Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Antrag der Fraktion der FDP mit dem Titel „Rechtsanwaltsgebühren zukunftssicher gestalten“. Vorab gesagt: Wir unterstützen dieses Anliegen.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Noch vor der Sommerpause ein konkretes Konzept zur Reform des Gesetzes über die Vergütung der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vorzulegen, ist von der Bundesregierung nicht zu viel verlangt.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP)
Das reformierte RVG muss sowohl die Forderung nach einer strukturellen als auch einer linearen Anpassung der Gebühren enthalten. Dabei muss die Tariflohnentwicklung berücksichtigt werden.
(Beifall bei der LINKEN – Stephan Brandner [AfD]: Genau! Prima!)
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte müssen in der Lage sein, wirtschaftlich arbeiten zu können, ohne von Mandaten mit höherer Gebührenvereinbarung abhängig zu sein.
(Stephan Brandner [AfD]: Genau!)
Von daher ist es zu begrüßen, wenn die FDP sich diesen Bedürfnissen auch außerhalb großer Wirtschaftskanzleien zuwendet.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP)
Die laufende Anpassung der Vergütung an die Tariflohnentwicklung wäre übrigens auch an anderer Stelle dringend nötig, nicht nur beim Mindestlohn. Gerade diese Woche diskutierten wir im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz die Vergütung der Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer. Meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, hier geht es bei vielen um die nackte wirtschaftliche Existenz. Zugleich muss in diesem Land eine adäquate Betreuung gewährleistet werden. Kommen Sie auch hier endlich zu einer sachgerechten Lösung.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP – Elisabeth Winkelmeier-Becker [CDU/CSU]: Nächste Woche!)
Mit den Forderungen im Antrag der FDP ist es aus unserer Sicht noch nicht getan. Meiner Fraktion und mir geht es um die Gewährleistung des grundgesetzlichen Anspruchs der Bürgerinnen und Bürger auf Gleichheit im Recht. Dieser Anspruch muss eben auch unabhängig vom Geldbeutel der rechtsuchenden Person gewährleistet sein. Hier bestehen gravierende Defizite.
(Beifall bei der LINKEN)
Nehmen wir zum Beispiel die Prozesskostenhilfe. Diese wird von Menschen benötigt, die mit ihrem kärglichen Einkommen kaum über die Runden kommen und sich deshalb die Kosten eines Gerichtsverfahrens allzu häufig nicht leisten können. Betroffen sind Menschen, die gezwungen sind, für Hungerlöhne zu arbeiten, und vor allem Bezieherinnen und Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und XII. Das sind Menschen, die unter der mangelhaften Hartz-IV-Gesetzgebung schon genug zu leiden haben. Glauben Sie mir: Das habe ich in meiner Tätigkeit als Sozialrichter oft erleben müssen.
Zu einer existenziellen Bedrohung zähle ich es aber ausdrücklich auch, wenn Menschen um ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland streiten. Diese Regierung schiebt Menschen in Bürgerkriegsländer wie Afghanistan ab und gewährleistet hier keinen adäquaten Rechtsschutz. Das, was durch engagierte Anwältinnen und Anwälte unter hoher Arbeitsbelastung und unzureichender Vergütung geleistet wird, wird durch Mitglieder dieser Bundesregierung auch noch als „Anti-Abschiebe-Industrie“ verunglimpft. Meine Damen und Herren, das ist eine Sauerei, um es einmal deutlich zu sagen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Immer dieses Flüchtlingsthema! Mein Gott! Sie können nur Flüchtlinge, oder?)
Erhöhen Sie besser erst einmal die Gegenstandsstreitwerte in den Asylverfahren, damit diese überhaupt angemessen anwaltlich betreut werden können! Oder noch besser: Beenden Sie diese Abschiebepolitik!
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Zum Thema Gegenstandsstreitwerte erlaube ich mir eine weitere Anmerkung. Es gibt auch Rechtsbereiche, in denen wir durchaus über niedrigere Werte reden sollten. Das betrifft ganz besonders massenhafte Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts: ein durchaus profitables Geschäft mit Standardbriefen und vielen unbedarften Konsumentinnen und Konsumenten, die der Anwaltschaft in diesem Bereich lukrative Profite bei überschaubarem Aufwand versprechen. Hier sollten die Schlupflöcher geschlossen und eine wirksame Bagatellregelung geschaffen werden, die kostenpflichtige Abmahnungen unterbindet.
(Stephan Brandner [AfD]: Dazu gibt es übrigens nächste Woche einen AfD-Antrag!)
Es bleibt jedoch insgesamt dabei, dass die Forderung der Anwältinnen und Anwälte nach angemessener Vergütung berechtigt ist. Insoweit weist der Antrag der FDP auch deutlich in die richtige Richtung. Wir werden daher zustimmen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)