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Fehmarnbeltquerung: Koalition will Gegner einlullen!

Rede von Herbert Behrens,

Do.  ZP_*) Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU und FDP - Sozialverträgliche und  anwohnerfreundliche Schienenhinterlandanbindung zur festen Fehmarnbeltquerung gewährleisten  > Drucksache 17/14113

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit Jahren beraten wir über das Projekt feste Fehrmarnbelt-Querung. Immer wieder haben wir dabei Forderungen der Bürgerinnen und Bürger diskutiert, die um ihre Existenz im Tourismus an der schleswig-holsteinischen Ostseeküste fürchten. Die Koalition tat sich damit hervor, dass die Nachteile klein redete und die Vorteile groß.

Heute , am vorletzten Sitzungstag der Wahlperiode, kommen sie mit Ihrem Antrag zur Schienenhinterlandanbindung der Festen Fehrmarnbelt-Querung um die Ecke und fordern, dass das Ganze sozialverträglich und anwohnerfreundlich gestaltet werden soll.

Haben Sie bemerkt, dass in den vergangenen Jahren in dieser Frage nicht eine einzige parlamentarische Initiative  von Ihnen kam?

Haben Sie etwas gelernt aus den vielen, vielen Argumenten der Ostholsteiner Bürgerinnenund Bürger?

Nein, haben Sie nicht! Der Antrag ist nichts anderes als ein Täuschungsmanöver. Sie wollen lediglich davon ablenken, dass die Koalition nicht bereit ist, die Sorgen und Nöte der Bürgerinnen und Bürger an der Trasse ernst zu nehmen.

Seit Jahren protestieren sie gegen das milliardenteure Verkehrsprojekt, denn der donnernde Lärm der Güterzüge, dem sie künftig Tag und Nacht ausgesetzt werden sollen, zerstört in der Tourismusregion die Existenzgrundlage ganz Ostholsteins und ist verkehrspolitisch völlig überflüssig. Es ist das Stuttgart 21 des Nordens!

Nach erheblichen Veränderungen der Planungen für die Beltquerung mit einem Tunnel statt einer Brücke, einer Halbierung der Verkehrsprognosen, einer wahren Kostenexplosion, tausendfachen Einwendungen der Betroffenen im Raumordnungsverfahren und großen Bürgerprotesten, ist die Zeit reif, dieses Projektes grundlegend zu bewerten. Doch nach wie vor weigert sich die Bundesregierung, dieses Projekt in Frage zu stellen. Sie weigert sich mit Dänemark zu beraten, ob nicht angesichts der Veränderungen die Ausstiegsklausel im Staatsvertrag zur Beltquerung angewendet werden kann, um weiteren Schaden von den Vertragspartnern abzuwenden.

Statt dessen nun, in „letzter Sekunde“ sozusagen, legen Sie nun den Antrag vor, der eine "sozialverträgliche und anwohnerfreundliche Schienenhinterlandanbindung" zum Projekt ankündigt. Leider hält der Titel nicht, was er verspricht! Aber Sie räumen ja auch selbst ein, dass es Ihnen eigentlich darum geht, „die Akzeptanz … nicht weiter zu gefährden“.

Wenn die Koalitionsfraktionen ihre eigene Regierung zum Ende der Wahlperiode auffordert, sich unverbindlich für dies oder jenes einzusetzen, dann ist das absurd. Diese Regierung ist an ihr Ende gekommen. Die Karten werden am 22. September neu gemischt. Wir hoffen sehr, dass sich nach der Bundestagswahl eine neue Verkehrspolitik durchsetzen lässt, die insbesondere den Interessen der Mehrheit der Bevölkerung verpflichtet ist und nicht den wirtschaftlichen Interessen der großen Baukonzerne untergeordnet dienst.

Aber ich will noch etwas zum Antrag sagen. Ihre Forderungen darin sind windelweich: Man möge sich "im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel" für eine "akzeptable" Trassenführung und Lärmschutz einsetzen, es soll geprüft oder „gegebenenfalls“ „in Betracht gezogen werden“. Einzig die Forderung, dass der Ausbau den aktuellen Lärmschutzanforderungen entsprechen soll, ist verbindlich formuliert. Das allerdings ist bereits gesetzlich geregelt, noch einmal gefordert werden, müsste es eigentlich nicht wirklich.

Nachdem es vor zwei Monaten endlich eine Einigung zum Wegfall des Schienenbonus gab, fordern Sie, dass auch für die Hinterlandanbindung die reduzierten Lärmwerte gelten sollen. Auch das ist nicht wirklich neu. Auf die Verlegung des Güterverkehrs an eine Neubautrasse entlang der A1 und den Erhalt der Bädertrasse für den Nahverkehr (2+1-Trasse) gehen Sie gar nicht ein. Da ist die Zeit einfach über Ihren Antrag hinweggegangen.

Mit ihrem Antrag erwecken Sie kurz vor der Wahl den Anschein, Sie kämpfen für die Belange der Region einsetzen würden, doch erfahren die betroffenen Bürgerinnen und Bürger, was am Ende für sie besser sein soll, also anwohnerfreundlich und sozialverträglich.

In Ihrem Antrag loben Sie die Arbeit des „Dialogforums Feste Fehmarnbelt-Querung“ als „moderne Bürgerbeteiligung“. Dieses Forum wurde eingerichtet, um den Konflikt zu entschärfen und das Projekt nachträglich zu legitimieren, nicht um ergebnisoffen darüber zu entscheiden. DIE LINKE. fordert, dass die Bürgerinnen und Bürger auch an der Entscheidung beteiligt werden, ob ein solches Großprojekt vor ihrer Haustür entstehen muss oder nicht und nicht nur darüber, wie man die Nachteile durch mehr Verkehr, mehr Lärm und die Folgen für die Tourismuswirtschaft bewältigen kann.

Doch dieses Forum, in dem mehrheitlich Projektbefürworter sitzen, hat letzte Woche einen Workshop zu den Verkehrsprognosen und dem Nutzen-Kosten-Verhältnis dieses Projektes samt Anbindung veranstaltet, zu dem renommierte Verkehrsgutachter berichteten. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die bisherigen Annahmen veraltet und überbewertet waren, sich die Rahmenbedingungen wesentlich verändert hätten. Nehmen Sie das Dialogforum ernst, ziehen Sie daraus die Konsequenzen und stellen Sie sich einer ergebnisoffenen Neubewertung des Projektes. 

Wir hatten vor einem Jahr genau das beantragt, doch Sie haben den Antrag abgelehnt, weil Sie Angst davor haben, dass Ihnen das Ergebnis nicht passen könnte. Sie sprechen sich erneut ausdrücklich für den Bau einer festen Fehmarnbeltquerung aus und verstecken sich hinter dem Staatsvertrag, den die Vorgängerregierung unter dem SPD-Verkehrsminister Tiefensee mit Dänemark ausgehandelt hat, obwohl er eine Verständigungsklausel enthält, sich bei veränderten Rahmenbedingungen das Projekt neu zu verhandeln. Der Spatenstich zum Projekt liegt noch in weiter Ferne, noch gibt es kein Planungsrecht, noch kann das Projekt gestoppt werden. Natürlich geht es nur gemeinsam mit Dänemark, doch Verträge lassen sich auch ändern und in einer Demokratie müssen Entscheidungen auch wieder demokratisch verändert werden können. Auch der Gerichtsweg ist noch völlig offen. DIE LINKE. wird sich weiter alles daran setzen, dass ihre Betonideologie scheitern wird und dieses unsinnige Verkehrsprojekt nicht gebaut werden kann.