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Für eine Attraktivitätssteigerung der Altenpflege muss noch mehr passieren!

Rede von Kathrin Senger-Schäfer,

Rede zur zweiten und dritten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege- zu Protokoll -

Wir beraten heute in abschließender Lesung den überschaubaren Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der beruflichen Aus- und Weiterbildung in der Altenpflege.

Der Entwurf sieht vor, zwei Punkte, der im Dezember 2012 beschlossenen Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege, umzusetzen.

Zum einen geht es um die Ausbildungsverkürzung und zum anderen um die Möglichkeit, dass die Bundesagentur für Arbeit befristet für drei Jahre die Finanzierung des 3. Umschulungsjahres im Rahmen der beruflichen Weiterbildung übernimmt, wo eine Verkürzung nicht möglich ist.

DIE LINKE unterstützt die Offensive ausdrücklich, welche gemeinsam mit den Ländern, Verbänden und Gewerkschaften auf den Weg gebracht wurde und deshalb werden wir dem Gesetzentwurf zustimmen – auch wenn er an der einen oder anderen Stelle Bauchschmerzen verursacht.

Angemerkt werden muss an dieser Stelle aber auch, dass es lange gebraucht hat, bis die Maßnahmen der Offensive verabredet werden konnten und schließlich öffentlich bekannt gegeben wurden.

Gemessen an der Dringlichkeit, welche uns der augenfällige Fachkräftemangel in der Altenpflege auferlegt, weise ich darauf hin, dass wir uns ewiges Taktieren wirklich nicht mehr leisten können, wenn wir auch künftig die pflegerische Versorgung sichergestellt wissen wollen.

Gerade die Bundesregierung hätte die beiden vorliegenden kleinen Maßnahmen längst auf den Weg gebracht haben können. Versprochen waren diese Schritte immerhin bereits im Sommer letzten Jahres. Warum also hat das so lange gedauert?

Schade ist auch, dass die Bundesregierung offensichtlich aus den Erfahrungen des Konjunkturpakets II keine Lehren ziehen wollte. Damals wurde schon einmal – für zwei Jahre befristet – das dritte Umschulungsjahr in der Kranken- und Altenpflege gefördert, mit dem Ergebniss, dass die beachtliche Anzahl der Umschulungen im Bereich der Altenpflege nach dem Auslaufen der befristeten Finanzierung wieder deutlich abnahm.

Daneben wurde bis zum heutigen Tag keine verlässliche Finanzierung der Altenpflegeausbildung insgesamt und landesweit auf den Weg gebracht.

Vor diesem Hintergrund ist die neuerliche Befristung ein falsches Signal an alle Umschulungswilligen und an die Pflegeeinrichtungen sowieso.

Dass das von Schwarz-Gelb versprochenen neue Pflegeberufegesetz nach wie vor auf sich warten lässt, ist ebenfalls kein Zeichen dafür, dass es der Bundesregierung mit der Bekämpfung des Fachkräftemangels und der Attraktivitätssteigerung der Altenpflege besonders ernst ist.

Die Finanzierung des dritten Umschulungsjahres hätte nach Auffassung der LINKEN von der Bundesregierung so lange entfristet werden müssen, bis eine dauerhafte Finanzierungsgrundlage für eine weiterentwickelte neue Pflegeausbildung gefunden ist.

Zumindest aber hätte die Befristung wenigstens deutlich verlängert werden müssen.

Auch mit dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz hat sich die Bundesregierung in Sachen Attraktivitätssteigerung im letzten Jahr nicht mit Ruhm bekleckert. Im Gegenteil: Das Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz riecht verdammt nach Deprofessionalisierung! Zum einen betrifft das den erleichterten Einsatz von Einzelpflegkräften und zum anderen die Tatsache, dass es sich bei den Einzelpflegekräften nicht mehr um eine Pflegefachkraft handeln muss.

Ich meine, dass diese Maßnahme des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes im krassen Widerspruch zur Qualifizierungsoffensive steht.

Daneben darf die Regelung des Pflege-Neuausrichtungs-Gesetzes nicht unerwähnt bleiben, nach welcher – bei einem Abschluss eines Versorgungsvertrages für Pflegeeinrichtungen – nicht mehr die Zahlung einer ortsüblichen Vergütung für die Pflegekräften ausschlaggebend ist, sondern der Pflegemindestlohn ausreichend sein soll, obwohl die ortsübliche Vergütung häufig um ein vielfaches höher ist. Damit wird die unterste Haltelinie, die Lohndumping eigentlich verhindern sollte, zum Instrument für Lohndrückerei missbraucht.

Auch das hat mit Attraktivitätssteigerung überhaupt nichts zu tun!

Das heute vorliegende Gesetz hat in Sachen Deprofessionalisierung ebenfalls seine Tücken. Wer keine Ausbildung hat, aber eine zweijährige Vollbeschäftigung in einer Pflegeeinrichtung vorweisen kann, soll Kraft des Gesetzes, auf Antrag die Möglichkeit zur Weiterbildungsverkürzung bekommen.

Die Hürde hierfür ist ein Kompetenzfeststellungsverfahren, für das die Bundesländer verantwortlich zeichnen. Die Frage ist, wie dabei die Qualität der Ausbildung und damit der Altenpflege insgesamt gesichert wird. Wie wird die Kompetenz festgestellt? Wie werden ein möglichst einheitliches Vorgehen der Länder beziehungsweise einheitliche Kriterien gewährleistet? Welche Einflussnahme hat der Bund dabei überhaupt und wer wird am Ende überhaupt noch eine dreijährige Umschulung machen? Oder soll mit dieser Maßnahme schlicht das Geld der Bundesagentur gespart werden? Es wir darauf ankommen, hier die künftige Entwicklung scharf im Auge zu behalten.

An die Adresse der Bundesregierung – als Teil der Initiatoren der Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive Altenpflege – möchte ich abschließend appellieren, dass allein mit dem Papier, auf dem die vielen Maßnahmen niedergeschrieben wurden, der Kampf gegen den Fachkräftemangel und für gute Pflege nicht gewonnen wird.

Gute Pflege kommt von guter Arbeit und diese wiederum von guten Löhnen und einem attraktiven Arbeitsumfeld. Außerdem muss eine ausreichende Personalausstattung durch eine bundesweit gültige Personalbemessung abgesichert werden.

An diesen Stellschrauben gibt es für den Gesetzgeber noch einige Runden zu drehen, denn wir befinden uns hier eher auf der Stufe eines Entwicklungslandes.

Über die Bundestagswahl im September hinaus wird DIE LINKE aufpassen, dass die Bundesregierung hierfür den richtigen pflegepolitischen Schraubenschlüssel in die Hand nimmt – dessen dürfen sie sich absolut sicher sein.