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Fabio De Masi: Investitionsbremse Olaf Scholz

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Finanzminister, der Investitionsstau in Deutschland, insbesondere bei den Kommunen, ist gewaltig. Deutschland ist bei Schulen, Krankenhäusern oder digitaler Infrastruktur nur 2. Liga – so wie nun der HSV, was ich als Hamburger übrigens außerordentlich bedauere.

Apropos Digitalisierung. Am schönsten fand ich ja den Vorschlag von Verkehrsminister Scheuer zur Einführung einer App zur Meldung von Funklöchern. Das Blöde ist: Diese Apps funktionieren nie, wenn man in so einem verdammten Funkloch steckt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Die Investitionslücke beträgt laut Statistischem Bundesamt seit 2003 etwa 83 Milliarden Euro. Dieser Betrag wäre erforderlich, um nur den Verschleiß des öffentlichen Vermögens zu stoppen. Seit der deutschen Einheit ist das Nettoanlagevermögen um 30 Milliarden Euro geschrumpft.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung verfügt das reichste 1 Prozent der Bevölkerung über 20 Prozent des Nettovermögens in Höhe von über 9 Billionen Euro. Wer daher keine Vermögensteuer will, vergeht sich an unserer Infrastruktur und der Lebensleistung von Generationen.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann wird über öffentlich-private Partnerschaften privatisiert, was nicht bei drei auf dem Baum ist, wie bei den Autobahnen. Das ist übrigens teurer als öffentliche Kredite; denn diese sind wegen der niedrigen Zinsen aktuell fast umsonst. Die Steuerzahler müssen bei ÖPP eben auch die Renditen von Deutscher Bank und Allianz bezahlen. So etwas nennt man nicht „schwarze Null“, sondern „schwarzes Loch“. Sie verstecken Schulden und verschieben sie in die Zukunft.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Herr Scholz, Sie betonen, dass die Investitionen nicht sinken. Im Haushaltsentwurf seien die Verkehrsinvestitionen nicht eingepreist. Diese werden nun über Transfers an die Länder abgewickelt. Nicht eingepreist sei auch die Sanierung von Schulen. Das ist wahr, geht aber am Problem vorbei.

Erstens. Wir schleppen einen riesigen Investitionsstau aus der Vergangenheit mit. Er wird nicht abgebaut.

Zweitens. Wenn die Wirtschaft bzw. der Kapitalstock wächst, müssen auch die Investitionen wachsen, um den Verschleiß auszugleichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Stabile Bruttoinvestitionen bedeuten daher sinkende Nettoinvestitionen.

Drittens. Die öffentliche Investitionsquote Deutschlands – das haben verschiedene Kolleginnen und Kollegen bereits angesprochen – ist im internationalen Vergleich viel zu gering. Die viertgrößte Volkswirtschaft der Erde müsste doch den Anspruch haben, bei den Investitionen spitze zu sein und nicht schlechter als der Durchschnitt Europas.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Politik ist ein Sicherheitsrisiko für die Euro-Zone und die Weltwirtschaft. Wir investieren zu wenig und verkaufen immer mehr ins Ausland, als wir von dort einkaufen. Dies hat übrigens auch mit dem mangelnden Respekt der Bundesregierung vor den Beschäftigten, vor der Arbeit zu tun; Stichwort: Leiharbeit, Befristung, Agenda 2010.

Wegen unserer chronischen Exportüberschüsse drohen uns nun Strafzölle und ein Steuerkrieg mit Donald Trump. Der US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, droht deutschen Unternehmen, die im Iran wirtschaftlich aktiv sind. Eine Bundesregierung, die den Respekt vor dem internationalen Recht verteidigt, hätte den Botschafter doch wenigstens einbestellen müssen, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns droht zudem ein Abschwung. Die Industriebestellungen in Deutschland sinken seit drei Monaten. Der IWF warnt vor einer neuen Finanzkrise. Investitionen aber brauchen, um die Wirtschaft zu stützen, Zeit, bis sie wirken. Deswegen muss man jetzt damit anfangen, lieber Lothar, nicht erst, wenn man in der Rezession steckt.

Herr Scholz, ein Unternehmen, das nicht investiert, verliert. Diese Scholzonomics würde für eine Currywurstbude bedeuten, dass man die Stehtische verkauft, an der Soße spart und sich dann wundert, wenn die Kunden wegbleiben. Ich finde, dieses Land muss besser und darf nicht schlechter regiert werden als eine Currywurstbude auf der Reeperbahn.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)