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Für ein soziales Europa – Nein zur EU der Banken und Konzerne!

Rede von Alexander Ulrich,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Bei manchen Vorrednern müssen wir mal wieder anfangen ein bisschen zu sortieren.

Nach einer von den Finanzmärkten verursachten Wirtschaftskrise rutschte die Europäische Union ab in eine soziale Krise. Der Grund dafür war eine völlig verfehlte Politik in der Krise. Frau Baerbock, daran trägt natürlich die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, eine Hauptschuld. Natürlich ist das so.

Nicht die Verursacher der Krise wurden zur Rechenschaft gezogen, nein, die Bürgerinnen und Bürger in Europa mussten die Zeche zahlen für die perverse Zockerei auf den Finanzmärkten. Diese unsoziale, zum Teil menschenverachtende Politik

wurde und wird von der Troika in den Programmländern undemokratisch durchgesetzt - mit großer Unterstützung der Bundesregierung, Frau Baerbock,

ob es die schwarz-gelbe Bundesregierung war mit großer Unterstützung der SPD oder die schwarz-rote jetzt mit großer Unterstützung der Grünen. Sie alle hier sind mitverantwortlich für Massenarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit vieler Millionen Jugendlicher in Europa und Massenarmut.

Der Kurs der Bundesregierung und ihre Kürzungspolitik bedrohen Europa. Noch nie ist es wirtschaftlich erfolgreich gewesen, sich aus einer Krise herauszusparen. Fast 20 Millionen Menschen sind in den Ländern der Euro-Zone erwerbslos. Das ist ein Anstieg um 70 Prozent seit 2007.

Wenn wir die soziale Lage in Europa beurteilen, dann dürfen wir aber nicht nur in die anderen Länder schauen. Auch in Deutschland verschlechtert sich diese rasant. Wie der Paritätische Wohlfahrtsverband gerade in seinem Jahresgutachten feststellte, ist jeder siebte Bürger armutsgefährdet bzw. arm.

Vizepräsident Peter Hintze:

Herr Kollege, Kollege Sarrazin fragt, ob er eine Zwischenfrage stellen darf.

Alexander Ulrich (DIE LINKE):

Herr Sarrazin immer.

Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Verehrter Kollege Ulrich, ich würde Ihnen gerne die Frage stellen, ob Sie mir skizzieren können, wie aus Ihrer Sicht die Leistungen des griechischen Staates für Rentner, Krankenhäuser, Bedienstete, Uniformträger, Pensionäre und Lehrer ausgesehen hätten, wenn die Europäische Union mit Zustimmung des Deutschen Bundestages Griechenland keine Kredithilfen in Höhe von insgesamt 200 bis 250 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hätte,

und ob Sie glauben, dass ein griechischer Staat, der an den Märkten keine Schulden aufnehmen kann, ohne Kredithilfen überhaupt noch in der Lage gewesen wäre, seine sozialen Leistungen zu erbringen.

Alexander Ulrich (DIE LINKE):

Herr Sarrazin, vielen Dank für die Frage; denn damit kann ich auch Herrn Strengmann-Kuhn antworten, der in seiner Rede ja auch auf das Abstimmungsverhalten im Bundestag eingegangen ist.

Es ist nun einmal so: Die Troika wusste sehr wohl, wie man Löhne, Renten usw. in Griechenland kürzt, sie wusste aber nicht, dass dort offensichtlich ein immenser Reichtum vorhanden ist. In Griechenland gibt es nämlich einen unheimlichen privaten Reichtum. Die Reichen sind aber ungeschoren davongekommen. Da hätte man herangehen müssen. Das wäre notwendig gewesen, um den Staatshaushalt in Ordnung zu bringen.

Das haben die Grünen aber nicht verstanden. Ihre Solidarität gilt den Finanzjongleuren, der Finanzindustrie und den Großkonzernen. Unsere Solidarität gilt den Menschen in Griechenland, und deshalb haben wir mit Nein gestimmt. ‑ Vielen Dank.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat also festgestellt, dass auch in Deutschland jeder Siebte in Armut lebt bzw. arm ist, dass jeder vierte Beschäftigte für Dumpinglöhne arbeitet bzw. in einem prekären Beschäftigungsverhältnis steht und Altersarmut auch in Deutschland für viele Menschen ein immer größeres Problem wird. Dagegen tut diese Bundesregierung rein gar nichts ‑ auch nicht mit dem Rentenpaket.

Das europäische Sozialmodell, ein ganz wesentlicher Faktor für die Stabilität des europäischen Hauses, wird von der EU-Kommission und der deutschen Bundesregierung massiv beschädigt.

Wie sieht die Beteiligung der Krisenverursacher an der Bewältigung der Krise aus? Wo ist der Beitrag der Vermögenden und Spitzenverdiener? Das reichste 1 Prozent der Gesellschaft besitzt fast 40 Prozent des gesamten Vermögens. Das Vermögen der Millionäre in Europa übersteigt mit 14 Billionen Euro die gesamte Staatsverschuldung bei weitem. Hier müsste man endlich herangehen.

Stattdessen wird die Kluft zwischen Arm und Reich in Deutschland und in Europa immer größer. Wo sind die Aktivitäten der Bundesregierung? Nichts! Nada! Von der CDU/CSU erwartet ja schon niemand mehr Aktivitäten für ein soziales Europa, aber für die SPD sollte das S in ihrem Namen doch noch irgendeine Bedeutung und Aktualität haben.

Weil die Zerstörung des europäischen Sozialmodells einigen offenbar immer noch nicht weit genug geht, soll jetzt ein Handelsabkommen TTIP mit den USA verhandelt werden. Das ist ein weiterer Angriff auf die Arbeitnehmerrechte, die Gesundheit, die öffentlichen Leistungen, den Umweltschutz und die Demokratie. TTIP muss gestoppt werden!

Das ist nicht unser Europa und nicht das Europa, das die Bürgerinnen und Bürger wollen. Ein Europa der Banken und Konzerne muss scheitern. Die Konkurrenz um die niedrigsten Löhne und Sozialleistungen in Europa schadet allen ‑ auch den Menschen in Deutschland. Daher ist es notwendig, dass die unsoziale Kürzungspolitik sofort beendet wird und die Troika-Kürzungspakete zurückgenommen werden. Wir brauchen eine Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums von oben nach unten durch mehr Steuergerechtigkeit.

Wir brauchen ein europaweites Investitionsprogramm zur Schaffung von guter Arbeit und zur Umsetzung eines sozial-ökologischen Umbaus. Wir brauchen einen europaweiten Mindestlohn in Höhe von 60 Prozent des nationalen Durchschnittseinkommens sowie ein gemeinsames Vorgehen in der EU gegen Armut durch soziale Mindeststandards.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. - Die intransparenten Verhandlungen mit den USA zu TTIP müssen sofort beendet werden.

Die Linke will weder ein Zurück zu den Nationalstaaten noch eine EU der Banken und Konzerne. Wir wollen ein soziales, solidarisches, demokratisches und friedliches Europa, ein Europa der Menschen. Dafür streiten wir konsequent, nicht nur bei den Europawahlen. Wer ein soziales Europa will, muss den Reichen etwas nehmen.

Vielen Dank.