheiten, Kinderarmut und Ungerechtigkeit.
(Marlene Mortler (CDU/CSU): Immer diese Vorurteile und pauschalen Aussagen!)
Es ist ein krankes System, das dringend verändert werden muss. Die Linke will eine Landwirtschaft, die die Menschen versorgt und nicht die globalen Märkte.
(Beifall der Abg. Karin Binder (DIE LINKE))
Wir wollen soziale und ökologische Weichen stellen, und dafür kann auch in einem Bundeshaushalt etwas getan werden.
(Beifall der Abg. Karin Binder (DIE LINKE))
Wir haben über 20 Vorschläge gemacht, wie der Einzelplan 10 in diese Richtung verändert und verbessert werden könnte. Ich will drei Beispiele herauspicken und hier kurz vorstellen:
Erstens.
Wir wollen, dass Deutschland den Weltagrarbericht unterstützt und international verantwortlich handelt. Was es bedeutet, international verantwortlich zu handeln, wird in ebendiesem Weltagrarbericht skizziert. Über 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben darin im Jahr 2008 den Stand des Wissens über die globale Landwirtschaft, ihre Geschichte und ihre Zukunft zusammengetragen. Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Denkschulen waren daran beteiligt. Diese Arbeit ist mit dem Weltklimabericht vergleichbar, der inzwischen für die Politik auf dieser Welt prägend ist. Der Bericht ist unbequem und alarmierend. Er warnt davor, einfach so weiterzumachen wie bisher.
Im Weltagrarbericht wird gefordert, den Hunger in den Ländern des Südens nicht mit Exportpolitik oder mit Nahrungsmittellieferungen zu bekämpfen,
(Marlene Mortler (CDU/CSU): Sondern mehr Spekulation vor Ort!)
sondern die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Kleinbäuerinnen und Kleinbauern vor Ort zu verbessern. Denn sie sind das Rückgrat der Welternährung und nicht die großen Betriebe und Agrarkonzerne der Industrieländer, die viel zu viel Öl, Wasser, Boden und Dünger verbrauchen. Es geht nicht allein um die Erträge, die in der Landwirtschaft erzielt werden, sondern gleichrangig darum, dass die Bäuerinnen und Bauern von ihrer Arbeit leben können. Auch dafür setzt sich die Linke ein.
Wir fordern von der Bundesregierung, dass sie den Bericht mit ihrer Unterschrift anerkennt und die Agrar- und Entwicklungspolitik daran ausrichtet. Wir haben beantragt, dass 500 000 Euro zur Verfügung gestellt werden, damit der Weltagrarbericht fortgeschrieben werden kann.
Der zweite Punkt, der uns wichtig ist, betrifft den ökologischen Landbau. Das ist die umwelt- und klimaschonendste Form der Agrarwirtschaft. Wir Linke wollen, dass mehr Bauernhöfe auf Bio umstellen und dass mehr Menschen genug Geld im Portemonnaie haben für gute Ökolebensmittel. Die sind zwar nicht unbedingt gesünder, aber sie sind mit weniger Chemie belastet, und vor allem sind sie besser für die Umwelt.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Biobauern verschmutzen Erde und Wasser weniger mit Pflanzenschutzmitteln und Dünger und sorgen für mehr Artenvielfalt. Weil die meisten ökologisch wirtschaftenden Agrarbetriebe sehr arbeitsintensiv sind, leistet der Ökolandbau außerdem einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung in den ländlichen Räumen.
Hierfür braucht es nicht nur die Unterstützung beim täglichen Einkauf. Eine politische Aufgabe kann nicht privatisiert werden. Es braucht den Beitrag der Politik, und ein solcher Beitrag kann und muss das Bundesprogramm Ökologischer Landbau leisten.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Bisher werden nur 6,3 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Bundesrepublik ökologisch bewirtschaftet. Wir sagen: Da geht wesentlich mehr.
Es hat verschiedene Gründe, dass Agrarbetriebe nicht auf Bio umstellen. Nach wie vor sind Saatgut, Zuchtlinien, Pflanzenschutz usw. nicht genügend erforscht, es herrscht auch ein ruinöser Wettbewerb auf dem Biomarkt, und es fehlt an Beratung und Wissenstransfer.
Mit dem Bundesprogramm Ökologischer Landbau soll nach unserer Meinung vor allem die Forschungskapazitäten ausgebaut und dafür gesorgt werden, dass einheimische ökologische Erzeugnisse besser bekannt gemacht und vermarktet werden. Wir haben beantragt, dass das Bundesprogramm dafür um 8 Millionen Euro aufgestockt wird und dass es gänzlich dem Ökolandbau zugutekommt und nicht ‑ wie es im Namenszusatz dieses Programmes beschrieben ist ‑ auch andere nachhaltige Formen der Landwirtschaft gefördert werden, weil damit dem Ökolandbau etwas entgeht. Diese anderen Formen müssen durch andere Programme finanziert werden.
Sie haben unseren Antrag leider abgelehnt, aber immerhin ist ein Vorschlag der Linksfraktion aufgenommen worden, nämlich einen eigenen Titel für Eiweißfutterpflanzenprojekte einzustellen. 3 Millionen Euro stellen Sie dafür zur Verfügung. Ich sage Ihnen, warum wir das wollen. Das Problem ist, dass Tierhaltungsbetriebe eiweißhaltiges Futtermittel importieren. Zu großen Teilen wird es aus Südamerika importiert, und dort werden Nutzflächen in Konkurrenz zu den Kleinbauern vor allem von großen Agrarkonzernen bewirtschaftet. Wir brauchen eine eigene Eiweißfuttermittelproduktion. Dafür braucht es Forschung und Unterstützung. Wir müssen perspektivisch aufhören, Lebensmittel zu importieren. Wir müssen die Ernährungssouveränität überall respektieren.
(Beifall bei der LINKEN)
Schließlich möchte ich noch einen letzten Punkt ansprechen.
Vizepräsidentin Petra Pau:
Kollegin Leidig, das können Sie gerne tun, tun das aber jetzt auf Kosten Ihrer Kollegin.
Sabine Leidig (DIE LINKE):
Gut, dann erwähne ich nur, dass wir die Subventionen für den Agrardiesel schrittweise streichen wollen, dass wir damit jährlich 43 Millionen Euro einsparen könnten
(Marlene Mortler (CDU/CSU): Ja, Gott sei Dank sind Sie in der Opposition! ‑ Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): Immer zulasten der Bauern!)
und dass mit diesem Geld sehr viel sinnvolle sozial-ökologische Projekte gefördert werden könnten anstatt Sprit zu verbrennen.
Besten Dank.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)