Zum Hauptinhalt springen

Fabio De Masi: Milliardäre besteuern statt Kürzungshammer nach der Wahl

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben mit diesem Haushalt einen alten politischen Taschenspielertrick: Bis zur Sperrstunde gibt es Getränke, und danach wird die Rechnung präsentiert. Es war richtig, in der Coronakrise die Wirtschaft mit vielen Milliarden zu stützen, weil sonst Unternehmen kaputtgegangen, Arbeitsplätze vernichtet und Steuereinnahmen weggebrochen wären. Alles andere wäre Micky-Mouse-Ökonomie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union: Wenn man in der Krise kürzt, hat man am Ende mehr, nicht weniger Schulden.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Finanzminister, Sie haben eben gesagt, dass Sie ab 2022 zur Schuldenbremse zurückkehren wollen. Das heißt, dass Sie von 218 Milliarden Euro in diesem Jahr auf 10 Milliarden Euro runterbremsen,

(Otto Fricke [FDP]: Das stimmt doch gar nicht!)

und das gibt eine dicke Bremsspur für die Wirtschaft. Deutschland befindet sich im Umbruch: in der Automobilindustrie, bei der digitalen Infrastruktur, beim Thema Klimawandel. Deswegen brauchen wir mehr, nicht weniger Investitionen in Deutschland, und zwar auch in der Zukunft.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir für unsere Enkelkinder eine Universität bauen, dann ist es doch nur normal, dass das nicht nur die heutigen Steuerzahler bei null Zinsen finanzieren. Gleichzeitig gibt es das 2-Prozent-Rüstungsziel. Aber haben wir etwa die Verteidigungsausgaben gekürzt, als die Wirtschaft eingebrochen ist? – Nein. Das ist doch völlig verrückt. Sie setzen hier die falschen Schwerpunkte.

(Beifall bei der LINKEN)

Man muss sich ehrlich machen: Eine Rückkehr zur Schuldenbremse nach der Wahl bedeutet einen Kürzungshammer nach der Wahl.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Richtig! Das ist die Wahrheit!)

Man muss sich hier ehrlich machen und sagen, an welche Bereiche man ranwill: an die Leute, die den Laden am Laufen gehalten haben, an die Pflegekräfte, an die Kassiererinnen, an die Kassierer, an die Polizisten oder eben an diejenigen in diesem Land, die von der Krise profitiert haben, wie die Quandts und die Klattens?

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben einen US-Präsidenten Donald Trump, der hat nicht nur einen teuren Friseur – das Problem haben viele in diesem Raum nicht –,

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ich!)

sondern er hat auch nur 750 Dollar Steuern gezahlt.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Im Jahr!)

Darin drückt sich die Bindung zum eigenen Land aus, so wie bei der Truppe hier rechts, die Deutschlandfähnchen schwenken, aber dann ihre Steuern in der Schweiz zahlen und sich freuen, wenn es dem Land dreckig geht. Sie lieben dieses Land nicht, Sie verachten es.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber auch in Deutschland gibt es den beliebten Enkeltrick: Herr Döpfner lässt sich von Friede Springer Aktien im Wert von 1 Milliarde Euro schenken und entrichtet darauf kaum Steuern. In Deutschland gibt es die Quandts und Klattens, die mitten in der Krise Hunderte Millionen Euro aus BMW herausgezogen haben. Es ist Zeit, dass diese Menschen nicht immer nur fragen, was das Land für sie tun kann, sondern dass sie auch etwas für dieses Land tun.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Deswegen fordert Die Linke eine Vermögensabgabe mit hohen Freigrenzen auf Betriebsvermögen für die Milliardäre in diesem Land.

(Beifall bei der LINKEN – Otto Fricke [FDP]: Die bekommt aber nicht der Bundeshaushalt!)

Es war richtig, das Kurzarbeitergeld zu verlängern. Aber für viele Selbstständige in diesem Land geht die Krise jetzt im Winter doch erst richtig los. Es ist weltfremd, dass man denen keine Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt. Die anderen Mittel werden gar nicht abgerufen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Gleichzeitig werden Amazon und Co in diesem Land immer mächtiger, sie haben von der Krise profitiert, Jeff Bezos geht es nach der Coronakrise besser. Deswegen ist es eine Schande, dass ausgerechnet die Bundesregierung auf europäischer Ebene mehr Steuertransparenz blockiert und so verhindert, dass für jedes Land klar wird, wie hoch die Gewinne und die bezahlten Steuern der Multis sind.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und zuletzt: Wir können es nicht hinnehmen, dass die Gangster in Nadelstreifen mit ihren Cum/Ex-Geschäften ungeschoren davonkommen. Es ist richtig, dass wir dort, wo steuerrechtliche Straftaten bereits verjährt sind, jetzt strafrechtlich zugreifen können. Aber das gilt eben nicht für die Altfälle, für die Fälle vor dem 1. Juli 2020. Das müssen wir dringend korrigieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es kann nicht sein, dass bei Handwerkern jede Rechnung kontrolliert wird und die Gangster in Nadelstreifen ungeschoren davonkommen. Das wird Die Linke niemals akzeptieren.

(Beifall bei der LINKEN)