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Für eine Gesundheitsreform ohne soziale Ausgrenzung

Rede von Frank Spieth,

Wir haben ein massives Finanzproblem in der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle Fachleute gehen für das kommende Jahr von einem Defizit von circa 10 Milliarden Euro aus. Die Probleme werden mit Sicherheit noch deutlich größer. Deshalb müssen Reformvorschläge auf den Tisch, durch die eine solidarische und soziale Krankenversicherung mit einem umfassenden Sachleistungskatalog gewährleistet wird. Frank Spieth in der Debatte um eine nachhaltige Finanzierung der Karnkenversicherung

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! (Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Jetzt kommt die Gesundheitsteuer!) - Nein, Herr Bahr, seien Sie nicht so aufgeregt. Man kann Ihre Vorstellungen ja kommentieren, das hatte ich jetzt aber nicht vor. Ich möchte mich hier heute mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen auseinander setzen. Seien Sie versichert: Anderes tun wir an anderer Stelle. Dennoch möchte ich vorab eine Bemerkung zu der heutigen Pressekonferenz von Gesundheitsministerin Schmidt und Unionsfraktionsvize Herrn Zöller in diesem Hause machen. Dort wurde ziemlich klar zum Ausdruck gebracht, dass mit der beabsichtigten Gesundheitsreform erneut eines mit Sicherheit geschieht: Den gesetzlich Krankenversicherten soll wieder ins Portemonnaie gegriffen werden. Der Patient wird am Ende dieser Veranstaltung ganz offenkundig mehr zahlen und weniger aus der Krankenversicherung für das erhalten, was er mehr zahlen muss. (Elke Ferner [SPD]: Wir können ja mal eine Wette abschließen!) - Wir werden eine Wette abschließen. Alle in den letzten Wochen in den Medien lancierten Reformvorstellungen haben im Kern immer wieder eines gemeinsam: Die Arbeitgeber werden entlastet. Das gilt für die Wahlmöglichkeiten, die nichts anderes als Teilkaskotarife sein werden, genauso wie für die Steuerfinanzierung der Versicherung von bisher beitragsfrei mitversicherten Kindern. Ich habe in diesem Hohen Hause in den letzten Wochen - auch bei der Auseinandersetzung über den Haushalt der Bundesgesundheitsministerin in der vergangenen Woche - mehrfach darauf hingewiesen - Frau Bender sagte dies bereits zu Recht -, dass wir ein massives Finanzproblem in der gesetzlichen Krankenversicherung haben und dass alle Fachleute für das kommende Jahr von einem Defizit von circa 10 Milliarden Euro ausgehen. Die Probleme werden mit Sicherheit noch deutlich größer. Deshalb müssen Reformvorschläge auf den Tisch, durch die eine solidarische und soziale Krankenversicherung mit einem umfassenden Sachleistungskatalog gewährleistet wird. Mit ihrem Antrag zur Bürgerversicherung geht die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen deshalb in wichtigen Teilen in die richtige Richtung. Ich will aber auch dazu sagen - Herr Kollege Lauterbach hat zu Recht darauf hingewiesen -: Einige Aspekte Ihres Antrags sind durchaus kritisch zu sehen und daher nachzuarbeiten. Es mag ja sein, dass es ein sozialrechtlicher Anachronismus ist, die beitragsfreie Ehegattenversicherung erhalten zu wollen. Frau Bender, wenn Sie diese allerdings abschaffen wollen, ohne Alternativvorschläge dafür zu machen, wie die vorwiegend davon betroffenen Millionen Ehefrauen ohne Arbeit und ohne eigenes Einkommen zukünftig abgesichert werden sollen, hat das im Grunde genommen die Wirkung, dass diese Menschen ins soziale Abseits gedrängt werden. Die Ausgrenzung aus der beitragsfreien Mitversicherung wird dazu führen, dass von den Menschen, die jetzt schon nicht wissen, wie sie ihren täglichen Lebensunterhalt gewährleisten sollen, ein zusätzlicher Krankenversicherungsbeitrag zu erbringen ist. Ich meine, das müssen wir offen miteinander diskutieren. Das ist keine Emanzipation, das ist soziale Ausgrenzung. (Beifall bei der LINKEN) Gleiches gilt für die nach meiner Auffassung unsägliche Debatte über die Lohnnebenkosten. Wer die Arbeitgeberbeiträge weiter senken will, reduziert - das ist die Schlussfolgerung - Leistungen oder verlangt von den Versicherten höhere Beiträge. (Elke Ferner [SPD]: Wer hat das denn gefordert?) Dies ist doch jahrelange Praxis. Ich kann Ihnen sagen: Dieser Vorschlag wird auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen. (Beifall bei der LINKEN) Wir sind wie die Grünen - das haben sie in ihrem Antrag geschrieben - für die Aufhebung der Versicherungspflichtgrenze und die Ausweitung des Versichertenkreises. Wir wollen, dass alle hier lebenden Menschen in die Krankenversicherung einbezogen werden. Ich meine, dass in Ihrem Antrag noch eine Menge Fragen offen sind. Wir wollen Sie bei diesem Antrag unterstützen, um eine vernünftige, solidarische und soziale Krankenversicherung zu realisieren. (Dr. Rolf Koschorrek [CDU/CSU]: Hört! Hört!) Lassen Sie uns deshalb Ihren Antrag um die notwendigen sozialen Aspekte erweitern! Dann werden Sie uns bei dieser Reform an Ihrer Seite haben. (Beifall bei der LINKEN - Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Das ist Sozialismus, Herr Spieth! - Zuruf von der SPD: Das ist ein vergiftetes Geschenk!)