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Eva-Maria Schreiber: Mehr Geld für Entwicklung statt für Krieg und Fluchtabwehr

Rede von Eva-Maria Schreiber,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Sehr geehrter Herr Minister Müller, ja, Sie bekommen mehr Geld; aber Sie haben leider völlig recht: Mit den hier vorgelegten Haushaltsplänen kann Deutschland seine internationalen Verpflichtungen in der Entwicklungs- und Klimapolitik nicht erfüllen – 0,5 Prozent sind eben nicht 0,7 Prozent. Mit Ihnen bin ich der Meinung, dass wir dafür die Finanztransaktionsteuer benötigen; Kollege Leutert hat ja eben einen entsprechenden Vorschlag gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Minister Scholz ist daran gescheitert, seinen Blick über die schwarze Null hinaus auf die drängenden globalen Herausforderungen zu richten und den Entwicklungsetat entsprechend zu erhöhen. Das ist traurig für die SPD. Insofern, lieber Herr Müller, würden meine Fraktion und ich Sie gerne bei Ihrer Forderung unterstützen, die Ausgaben für eine gerechte Entwicklungspolitik langfristig zu erhöhen. Aber Sie haben in letzter Zeit in meinen Augen leider einige Weichenstellungen getroffen, die wir für falsch halten:

(Beifall bei der LINKEN)

Erstens: Ihr Deal mit dem Verteidigungsministerium. Die Verabredung, die Mittel im Verhältnis eins zu eins zu erhöhen, hat eine Seite, der hier viel zu wenig Beachtung geschenkt wird: Laut Koalitionsvertrag bedeutet jeder Euro mehr für Entwicklung eben auch einen Euro mehr für den Verteidigungshaushalt. Entwicklungszusammenarbeit als Gehilfin des Krieges, Aufrüstung als Voraussetzung für Entwicklung? Dazu sagen wir Nein.

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens: der Umbau des Entwicklungsministeriums zum Fluchtabwehrministerium. Ihr Programm für Flüchtlinge „Perspektive Heimat“, das Sie jährlich mit 500 Millionen Euro ausstatten wollen, ist nichts anderes als die Außenabteilung der geplanten AnKER-Zentren in Deutschland. Beide verfolgen ein Ziel: Migranten und Flüchtlinge so schnell wie möglich aus Deutschland fortzuschaffen. Zugleich ist die GIZ in Ihrem Auftrag leider auch daran beteiligt, viele afrikanische Länder zu Außenposten der Festung Europa zu machen, um die Flüchtlinge schon dort aufzuhalten. Arbeiten Sie doch lieber daran, dass niemand mehr zur Flucht gezwungen wird!

(Beifall bei der LINKEN)

Flucht ist die Folge von unfairen Handelsbedingungen wie den EPAs, von Rüstungsexporten oder von Krieg.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens: die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit auf wirtschaftlich starke Entwicklungsländer und den einseitigen Nutzen für die deutsche Privatwirtschaft. Der Anteil der ärmsten Länder an der deutschen Entwicklungszusammenarbeit schrumpft seit Jahren. Das ist ein verheerender Trend. Doch was machen Sie? Sie arbeiten an dessen Verstärkung, indem Sie Ihre Arbeit auf sogenannte Reformchampions in Afrika fokussieren. Zu diesen Champions soll bald das Militärregime Ägyptens zählen. Zugleich werden die Haushaltsmittel für die Zusammenarbeit mit der deutschen Privatwirtschaft erhöht. Entwicklungshilfe also für Siemens und den ägyptischen Diktator anstatt Unterstützung für die bedürftigsten Länder? Auch nicht mit uns!

(Beifall bei der LINKEN)

Sehr geehrter Minister Müller, für eine solche Entwicklungspolitik darf es in unseren Augen nicht mehr Geld geben. Aber ich mache Ihnen einen Gegenvorschlag.

Erstens. Streichen Sie alle Programme zur Rückführung und zur Abwehr von Flüchtlingen, und stecken Sie das Geld in Programme, die die Bezeichnung „Fluchtursachenbekämpfung“ wirklich verdienen!

(Beifall bei der LINKEN)

Setzen Sie auf zivile Konfliktbearbeitung! In Deutschland gibt es hierfür viele gute Organisationen. Gewähren Sie mehr Budgethilfen, die die ärmsten Länder dabei unterstützen, ihr Bildungs- und Gesundheitssystem zu verbessern!

Zweitens. Geben Sie den Versuch auf, sich neben Horst Seehofer als zentraler Migrationsmanager zu profilieren! Das passt übrigens auch nicht zu Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Übernehmen Sie in der Bundesregierung lieber die Federführung in entwicklungspolitischen, fairen Handelsfragen, und sorgen Sie dafür, dass die Unternehmen ihrer Verantwortung entlang der Lieferketten nachkommen, insbesondere in menschenrechtlicher Hinsicht!

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Drittens. Lösen Sie den faustischen Pakt mit dem Verteidigungsministerium wieder auf!

(Beifall bei der LINKEN)

Unter diesen Bedingungen bin ich und ist meine Fraktion Die Linke sehr gerne bereit, mit Ihnen für einen langfristigen Aufwuchs des Entwicklungsetats zu kämpfen.

(Beifall bei der LINKEN)