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Fiskalpakt setzt das Diktat der Finanzmärkte um

Rede von Alexander Ulrich,

Es gilt das gesprochene Wort!

Herr Präsident/Frau Präsidentin,
meine Damen und Herren,

der Fiskalvertrag ist – und das möchte zu Beginn einmal ganz unmissverständlich feststellen – der Fiskalvertrag ist nichts anderes als das Diktat der Finanzmärkte in Vertragsform. Angela Merkel und Sarkozy machen sich mit diesem Vertrag zu Erfüllungsgehilfen der Finanzmärke, zu Erfüllungsgehilfen der Ackermänner dieser Welt. Sie setzen mit diesem Vertrag die Interessen des Kapitals um, nicht die Interessen der Menschen, die sie gewählt haben.
Mit dem Fiskalvertrag – so dass vollmundige Versprechen – soll die Eurokrise überwunden werden. Richtig ist: Dieser Vertrag wird die Eurokrise nicht überwinden, er wird die Krise verschärfen. DIE LINKE wird diesen Angriff auf Sozialstaat und Demokratie ablehnen.
Der Fiskalvertrag geht davon aus, dass die Eurokrise eine Staatsschuldenkrise ist, dass die Staaten über ihre Verhältnisse gelebt haben. Das ist falsch! Nicht die Staaten haben über ihre Verhältnisse gelebt, sondern die Banken – und als die Spekulationsblase platzte, mussten die Staaten die Zeche zahlen.
Die Staatsschulden sind gestiegen, weil die Banken gerettet wurden und weil die Konjunktur gestützt werden musste, sie sind nicht durch ausufernde Sozialausgaben gestiegen.
Doch diese einfache Tatsache will die Bundesregierung einfach nicht wahrhaben.
Auch im Fiskalvertrag werden nicht die Verursacher und Profiteure der Krise zur Kasse gebeten – die Finanztransaktionssteuer kommt im Vertrag ebenso wenig vor wie eine EU-weite Vermögensabgabe. Statt dessen müssen diejenigen für die Krise zahlen, die unter ihr leiden: Die Beschäftigten, die Rentnerinnen und Rentner, Familien, Studierende.
Was in der derzeitigen Diskussion völlig ausgeblendet wird ist, dass Schulden immer nur eine Seite der Medaille sind. Die andere Seite der Medaille sind die Vermögen. Allein in Deutschland ist das Vermögen der Millionäre auf über 2,2 Billionen Euro angewachsen und damit höher als die gesamte deutsche Staatsverschuldung. Ganz ähnlich sieht es in der EU aus, wo das Vermögen der Superreichen deutlich über den 10 Billionen Gesamtverschuldung liegt.
Und genau diese Vermögen müssen zur Finanzierung der Krisenkosten herangezogen werden: Über eine EU-weite Vermögensabgabe von 50 % nur für Millionäre und Multimillionäre ließe sich die Staatsverschuldung halbieren! Unsere Schuldenbremse ist die Millionärssteuer!

Mit dem Fiskalvertrag zwingt die Bundeskanzlerin alle EU-Staaten jedoch zu einer völlig anderen Politik: Die neoliberale Kürzungs- und Austeritätspolitik, die Griechenland, Irland, Portugal und vielen anderen aufgezwungen wurde, soll nun für alle EU-Staaten gelten. Um den Vertrag zu erfüllen, müssen die Eurostaaten in den nächsten 5 Jahren 1,5 Billionen Euro einsparen! Auf Deutschland kommen nach Berechnungen des DGB zusätzliche Kürzungen in Höhe von 30 Mrd. Euro zu. Drastische Kürzungen im Bildungs- und Gesundheitswesen, die Absenkung von Löhnen, Renten und Sozialleistungen, die Vernichtung von Arbeitsplätzen im öffentlichen Dienst sowie massenhafte Privatisierungen sind damit vorprogrammiert.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren, hat die Bundesregierung denn überhaupt nichts gelernt? Schauen Sie sich doch an, was in Griechenland passiert ist, seit die angeblich so klugen Experten von der Europäischen Kommission, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds das Land faktisch regieren: Griechenland wurde eine Kürzungspolitik von bisher ungekanntem Ausmaß aufgezwungen, noch nie hat ein Industrieland so viel gespart wie Griechenland. Und was ist die Folge? Griechenland ist in eine schwere wirtschaftliche Krise gestürzt, die Bevölkerung verarmt, Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit explodieren, massenweise Unternehmen gehen bankrott.
Das, was in Griechenland, auf Druck und mit großer Unterstützung der Bundesregierung passiert, ist nichts anderes als ein Skandal!

Griechenland wird kaputtgespart, und da die Schulden auf diese Weise natürlich immer weiter steigen, werden die Daumenschrauben noch weiter angezogen:
Gerade ist die nächste Runde im Spardiktat bekannt geworden:
- 150.000 Menschen im öffentlichen Dienst werden entlassen
- die Löhne werden um 20-30% gesenkt
- der Mindestlohn wird von 750 auf 580 € gekürzt – das ist ein Stundenlohn von 3,60€ bei Lebenshaltungskosten wie hierzulande!
Sie treiben die griechische Bevölkerung in die Armut, das ist unverantwortlich!

Und diesen Weg zwingt der Fiskalpakt nun der gesamten EU auf. Dies, meine Damen und Herren, wird die EU auf direktem Weg ins Elend stürzen, in die Rezession und in die Verarmung.

Der Fiskalpakt ist nicht nur ein Angriff auf das Europäische Sozialmodell, er ist auch ein Angriff auf die Europäische Integration selbst. Wenn die EU nur noch mit Sozialabbau, Armut und Entdemokratisierung verbunden wird, dann wird die Zustimmung zur Integration deutlich abnehmen, und zwar mit Recht.

Zur Überwindung der Eurokrise brauchen wir einen Politikwechsel. Die Kürzungsdiktate müssen aufhören, die Staaten aus dem Würgegriff der Finanzjongleure befreit werden. Wir müssen das Feuer löschen, statt ständig neue Brandmauern zu bauen und den privaten Banken das Geld hinterher zu werfen. Über eine europäische Bank für öffentliche Anleihen sollten die Eurostaaten direkt zinsgünstige Kredite erhalten. Die Schulden müssen gerecht gesenkt werden, durch eine europaweite Vermögensabgabe für Millionäre und einen Forderungsverzicht der großen privaten Gläubiger.

Wir brauchen einen Neustart für ein soziales, friedliches und demokratisches Europa! Dazu gehört auch ein Änderung der deutschen Politik. Wir dürfen nicht länger die Löhne und Steuern drücken, um so unsere Exporte anzukurbeln. Statt Lohndumping brauchen wir einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens 10 Euro und auch die Renten und Sozialleistungen müssen deutlich angehoben werden.

Vielen Dank.