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Eva-Maria Schreiber: Rechte der indigenen Völker nicht nur auf dem Papier schützen

Rede von Eva-Maria Schreiber,

Sehr geehrter Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! In Kolumbien werden Mitglieder des Volkes der Nutabe wegen eines gigantischen Wasserkraftwerks von ihrem Land vertrieben, ihre politischen Führer von Todesschwadronen verfolgt. In der Demokratischen Republik Kongo verlieren indigene Batwa durch die Gründung eines Nationalparks ihre Existenzgrundlage und werden von Parkwächtern geschlagen, vergewaltigt, ermordet. In Paraguay kämpfen die Sawhoyamaxa seit Jahrzehnten für ihr traditionelles Land, das sich ein deutscher Rinderzüchter angeeignet hat. Weltweit werden die Rechte indigener Gemeinschaften mit Füßen getreten; ihr Leben ist vielfach in Gefahr. Deswegen ist es wichtig, dass die Bundesregierung endlich die Konvention 169 der International Labour Organization ratifiziert.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Margarete Bause [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Danach müssen Staaten die Rechte indigener Völker respektieren, wie das Recht auf ihr angestammtes Land und das Recht der Mitbestimmung in allen Angelegenheiten, die sie betreffen. Leider ignoriert Deutschland das viel zu oft. Das Wasserkraftwerk in Kolumbien wird von der IPEX-Bank finanziert, einer Tochtergesellschaft der staatlichen KfW. Die kongolesische Nationalparkbehörde und die Parkwächter beziehen einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen von der Bundesregierung. Das deutsch-paraguayische Investitionsschutzabkommen hat lange verhindert, dass indigene Gemeinden ihre legitimen Landrechte durchsetzen konnten. Wenn Deutschland ein Vorbild bei der Umsetzung indigener Rechte sein will, reicht die bloße Ratifizierung der ILO 169 nicht. Die Bundesregierung muss das Selbstbestimmungsrecht indigener Völker wirklich ernst nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Eine Messlatte dafür ist der Naturschutz. Deutschland unterstützt das globale Ziel, die unter Naturschutz stehende Fläche in den kommenden zehn Jahren zu verdoppeln, und hat dazu einen eigenen Fonds gegründet, der mit 80 Millionen Euro ausgestattet ist. Zentrale Partner sind der WWF und die Zoologische Gesellschaft Frankfurt, die Geld und Schutzgebiete verwalten sollen. Indigene kommen in der Initiative nicht vor. Dabei sind sie es, die ihre natürlichen Lebensräume besonders gut bewahren – Socio Bosque im Amazonas lebt es vor. Doch leider erleben Indigene in Afrika und Asien Schutzgebiete oft als Bedrohung. Unter Berufung auf ein höheres Gut, den Naturschutz, werden sie entrechtet, vertrieben und getötet. Das muss ein Ende haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Indigene Führer fürchten, dass die massive Ausweitung von Schutzgebieten für sie in eine Katastrophe, den größten Landraub der Geschichte, münden könnte. Greenpeace warnt eindringlich vor einer Ausweitung eines autoritären Festungsnaturschutzes. Die ILO 169 ernst nehmen heißt, diese Sorgen ernst zu nehmen. Die Bundesregierung muss Indigene zu ihren zentralen Partnern machen, und das nicht nur, wenn es um die Lösung der globalen Umweltkrise geht, sondern generell in der Entwicklungszusammenarbeit.

Ansonsten bleibt die Ratifizierung der ILO 169 leere Symbolpolitik.

(Beifall bei der LINKEN)