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Finanzminister verzichtet auf Co2 - Milliarden

Rede von Eva Bulling-Schröter,

Die Bundesrepublik das hört der Minister nicht gern verschenkt jährlich Berechtigungen über den Ausstoß von rund 500 Millionen Tonnen Kohlendioxid an die Unternehmen. In der ersten Handelsperiode 2005 bis 2007 werden den Stromversorgern sämtliche Zertifikate kostenlos überlassen, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, wenigstens 5 Prozent davon zu versteigern. Somit verzichtet der Finanzminister auf Einnahmen in Höhe von schätzungsweise 1 Milliarde Euro im Jahr.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister!
Frau Hinz hat schon angesprochen, dass wir den Haushalt gerne erweitern würden. Das wollen wir auch. Wir brauchen mehr Geld im Umweltbereich; darin sind wir uns sicherlich mit Ihnen einig.
Sie würden doch auch gern mehr Geld ausgeben, wenn Sie es hätten.

(Heiterkeit Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Hätten Sie es denn?)

Wir möchten dazu einen Vorschlag machen, der den Umwelthaushalt betrifft. Im Umwelt-haushalt können keine Mittel gestrichen werden. Vielmehr müssen wir mehr Mittel in den Umwelthaushalt geben. Dazu sollten wir Vorschläge unterbreiten. Ich denke, Sie wissen, wovon ich spreche.

(Ulrich Kelber (SPD): Noch nicht! Aber Sie werden es uns gleich sagen!)

Wenn nicht: Minister Gabriel hat gestern von 30 Wissenschaftlern der Humboldt-Universität einen Vorschlag zum Zertifikatehandel erhalten. Das heißt also, dass sich Wissenschaftler damit befassen. Das sind ja keine Menschen, die ignorant sind. Im Gegenteil, sie wissen, wovon sie sprechen. Sie haben diesen Vorschlag bekräftigt.
Die Bundesrepublik das hört der Minister nicht gern verschenkt jährlich Berechtigungen über den Ausstoß von rund 500 Millionen Tonnen Kohlendioxid an die Unternehmen. In der ersten Handelsperiode 2005 bis 2007 werden den Stromversorgern sämtliche Zertifikate kostenlos überlassen, obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, wenigstens 5 Prozent davon zu versteigern. Somit verzichtet der Finanzminister auf Einnahmen in Höhe von schätzungsweise 1 Milliarde Euro im Jahr.

(Ulrich Kelber (SPD): Was?)

Diese Milliarde wandert als Extraprofit direkt in die Kassen der Stromkonzerne. Schließlich haben die Unternehmen nach eigenem Bekunden den Marktwert der Zertifikate, welcher zeitweise bei 30 Euro je Tonne CO2 lag wir wissen, er liegt jetzt niedriger , voll in den Strompreis eingepreist. Beim Bundeskartellamt läuft deswegen eine Klage kleinerer Unternehmen gegen die großen Energiekonzerne. Wir sind gespannt, wie das ausgehen wird. Aber ich finde, schon die Klage ist lesenswert.
Trotzdem soll auch in der um zwei Jahre längeren Handelsperiode von 2008 bis 2012 kein einziges Zertifikat per Auktion an die Unternehmen gehen. Die Bundesregierung hat sich dazu offenbar am vergangenen Wochenende endgültig entschieden Minister Gabriel hat das heute bekräftigt , obwohl nach EU-Recht mittlerweile sogar 10 Prozent versteigert werden könnten.
Einige europäische Länder haben damit begonnen. Wir sollten genau beobachten, was dort passiert. Deutschland verzichtet jedenfalls nach heutigen Marktpreisen auf rund 4,8 Milliarden Euro und schiebt sie den Stromversorgern als Zusatzprofite zu.

(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Wenn Sie so weiterreden, haben wir gleich Geld übrig!)

Herr Minister Gabriel, Sie haben davon gesprochen, dass Sie 2013 50 Prozent der Zertifikate versteigern möchten. Das ist sicherlich ambitioniert, auch wenn 100 Prozent, wie wir fordern, besser wären. Aber wie wollen Sie verhindern, dass die Oligopole die Strompreise weiter erhöhen? Hier geht es um Marktmacht. Es muss verhindert werden, dass die Energiekonzerne die eingepreisten Zertifikate noch einmal als Vorwand für Preiserhöhungen nehmen. Hierüber ist eine Diskussion dringend notwendig.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Bundesregierung war im Übrigen seinerzeit entscheidend daran beteiligt, dass die Versteigerung als Grundprinzip in der EU-Emissionshandelsrichtlinie nicht aufgenommen wurde. Eine Studie des Öko-Instituts im Auftrag der Umweltstiftung WWF kommt zu folgendem Ergebnis: Dem Bundesetat gehen zwischen 2005 und 2012 30 Milliarden bis 60 Milliarden Euro verloren. Die Verbraucher zahlen im selben Umfang für diese leistungslos erzielten Zusatzgewinne der Stromversorger.

Das bedeutet, dass die 30 Milliarden, die die Energiewirtschaft kürzlich auf dem Energiegipfel als Investitionen in diesem Zeitraum angekündigt hat, allein aus diesen Extraprofiten bezahlt werden könnten. Diese Profite machen zudem ein Mehrfaches dessen aus, was die Bundesregierung mit verschärften Kontrollen aus den Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und empfängern herauspressen will.

(Beifall bei der LINKEN)

Den ohnehin in Reichtum schwimmenden Konzernen und deren Aktionären wird das Geld in den Rachen geworfen, während bei den Ärmsten weiter gestrichen und mit kleinlicher Bespitzelung die Menschenwürde angetastet wird.

(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Jawohl! Jetzt sind Sie endlich angekommen! Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, was dieser Bogen soll!)

Ich habe leider keine Zeit mehr, um auf die umweltpolitische Lenkungswirkung des Allokationsplans einzugehen. Zudem sind die Regelungen für Neu- und Ersatzanlagen diskussionswürdig; denn sie sind nichts anderes darauf wurde schon hingewiesen als Schutzregeln für die Kohlewirtschaft. Die Neuanlagenreserve ist ebenfalls diskussionswürdig. Wissenschaftler sagen, dass wir eine Reserve von 30 Millionen Tonnen brauchen dem schließen wir uns an , während Sie 10 Millionen Tonnen für ausreichend halten.

Vizepräsidentin Petra Pau:
Es tut mir Leid, aber weiter dürfen Sie die Liste der Dinge, über die heute noch sinnvollerweise gesprochen werden sollte, nicht verlängern.

Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Ich komme zum Schluss. Sehr geehrter Herr Minister Gabriel, Sie haben gestern gesagt, dass Sie 4 000 Schulen eine Wetterstation schenken wollen. Das ist sehr begrüßenswert. Wenn Sie aber die Zertifikate verkaufen würden, hätten Sie so viel Geld, dass Sie jeder Schule eine Wetterstation schenken könnten. Ich denke, das wünschen sich alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Haus.

(Beifall bei der LINKEN)