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Fabio De Masi: Steueroasen auch in der EU austrocknen!

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! 2020 erwirtschaftete Amazon einen Rekordumsatz von 44 Milliarden Euro in der EU. Überraschung: An seinen europäischen Niederlassungen – Steuersitz Luxemburg – entrichteten sie für denselben Zeitraum 0 Euro Körperschaftsteuer. Gleichzeitig kämpft das Kleingewerbe in Deutschlands Innenstädten ums Überleben. Das ist eine krasse Wettbewerbsverzerrung. Hier muss endlich durchgegriffen werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

US-Präsident Biden – er ist ja zurzeit für einige Überraschungen gut – will die Unternehmensteuern erhöhen, eine Mindeststeuer von 21 Prozent durchsetzen. So wie ich die Amerikaner kenne, setzt er das auch hier in Europa bei den Techfirmen Amazon und Apple durch und wird sich auch hier die Gewinne in Irland oder Luxemburg holen. Deswegen haben wir natürlich das große Risiko, dass Europa in die Röhre guckt, wenn wir nicht entschlossen Quellen- und Strafsteuern auf Finanzflüsse in Steueroasen erheben. Ich meine auch die Steueroasen, die wir hier in Europa vor der eigenen Haustür haben, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist im digitalen Zeitalter angezeigt, dass man stärker am Ort der Umsätze besteuert, weil eben Amazon oder Google keine Fabrik haben, sondern zum Beispiel mit unseren Daten ihr Geld verdienen. Wir begrüßen vor diesem Hintergrund das Steueroasen-Abwehrgesetz. Es enthält sinnvolle Maßnahmen.

Erstens das Verbot des Abzugs von Betriebsausgaben und Werbungskosten von Geschäften mit Steueroasen – sinnvolle Maßnahme.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens eine Hinzurechnungsbesteuerung, die dazu führt, dass man etwas obendrauf gibt, wenn eine Briefkastenfirma in einer Steueroase sitzt und Gewinne dorthin verlagert – sinnvolle Maßnahme.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens sieht das Gesetz vor, stärker Quellensteuern zu verhängen. Wir wissen: Ein Drittel der Steuervermeidung entsteht dadurch, dass innerhalb des Konzerns Kredite vergeben werden. Also Amazon mit Sitz in einer Steueroase vergibt einen Kredit an Amazon Deutschland. Die deutsche Niederlassung zahlt kräftig Zinsen darauf. So verschiebt man die Gewinne wie ein Amazon-Paket in eine Steueroase. Deswegen ist es sinnvoll, stärker dort, wo die Gewinne erwirtschaftet werden, also in Deutschland, zuzuschlagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings greifen all diese Maßnahmen nur bei Staaten, die auf der schwarzen Liste der EU stehen. Und Überraschung: Kein einziger EU-Staat steht darauf. Selbst wenn man 0 Prozent Unternehmensteuern erhebt, ist man nicht automatisch darauf. Das ist, wie wenn ich mit 100 Prozent Alkohol im Blut in die Alkoholkontrolle fahre und sage: Ich bin nüchtern. Deswegen, meine Damen und Herren, wäre es angezeigt – Herr Scholz, Sie haben ja hier auf Ihre Initiative mit dem französischen Finanzminister verwiesen –, dass wir vorangehen und sagen: Deutschland und Frankreich machen ein klares Signal: Wenn die Steueroasen in der EU nicht kooperieren, brauchen wir Quellen- und Strafsteuern auf Finanzflüsse in diese Steueroasen, um Druck aufzubauen, damit Europa nicht wieder in die Röhre guckt.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)