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Finanzmärkte radikal eindämmen, Schattenbanken schließen

Rede von Roland Claus,

Rede von Roland Claus, Mitglied des Haushaltsausschusses, in der Debatte zum Dritten Finanzmarktstabilisierungsgesetz am 26. Oktober 2012

Roland Claus (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Worüber reden wir hier?

(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Das fragt man sich!)

Das muss nach diesem kapitalismuskritischen Auftritt von Staatssekretär Kampeter einmal klargestellt werden.

(Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): Unglaublich! - Zurufe von der CDU/CSU und der FDP: Oh!)

Wir reden nicht über Athen, sondern über die Fortsetzung der Rettung und die Stabilisierung deutscher Banken durch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Genau! Darum geht es!)

Wir erinnern uns: Nach der Lehman-Pleite 2008 kamen Banken und internationale Finanzmärkte in Not. Bankenvorstandschefs und die Aufsicht rufen ihre Regierungschefs und Finanzminister an. Kurz darauf treten Angela Merkel und Peer Steinbrück vor die Medien und sagen den legendären Satz: Die Ersparnisse sind sicher.
2008 haben wir im Bundestag binnen einer Woche einen gigantischen Rettungsschirm mit Garantien und Kapitalbeteiligungen in einem Umfang von fast 500 Milliarden Euro beschlossen. Das muss hier gesagt werden, weil die Rettung deutscher Banken in den Medien kaum noch ein Thema ist.
Angesichts der Hysterie, die gegenüber Griechenland und anderen südeuropäischen Staaten verbreitet wird, und angesichts der Hetze, die zum Teil betrieben wird, ist es wichtig, heute auch anzusprechen: Wir wenden - nominell und mit den Instrumenten, die dafür zur Verfügung stehen - einen etwa dreimal so großen Betrag wie für die Stabilisierung des Euro für die Rettung deutscher Banken auf. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN - Florian Toncar (FDP): Aber heute nicht mehr! - Otto Fricke (FDP): Da sind wir heute woanders, oder?)

Die Stabilisierung des Euro dominiert die öffentliche Debatte. Wir reden hier aber auch über inzwischen verstaatlichte Banken: über die Hypo Real Estate in München, die WestLB, die teilverstaatlichte Commerzbank und andere mehr.
Ich sage der Koalition: Solange Sie als Ursache der Krise das ausmachen, was Sie in der Begründung Ihres Gesetzentwurfes geschrieben haben - dass der Kern der Krise eine anhaltende Staatsschuldenkrise sei -, haben Sie den wahren Kern des Problems nicht erkannt.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben es mit einer Krise der Banken und der internationalen Finanzmärkte zu tun.
Was schlägt die Koalition vor? Sie behauptet zwar, es sei alles gut, was sie gemacht habe; dennoch soll der Soffin - Staatsgarantien und Kapitalhilfen - zwei Jahre länger wirken, also Soffin forever. Ich denke, darin ist eine Menge Vorsorge für das Wahljahr.
Statt des Bundeshaushalts soll für Neuanträge am Ende nun der Restrukturierungsfonds haften; seine Mittel kommen aus der Bankenabgabe. Dann muss man aber weiterlesen. In dem Gesetzentwurf steht auch - dazu hat mein Vorredner nichts gesagt -, dass der Restrukturierungsfonds nur so lange haften soll, wie der vorhandene Bestand reicht. Was ist daran zu kritisieren? Sie feiern die Bankenrettung als Erfolg, spannen aber dennoch den Rettungsschirm wieder auf. Das passt nicht zusammen.

(Beifall bei der LINKEN)

Solange Frau Merkel davon spricht, dass sie - davon hat sie mehrfach gesprochen - eine finanzmarktkonforme Politik betreiben will, muss ich sagen: Das ist der falsche Weg.
(Beifall bei der LINKEN)

Die Politik muss wieder die Dominanz über diese Märkte erlangen.
Sie sagen: Wir holen uns das Geld der Steuerzahler vom Bankenfonds zurück. Ich sage Ihnen, Herr Staatssekretär - das richtet sich an die Adresse der Koalition -: Das ist organisierter Selbstbetrug.

(Dr. Gesine Lötzsch (DIE LINKE): Richtig!)

In dem Fonds ist im Moment nichts drin. Er enthält etwa 5 Prozent dessen, was schon als realer Verlust eingetreten ist. Das Risiko der faulen Papiere, die in die Bad Banks ausgelagert sind, bleibt beim Steuerzahler.
Ich will daran erinnern, dass es noch vor dem Aufspannen dieses Schirms ein Finanzminister Peer Steinbrück war, der vor diesem Bundestag immer und immer wieder erklärt hat, dass auch die IKB Deutsche Industriebank eine systemrelevante Bank sei. Diese Bank gehört inzwischen dem Hedgefonds Lone Star. Das war übrigens in einer Zeit, als Peer Steinbrück die Finanztransaktionsteuer noch eine linke Spinnerei genannt hat. Daran muss man ihn gelegentlich erinnern; denn im Moment erweckt er den Eindruck, als wäre er der Vater der Idee einer Finanztransaktionsteuer.

(Beifall bei der LINKEN)

Alternativen sind machbar, meine Damen und Herren. Was schlägt die Linke vor? Wir sind ja in der Pflicht, etwas vorzuschlagen, weil wir als einzige Fraktion dem Rettungsschirm nicht zugestimmt haben. Die Verursacher müssen endlich zur Verantwortung gezogen werden, und hohe Vermögen gehören höher besteuert als bisher. Wir brauchen eine radikale Eindämmung der Finanzmärkte. Ich will Schattenbanken verdammt noch mal nicht regulieren, ich will sie schließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke schlägt vor, eine europäische Bank für öffentliche Anleihen, wenn man so will eine KfW Europe, zu gründen. Wir brauchen endlich eine gemeinsam abgestimmte europäische Wirtschafts-, Finanz- und auch Sozialpolitik. Daran können deutsche Banken und deren Großanleger gern mitwirken.

(Beifall bei der LINKEN)

Den Gesetzentwurf der Koalition lehnen wir ab. Er folgt der Logik von Frau Merkel, dass Banken gerettet, Rentnerinnen und Rentner, Geringverdienende und Arbeitsuchende aber betrogen werden.

(Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Oh!)

Das muss anders werden, und das kann anders werden.

(Beifall bei der LINKEN)