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Fabio De Masi: Anleihekaufprogramm PSPP

Rede von Fabio De Masi,

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Boehringer, Sie haben bemängelt, dass als Nachweis der Integrationsverantwortung auch darauf hingewiesen wird, dass man AfD-Anträge abgelehnt hat. Ja, was gibt es denn für einen größeren Nachweis für die Integrationsverantwortung als die Ablehnung von Anträgen Ihrer Fraktion?

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist zwar völlig legitim, auch über den Euro zu diskutieren und ihn zu kritisieren; aber Sie wollen den Euro nicht reparieren, Sie wollen Europa abfackeln. Und Feuerteufel gibt es in Europa schon genug.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Bundesverfassungsgericht hat aufgetragen, dass die EZB Anleihekäufe besser begründen solle. Sie soll auf die wirtschaftlichen Nebeneffekte achten. Wir haben durchaus unsere Kritik an der ökonomischen Begründung des Urteils; denn jede Zinsentscheidung hat natürlich enorme wirtschaftliche Effekte auf Beschäftigung, auf Investitionen, auf die Finanzmärkte. Wir glauben, dass die EZB ihre Anleihekäufe hinreichend dargelegt hat. Aber wir glauben auch: Der Kern ist ein politisches Problem.

Wir haben das Verbot der monetären Staatsfinanzierung in Europa, das heißt, die EZB darf Banken, aber nicht Staaten finanzieren. Die EZB muss von daher permanent so tun, als würde sie keine Staaten finanzieren, und in diese Wunde legt das Verfassungsgericht seinen Finger. Nun ist es aber so, dass international zahlreiche Zentralbanken – die kanadische Zentralbank hat das lange getan, die britische Zentralbank – natürlich auch Staaten finanzieren, wenn es erforderlich wird, weil sonst ein künstliches Insolvenzrisiko besteht.

(Peter Boehringer [AfD]: Das ist aber dummerweise verboten!)

Denn die EZB ist die einzige Institution, die in Euro nie pleitegehen kann. In Großbritannien droht keine Hyperinflation. Wir haben Massenarbeitslosigkeit und leerstehende Fabriken. Und die EZB hat immer noch das Instrument des Inflationsziels.

Herr Toncar, wenn Sie hier von der Unabhängigkeit der Zentralbank sprechen, will ich Ihnen sagen, dass Ihr Antrag einen direkten Eingriff in das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank vorsieht.

(Christian Dürr [FDP]: Das ist doch Quatsch! Das ist eine bewusste Falschinterpretation!)

Von daher: Man darf nicht immer Unabhängigkeit predigen, wenn sie einem passt, und sie ablehnen, wenn einem die Geldpolitik nicht passt.

(Beifall bei der LINKEN – Christian Dürr [FDP]: Aber es ist Aufgabe der Politik, über das Mandat zu sprechen!)

Wir glauben, dass es ein Fehler war, dass bei den Anleihekäufen Auflagen gemacht wurden, die überhaupt nichts mit der Geldpolitik zu tun hatten, Lohn- und Rentenkürzungen zum Beispiel, die die Nachfrage weiter gehemmt haben und von daher unterstützt haben, dass das billige Geld der Zentralbank in die Finanzmärkte, nicht in die reale Wirtschaft fließt.

In diesem Zusammenhang will ich sagen, dass wir hier auch über andere Auflagen diskutieren könnten, zum Beispiel nachhaltige Staatsfinanzen durch die Austrocknung von Steueroasen.

(Otto Fricke [FDP]: Jetzt dann doch!)

Meine Fraktion ist der Auffassung, dass wir eine Änderung des Mandats der Europäischen Zentralbank brauchen – so wie das zum Beispiel Herr Südekum, der unter anderem die Regierung berät, fordert, wie das viele internationale Ökonomen fordern.

Wir werden uns zu dem Antrag der anderen Fraktionen enthalten, weil er uns nicht weitgehend, nicht kritisch genug ist. Wir werden den Antrag der FDP ablehnen, trotz einiger Vorschläge, die wir selber auch unterstützen, zum Beispiel einen geldpolitischen Dialog mit einem Fragerecht gegenüber der Bundesbank, wie wir das aus dem Europäischen Parlament kennen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)