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Eva- Maria Schreiber: Afrikapolitik darf nicht von wirtschaftlichen Interessen dominiert werden

Rede von Eva-Maria Schreiber,

Geehrte Frau Präsidentin! Minister Müller! Minister Maas! Kolleginnen und Kollegen! „Leinen los, auf nach Afrika“: Mit diesen Worten haben Sie, Minister Müller, beim deutsch-afrikanischen Investitionsgipfel 2019 den Entwicklungsinvestitionsfonds aus der Taufe gehoben. Dieser Fonds sollte zum zentralen Finanzierungsinstrument Ihrer neuen Afrika-Strategie werden. 1 Milliarde Euro Haushaltsmittel für den Fonds waren zugesagt, geworden sind es 200 Millionen Euro – ein Fünftel. Sie scheitern an Ihren eigenen Ansprüchen.

(Beifall bei der LINKEN)

Diese Kritik ist verkürzt, meinen Sie? Sie haben recht. Viel schlimmer ist, dass Sie im Rahmen der neuen Afrika-Strategie immer mehr Gelder für die Förderung deutscher Unternehmen in Afrika zweckentfremden und die zweite, wichtige Säule, die Unterstützung afrikanischer Unternehmen, nicht wirklich ins Laufen kommt.

„Leinen los, auf nach Afrika“: Klarer könnte die Devise nicht sein. Deutsche Unternehmen sollen den Chancenkontinent Afrika erobern. Dafür wird das Entwicklungsministerium leider zur Außenhandelskammer der deutschen Wirtschaft umgebaut, ohne jedoch überzeugende Konzepte vorzulegen, wie davon die afrikanischen Volkswirtschaften mittel- und langfristig profitieren sollen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit den momentanen Mitteln, beispielweise Sonderwirtschaftszonen oder Investitionsschutzabkommen, können sie gar nicht profitieren, und das kritisieren wir aufs Schärfste.

(Beifall bei der LINKEN)

Das gilt leider auch für die Handelspolitik. Gemeinsam mit der EU beharrt die Bundesregierung weiter auf einer vollkommenen Liberalisierung der afrikanischen Märkte, sei es bei den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, den EPAs, dem Post-Cotonou-Abkommen oder dem angestrebten Freihandelsabkommen mit Tunesien. Damit verhindern Sie eine eigenständige Industrialisierung der afrikanischen Volkswirtschaften.

Schlimmer noch: Sie vertiefen die wirtschaftliche Spaltung unseres Nachbarkontinents. Vor diesem Hintergrund sind die Beteuerungen der Bundesregierung, den Aufbau einer afrikanischen Freihandelszone zu unterstützen, blanker Zynismus.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist in etwa so, als würde China getrennte Freihandelsabkommen mit Nord-, West- und Südeuropa abschließen und dann behaupten, man wolle damit die EU stärken.

(Heiterkeit der Abg. Sevim Dağdelen [DIE LINKE])

Ein zentraler Teil der neuen Afrika-Strategie der Bundesregierung besteht also darin, den Weg für deutsche Waren und deutsches Kapital nach Afrika freizumachen. Ein anderer Weg soll aber unter allen Umständen blockiert werden, nämlich der Flucht- und Migrationsweg von Afrika nach Europa. Ein Blick in das Post-Cotonou-Abkommen genügt, um zu sehen, mit welcher Obsession EU und Bundesregierung dieses Ziel verfolgen und afrikanische Länder zu Außenposten der Festung Europa umbauen wollen. Dabei setzen Sie den afrikanischen Regierungen die Pistole auf die Brust; denn wer bei Migrationsabwehr und Rückführungen nicht voll kooperiert, dem drohen Sie, die finanzielle Unterstützung insgesamt zu entziehen. Eine oft beschworene Partnerschaft auf Augenhöhe sieht anders aus –

(Beifall bei der LINKEN)

eine zukunftsweisende Afrika-Strategie ebenfalls.

(Beifall bei der LINKEN)