Fahrgastrechte zu stärken ist ehrenwert, diese umzusetzen wesentlich schwieriger . Regressansprüche der Fahrgäste sind nur eine Seite der Medaille. Wichtiger ist es, die Zahl an Störungen insgesamt gering zu halten. Dafür brauchen wir nicht irgendwelche, sondern die richtigen Maßnahmen. Heidrun Bluhm in der zu Protokoll gegebenen Rede zur Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Stärkung der Fahrgastrechte .
Fahrgastrechte zu stärken ist ehrenwert, diese umzusetzen wesentlich schwieriger. Die Frage ist: Wie können wir den Verbraucher zu mehr Vertrauen in die öffentlichen Verkehrsmittel und seiner Zufriedenheit mit ihnen verhelfen? Doch führen die guten Absichten der Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen auch wirklich in die erhoffte Richtung? Der Gesetzentwurf versucht, Schadenersatzansprüche von Fahrgästen auf eine rechtliche Grundlage zu stellen. Die Haftung der Verkehrsunternehmen soll in das allgemeine Recht des Bürgerlichen Gesetzbuchs integriert werden. Die dazu in Art. 3 des Gesetzentwurfs vorgesehene Änderung ist allerdings nur eine Kann-Vorschrift. Viel ändert sich damit für den Kunden nicht. Zumeist haben Verspätungen oder Ausfälle von Bus oder Bahn andere Ursachen als solche, die vom Verkehrsunternehmen selbst zu vertreten sind. Beispielsweise Störungen in der Schieneninfrastruktur, Unfälle oder deren schlimmste Variante, den so genannten Fahrgastunfall. Es kann also schwierig sein, zwischen Selbst- und Fremdverschulden bei den Verkehrsunternehmen zu trennen. Außerdem ist zu fragen, ob die Praxis hinreichend in Betracht gezogen worden ist. Der Gesetzentwurf stellt allenfalls eine Teillösung dar. Informationsprobleme, Regressansprüche müssen in absehbarer Zeit durchgreifend zu regeln sein. Die Linke plädiert dafür, dass komplette Repertoire der Möglichkeiten zunächst einer Praxiserprobung zu unterziehen, statt ordnungspolitisch neue Unzulänglichkeiten zu programmieren. Genau genommen sind Regressansprüche der Fahrgäste nur die eine Seite der Medaille. Wichtiger ist es, die Zahl an Störungen insgesamt gering zu halten. Dafür brauchen wir nicht irgendwelche, sondern die richtigen Maßnahmen. Ein Weg, dies zum Beispiel im Nahverkehr zu erreichen, ist es, je nach Anteil der verspäteten an der Gesamtzahl der Fahrten, dem Aufgabenträger die Möglichkeit zu geben, Abschläge auf die Entgelte bei der Bestellung der Verkehrsleistung auszuhandeln und durchzusetzen. Während einer Fahrplanperiode können dadurch stattliche Beträge zusammenkommen. Damit spart die öffentliche Hand und bei den Verkehrsunternehmen steigt der Wille, zumindest die Folgen von Störungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Oberste Priorität dabei muss sein, dass sich durch diese zusätzliche Risikoabsicherung die Fahrpreise nicht erhöhen und die Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel gegenüber dem Individualverkehr, ebenfalls attraktiv bleibt. Entschädigungsregelungen werden dazu führen, dass die Kosten auf alle Fahrgäste umgelegt werden und so die Fahrkarten verteuert werden. Ein übertrieben aufwendiges und teures Fahrgastrecht kann nicht im Sinne der Kunden sein. Der Trend, den Verbraucher und gerade den Geringverdiener immer mehr zu belasten, darf nicht auch noch an dieser Stelle fortgeführt werden. Selbstverständlich bleibt es Aufgabe der Verkehrspolitiker und der Verbraucherschützer, zu prüfen, ob sich diese in der Praxis bewährt, unbürokratisch, schnell und einfach umgesetzt wird, und darauf zu drängen, dass auch der Nahverkehr einbezogen wird. Ob die freiwillige Selbstverpflichtung zu einer Entschädigungszahlung im Sinne der Bahnkunden funktioniert, kann nur eine kritische externe Praxisprüfung erbringen. Auf dieser Grundlage ist dann zu diskutieren, ob es sinnvoll ist, den Fahrgästen einen gesetzlichen Anspruch auf Verspätungsentschädigung zu verschaffen. Auch und gerade im Zuge des Börsengangs - darauf haben wir immer hingewiesen - darf Effizienz und Rendite der Bahn AG nicht der absolute Maßstab sein und damit zulasten der Kundenzufriedenheit und der Fahrpreise gehen.
Fahrgastrechte stärken - aber wie?
Rede
von
Heidrun Bluhm-Förster,