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Förderung von Barrierefreiheit statt sinnloser Geldverschwendung

Rede von Ilja Seifert,

Zur Feststellung des Bundeshaushalthaltsplans für das Haushaltsjahr 2006 merkt Ilja Seifert an, dass 15 Jahre nach dem Beschluss zum Umzug des Bundestages von Bonn nach Berlin, weiterhin 2 Sitze für alle Ministerien vorgesehen sind, was mit unnötigen Kosten verbunden ist. Auch die Umzugszulage und Eigentumsförderung für Bonner Beamte ist beim Leerstand von zigtausenden Berliner Wohnungen nicht zu rechtfertigen. Stattdessen sollte die Schaffung von Barrierefreiheit als Voraussetzung für die Vergabe von Fördermitteln aufgenommen werden. Das wäre tatsächlich eine Investition in die Zukunft.

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt:
Das Wort hat nun der Kollege Dr. Ilja Seifert für die
Fraktion Die Linke.
Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!
Die Diskussion, die wir jetzt geführt haben, reizt
natürlich, zu vielen Fragen noch einiges zu sagen. Da
meine Kollegin Bluhm die entscheidenden Eckpunkte
unseres städtebaulichen Konzepts bereits dargelegt hat
und unsere Kollegin Menzner in der ersten Lesung das
Gleiche für die Verkehrsfragen getan hat, möchte ich
mich jetzt auf drei Punkte konzentrieren, an denen
exemplarisch gezeigt werden kann, wo gespart werden
könnte - davon handeln zwei Punkte - und wo wirklich
innovativ in die Zukunft gebaut werden könnte, ohne
dass zusätzliche Kosten entstehen, wenn wir es richtig
anpacken.
Erster Punkt. Fast auf den Tag genau vor 15 Jahren
beschloss der Bundestag den Umzug von Bonn nach
Berlin. Dieser Beschluss war mit vielfältigen Fehleinschätzungen
und etlichen Fehlleistungen verbunden.
Schauen wir uns einmal um, was inzwischen passiert ist.
In Berlin hat sich einiges verändert. Bonn ist inzwischen
die Boomtown schlechthin. Nie ging es Bonn so gut wie
jetzt, jedenfalls nicht zu den Zeiten, als es Parlamentssitz
war. Was tun wir aber noch immer? Wir leisten uns zwei
Sitze für alle Ministerien, was mit unnötigem Hin- und
Herreisen verbunden ist. Das sind unnötige Ausgaben,
die wirklich nicht mehr zu rechtfertigen sind.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS
90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten
der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sogar
einer Ihrer Interimsvorsitzenden hat das inzwischen erkannt
und laut gesagt. Dafür muss man ihm einmal
Danke sagen. Er hat es gemerkt. Liebe Kolleginnen und
Kollegen von der CDU/CSU, vielleicht merken Sie das
auch. Dann könnten wir bald zu einem vernünftigen Beschluss
kommen, durch den nicht nur Kosten gespart
würden, sondern auch die wichtigen Entscheidungen an
einem Ort gefällt werden könnten.
Ich will einen zweiten Punkt erwähnen, der auch im
Zusammenhang mit dem Umzug steht und ebenfalls horrender
Unsinn ist. Die Eigenheimzulage für Häuslebauer
haben wir gestrichen. Wenn aber ein vom Regierungsumzug
betroffener Mensch aus Bonn in Berlin Eigentum
erwerben will, wird das noch immer durch günstige Darlehen,
Zuschüsse usw. gefördert. Mit welcher Begründung
denn eigentlich? Damals war die Begründung, dass
es in Berlin einen riesigen Wohnungsmangel gäbe. Deswegen
mussten die Umzugszulage und die Eigentumsförderung
eingeführt werden. Inzwischen wissen wir,
dass in Berlin Zehntausende von Wohnungen leer stehen.
Warum können Bonner Beamte denn nicht in diese
Wohnungen ziehen? Wieso müssen sie gefördert werden,
wenn sie hier Eigentum erwerben wollen? Kein einziger
vernünftiger Grund spricht dafür.
(Beifall bei der LINKEN)
Dass aus ideologischen Gründen der Palast der Republik
abgerissen werden muss, was immer teurer wird und
immer länger dauert, will ich nur am Rande einmal erwähnt
haben, auch wenn es nicht ganz und gar unwichtig
ist.
Der letzte Punkt, den ich anführen will, hat einen aufbauenden
Charakter. Herr Minister, wenn wir es endlich
einmal schaffen würden, in allen Förderungsprogrammen
Ihres Ministeriums als Kriterium und zwingende
Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln die
Schaffung von Barrierefreiheit aufzunehmen, dann hätten
wir eine Investition in die Zukunft, die auf Jahrzehnte
wirksam wäre.
(Beifall bei der LINKEN)
Sie wäre nicht nur für Menschen mit Behinderungen und
Mobilitätseinschränkungen günstig, sondern auch für
ganz viele andere. Ich habe in diesem Zusammenhang
insbesondere die demografische Entwicklung im Auge.
Das betrifft den Verkehrsbereich, den städtebaulichen
Bereich und den Wohnungsbereich.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Wird doch
gemacht!)
- Das ist nicht wahr. Lieber Kollege, ich habe etliche
Anfragen an die Bundesregierung gestellt, wie es mit der
Barrierefreiheit als Förderkriterium aussieht. Ich habe
immer schwammige Auskünfte erhalten, nach dem
Motto: Es ist nicht verboten, barrierefrei zu bauen, aber
es ist keine zwingende Voraussetzung.
(Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Vielleicht
nicht in Berlin, aber in Bayern ist das zwingend!)
- Wenn ich das richtig sehe, sind wir hier im Bundesparlament
und nicht im Bayerischen Landtag. Es kann ja
sein, dass dort anders vorgegangen wird. Ich beziehe
mich auf die Bundesebene. Ich rede jetzt mit dem Bundesminister
und der Bundesregierung und nicht mit irgendeinem
bayerischen Provinzfürsten.
Ich möchte, dass wir ordentliche Kriterien haben, die
bundesweit gelten. Darum geht es mir. Wenn es richtig
gemacht wird, wird dafür überhaupt kein Euro mehr ausgegeben,
aber es werden die Lebensbedingungen für alle
verbessert. Darum sollte es gehen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der LINKEN)