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Friedensdiplomaten statt Militärrichter

Rede von Jens Petermann,

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen,

in Sachen Rechtspolitik hat die Koalition wie im Koalitionsvertrag nachzulesen ist, ihre Hausaufgaben nur unzureichend erledigt.

Diesen Vorwurf kann ich Ihnen leider nicht ersparen und möchte das an zwei Themen festmachen.

1. Sie haben es, wie schon in schöner Regelmäßigkeit zuvor alle Regierungen seit 1990, verabsäumt, die Verpflichtung aus dem EV vom 3.10.1990 zu erfüllen, ein Gesetz zur Regelung der Arbeitsverhältnisse vorzulegen.

In Art.30 (1) EV heißt es: Es ist Aufgabe des gesamtdeutschen Gesetzgebers, das Arbeitsvertragsrecht einheitlich neu zu kodifizieren.

Die jüngere deutsche Rechtsgeschichte ist mit dem DDR -AGB von 1976 beispielgebend dafür, dass sich die Arbeitsbeziehungen handhabbar regeln lassen und Rechtssicherheit für die Beteiligten an Arbeitsrechtsverhältnissen erzeugt werden kann.
Von diesen Erfahrungen hat sich die Verhandlungsgruppe der DDR-Regierung, leiten lassen, um die oben zitierte Regelung in Art. 30 zu erreichen.

Die Linksfraktion wird das Thema in der vor uns liegenden Legislatur aufgreifen und einen Entwurf für ein zeitgemäßes AGB vorlegen. Dabei wird ein gesetzlicher existenzsichernder Mindestlohn in Höhe von zumindest 8,50 €/h festzuschreiben sein.

Wir bieten allen Fraktionen an, sich zielführend an der Erarbeitung zu beteiligen und damit auch gerade im zeitlichen Kontext zum 20. JT der Grenzöffnung ein Zeichen zu setzen.
Auch das ist ein Beweis dass die Herstellung der Deutschen Einheit im Sinne des Einigungsvertrages über Sonntagsreden hinaus ernst gemeint ist.

2. Der preußische Justizminister Leonhardt erklärte einst:
„Solange ich über die Beförderungen bestimme, bin ich gerne bereit, den Richtern ihre so genannte Unabhängigkeit zu konzedieren“.

Dieses Zitat stammt aus dem 19. Jahrhundert, also einer Zeit in der unser Justizsystem seine Wurzeln hat. Was in einem Rechtsstaat nach dem Prinzip der Gewaltenteilung selbstverständlich ist, eine unabhängige selbstverwaltete Dritte Gewalt, ist in Deutschland noch nicht vorhanden:

Hier bestimmt nach wie vor die Exekutive, wer Richter wird und wer als Richter befördert wird.

Ein Rechtsstaat verdient diesen Namen allerdings nur soweit, als er strukturell die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewährleistet.
Die Sicherung der Unabhängigkeit der Justiz ist eine zentrale Forderung, der sich auch das höchste deutsche Parlament immer wieder stellen muss.
Das Grundgesetz hat die rechtsprechende Gewalt den Richterinnen und Richtern anvertraut, tatsächlich aber werden die Gerichte durch die hierarchisch gegliederten Justizbehörden geleitet.

Diesem in Europa nur noch in Österreich, Tschechien und Deutschland anzutreffenden obrigkeitsstaatlichen Konzept ist ein hierarchiefreies Modell entgegenzustellen.
Die von Verfassungswegen zu verlangende Autonomie der Justiz erfordert schließlich eine unabhängige selbstverwaltete Justiz.

Die Schaffung einer zusätzlichen Militärjustiz lehnen wir ab.
Wir fordern Friedensdiplomaten statt Militärrichter.