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Fabio De Masi: Cum Fake Bankster gehören in den Knast!

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bereits vor drei Wochen debattierten wir hier über den größten Steuerbetrug der Geschichte: Cum/Ex- und Cum/Cum-Deals. Heute geht es um Cum-Fake. Man fragt sich: Wo ist eigentlich der Finanzminister?

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vor drei Wochen war der häufigste Satz der GroKo-Parteien in dieser Debatte: Es gibt kein Problem; es gibt nichts Neues. – In Prozenten ausgedrückt würde ich sagen: Da lagen Sie 100 Prozent daneben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Es dauerte zwei Wochen bis zu den Cum-Fake-Enthüllungen. Cum-Fake ist aber noch dreister als Cum/Ex, weil es um Betrug mit Phantomaktien geht, auf Deutsch: mit Aktien, die es gar nicht gibt. Vereinfacht gesprochen wird bestimmten Investoren bei Dividendenausschüttung die Kapitalertragsteuer erstattet, weil auf diese Gewinne auch Unternehmensteuer fällig ist. Bei den Cum/Ex-Deals haben sich Gangster in Nadelstreifen Kapitalertragsteuern mehrfach erstatten lassen, die sie nur einmal gezahlt hatten. Der größte Dieb, der Brite und Hedgefondsmanager Sanjay Shah, hat angeblich seine Jacht auf den Namen Cum/Ex getauft.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Oh!)

Auf Cum/Ex-Partys scherzten Finanzmafiosi, dass doch jene den Raum verlassen sollten, die ein Problem damit hätten, wenn jetzt weniger Kindergärten gebaut würden. Wenn Geld stinkt, ist Cum/Ex ein großer Misthaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es dauerte zehn Jahre, bis Finanzminister das Cum/Ex-Schlupfloch schlossen. Zuvor ließ man die Bankenlobby an Gesetzen rumschrauben. Die Cum/Ex-Party der Bankster kostete uns laut Professor Christoph Spengel bis zu 32 Milliarden Euro hier in Deutschland. Das sind 1 Million Euro für jede Schule in Deutschland oder 400 Euro für jeden Bundesbürger. Bei den neuen Enthüllungen über Cum-Fake geht es um sogenannte American Depositary Receipts, kurz ADRs. Das sind handelbare Wertpapiere, die von Banken in den USA begeben werden und mit ausländischen Aktien bei einer Depotbank hinterlegt werden müssen. ADRs kann man aber vorab begeben, wenn Aktien noch überhaupt nicht geliefert wurden. Dadurch werden Steuererstattungen erworben, ohne dass Steuern gezahlt wurden. Das ist so, als ob ich mir zu Hause Pfandbons drucken, aber keine Flaschen abgeben würde und dann zur Supermarktkasse ginge, um die Hand aufzuhalten. Wo leben wir eigentlich? Eine Kassiererin in Deutschland verliert ihren Job, weil sie Pfandbons im Wert von 2 Euro einsteckt, während Bankster, die Pfandbons in Millionenhöhe drucken, noch immer auf freiem Fuß sind.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die US-Börsenaufsicht SEC ermittelte seit 2014 gegen die Deutsche Bank – bei der heute eine Razzia wegen des Verdachts auf Geldwäsche stattfand – wegen Cum-Fake-Deals. 2016 berichtete das „Wall Street Journal“ im Internet über diese Ermittlungen. Ich vermute, dass es Internet auch im Finanzministerium gibt.

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Wer weiß!)

Am 18. Juli informierte die Deutsche Bank die hiesige Finanzaufsicht über den 75-Millionen-Dollar-Vergleich mit den US-Behörden. Aber erst im November, nachdem Journalisten Cum-Fake entdeckten, setzte das Ministerium die digitale Erstattung der Kapitalertragsteuern aus. Es gibt jetzt zwei Möglichkeiten: Entweder hat das Finanzministerium vom Settlement der Deutschen Bank nichts gewusst, oder es hat erst gehandelt, als die „Tagesschau“ vor dem Ministerium stand. Offenbar gibt es aber weiterhin ein Problem. Sonst hätten Sie diese Maßnahme nicht ergriffen. Wir haben daher Fragen.

Erstens. Warum verfügt das Bundeszentralamt für Steuern angeblich über keine Zahlen zu Steuererstattungen wegen ADRs? Das ist ein digitales Verfahren, wo Banken das Kontrollkästchen „ADR“ anklicken. Ich finde, das ist überhaupt nicht nachvollziehbar.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens. Warum behaupten Sie, dass Cum-Fake seit 2012 nicht mehr möglich sei, obwohl die Deutsche Bank in ihrem Vergleich mit den US-Behörden solche Geschäfte bis 2014 einräumte? Der Chef der Steuergewerkschaft sagte, die Steuerverwaltung sei auf dem Fahrrad unterwegs, aber die Steuerdiebe mit dem Ferrari. Deswegen ist es Zeit für die Kavallerie. Wir brauchen eine Bundesfinanzpolizei und eine Taskforce aus Finanzaufsicht und Steuerverwaltung. Die Erstattung von Kapitalertragsteuern muss jetzt systematisch analysiert werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Erstattungen darf es nur noch für echte Aktien, nicht für Fake-Aktien, nicht für Phantomaktien und auch nicht für ADRs geben.

(Beifall bei der LINKEN)

Viertens. Wir müssen in spezielle Staatsanwaltschaften investieren. Wir brauchen ein Unternehmensstrafrecht. Wir brauchen Waffengleichheit mit den Bankstern made in Germany.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dänemark erwägt, Finanzinstituten die Geschäftslizenz zu entziehen. Das können wir in Deutschland auch. Die Deutsche Bank hat eine kriminelle Unternehmenskultur. Am Ende haften die Steuerzahler für die Strafen, wenn die Bank wegen lauter Strafzettel pleitegeht. In einem Rechtsstaat entscheiden Gerichte. Aber es herrscht auch Meinungsfreiheit. Meine Meinung ist: Cum-Fake-Bankster gehören in den Knast.

(Beifall bei der LINKEN)