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Freiheit. Würde. Solidarität. Das ist unser Programm!

Rede von Stefan Liebich,

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Die Linke kämpft für eine andere, demokratische Wirtschaftsordnung,

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Für eine andere?)

die die Marktsteuerung von Produktion und Verteilung der demokratischen, sozialen und ökologischen Rahmensetzung und Kontrolle unterordnet.

(Beifall bei der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: FDJ-Rede, oder?)

So steht es in der Präambel unseres am vergangenen Wochenende in Erfurt beschlossenen Programms, und ich muss Ihnen sagen, mit Blick auf die aktuelle Begrenztheit politischen Einflusses in der Wirtschafts- und Euro-Krise: Wo Sie wie das Kaninchen auf die Schlange starren, wenn es um die Macht der Banken und Finanzmärkte geht, wünsche ich mir nichts mehr als eine genau so organisierte Wirtschaftsordnung.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Tagesordnungen und Zeitpläne nicht nur unseres Parlaments, sondern vieler Parlamente und Regierungen – das durften wir gerade gestern und heute Nacht wieder erleben – werden von Öffnungszeiten und Wünschen der Börsen bestimmt. Wir streiten monatelang um lächerliche Erhöhungen des Arbeitslosengeldes, und dann werden in Windeseile Milliardensummen durch Bundesrat und Bundestag gepeitscht, um die sogenannten Märkte zu beruhigen. Das, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Pfeiffer, lieber Herr Kurth, hat mit der sozialen Marktwirtschaft, vor die Sie sich hier schützend werfen wollten, nichts, aber auch gar nichts zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn ich mir Ihre Politik ansehe, die spätestens seit dem Schröder/Blair-Papier von 1999, als sich die SPD auf einen dritten Weg aufgemacht hat, um die neue Mitte zu suchen – da, lieber Klaus Barthel, ist der demokratische Sozialismus diskreditiert worden –, zur rot-grünen Politik der Steuersenkung für Besserverdienende, zu Deregulierung da, wo Regulierung nötig war, führte, die mit der Agenda 2010 radikale Einschnitte in die Sozialsysteme durchsetzte und die von der Großen Koalition und der sogenannten christlich-liberalen Regierung fortgesetzt wurde, weiß ich genau, warum unser Land die Linke braucht.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer[CDU/CSU]: Um Gottes willen!)

Wenn ich auf Dumpinglöhne und prekäre Beschäftigung schaue, also auf die Zunahme von Jobs, von deren Bezahlung man nicht leben kann, und andererseits auf die Verweigerung der Einführung gesetzlicher Mindestlöhne bei Rot-Grün, bei Schwarz-Rot und nun bei Gelb-Schwarz, dann unterstreiche ich dreimal den Satz aus unserem Programm:

Die ungebändigte Freiheit der großen Konzerne bedeutet Unfreiheit für die Mehrheit der Menschen.

Dann bin ich stolz darauf, dass es eine Kraft in der Parteienlandschaft unseres Landes gibt, die einen anderen gesellschaftlichen Entwurf vorlegt und damit vielen Menschen in unserem Lande Mut macht. Es muss nicht immer so weitergehen. Es gibt Alternativen. Wir verfolgen – ich zitiere aus unserem Programm – ein konkretes Ziel: Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der kein Kind in Armut aufwachsen muss, in der alle Menschen in Frieden, Würde und sozialer Sicherheit leben

(Zuruf von der CDU/CSU: Das hat in der DDR hervorragend funktioniert!)

und die gesellschaftlichen Verhältnisse demokratisch gestalten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Um dies zu erreichen, brauchen wir ein anderes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem: den demokratischen Sozialismus.

(Beifall bei der LINKEN)

Ja, wir wollen den demokratischen Sozialismus, und wir stehen dazu, auch wenn schlichte Gemüter aus dem Süden unseres Landes sofort nach dem Verfassungsschutz rufen. Es gibt keinen Artikel im Grundgesetz, der den Kapitalismus für unser Land festschreibt. Hingegen ist in Art. 20 festgelegt, dass unser Land demokratisch und sozial sein soll. Dass es dabei Defizite gibt, das ist gerade in diesen Wochen zu spüren. „Occupy Wall Street“ heißt übersetzt in linke Parteisprache: Ein funktionierender Finanzsektor ist ein öffentliches Gut, seine Bereitstellung ist daher eine öffentliche Aufgabe.

Das finden wir wirklich richtig.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun malen Sie zu Recht die Schreckgespenster untergegangener Staaten an die Wand. Dabei würde ein flüchtiger Blick in unser Programm ausreichen, um festzustellen, dass der demokratische Sozialismus, den wir anstreben, mit den volkseigenen Betrieben der DDR nun wirklich nichts zu tun hat.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Da endet ihr doch wieder!)

Das haben wir in unserem Programm sogar ganz klar zum Ausdruck gebracht: Allumfassendes Staatseigentum ist aufgrund bitterer historischer Erfahrungen nicht unser Ziel. So steht es in unserem Programm. Das hätten Sie einfach nur nachlesen müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es stimmt aber schon, dass wir die Marktmacht großer Konzerne regulieren wollen. Das wollen Sie aber nicht. Deswegen bekommen wir von den großen Konzernen auch keine Spenden. Wir sind die einzige nicht llianz-gesponserte Partei im Bundestag. Darauf sind ir stolz. Deswegen wiederholen wir das auch so oft.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, wir ind mit unserer Kritik an den bestehenden Verhältnissen an der Seite jener, über die Bertolt Brecht olgendes formulierte – und das steht auch im Einstieg unseres Programms:

Wer baute das siebentorige Theben?
In den Büchern stehen die Namen von Königen.
Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt?
Und das mehrmals zerstörte Babylon,
Wer baute es so viele Male auf?
Wir wissen, wer es war.

(Zuruf von der FDP: Lenin war es!)

"Freiheit. Würde. Solidarität." Das ist unser Programm, und darauf sind wir stolz. Ich bedanke mich bei der CDU/CSU-Fraktion und bei der FDP-Fraktion, dass wir dies dem Parlament und der Öffentlichkeit vorstellen konnten.

(Anhaltender Beifall bei der LINKEN)