Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir bringen den vorliegenden Gesetzentwurf nicht in den luftleeren Raum ein, sondern wir diskutieren dieses Thema immer auch im Hinblick auf die konkrete Situation in Europa.
Wir kommen ja nicht drumherum, zuzugeben, dass Europa tatsächlich in einer tiefen Krise steckt und dass sich immer mehr Menschen von diesem Europa abwenden. Ob Sozialabbau, Rekordarbeitslosigkeit, fehlende Investitionen in Bildung, Gesundheit oder Infrastruktur: Insbesondere in Südeuropa gehen immer mehr Menschen auf die Straße, weil sie den Eindruck haben, dass der Europäische Rat und die EU-Kommission diese Politik der Europäischen Union diktieren. Sie haben auch das Gefühl, dass ihre nationalen Parlamente nicht in dem Umfang mitsprechen können, wie sie das unter demokratischen Gesichtspunkten eigentlich gerne sehen würden. Ich glaube also, wir müssen auch im Lichte der aktuellen europäischen Entwicklung den heute vorliegenden Gesetzentwurf beraten.
(Beifall bei der LINKEN)
Viele haben den Eindruck, dass nicht mehr die Parlamente, sondern die Finanzmärkte, die Banken und die Großkonzerne über die Zukunft der Europäischen Union entscheiden. Integration hält damit leider nicht Schritt. Wir als Linke haben von Anfang an gesagt: Europa wird nur gelingen, wenn die Europäische Union sozialer und demokratischer wird. Leider haben wir in den letzten Jahren in dieser Hinsicht schwere Rückschläge erleben müssen.
In dieser Woche beispielsweise hat keine einzige Brüsseler Entscheidung die Zustimmung Zyperns erhalten. Das zeigt: Mit dieser Art europäischer Politik haben wir Probleme, zu den Menschen durchzudringen.
Dass wir heute darüber diskutieren, meine Vorredner haben es schon angesprochen, ist auch keine Sternstunde des Parlaments. Es war schon so, das gehört zur Wahrheit dazu, dass der Großteil des Parlaments diese Rechte eigentlich gar nicht mehr wollte, sondern von Karlsruhe aufgefordert werden musste, sie sich als Parlament zurückzuholen.
(Dr. Stefan Ruppert (FDP): Nein, Nein!)
Viele hier im Haus waren eher der Auffassung, man solle die europapolitischen Entscheidungen, die die jeweilige Bundesregierung hier einbringt, abnicken. Ich denke, man kann im Zusammenhang damit, dass Karlsruhe uns hier auf einen anderen Weg gebracht hat, wirklich auch von einer Ohrfeige reden.
(Jörn Wunderlich (DIE LINKE): Nicht nur da! Es wird nicht die letzte sein! Zuruf von der FDP: Ihr müsst einmal klatschen!)
Es ist positiv zu bewerten, da schließen wir uns an, dass es uns in den letzten Monaten gelungen ist, hier einen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf einzubringen; denn dieser bedeutet selbstverständlich eine Verbesserung des Status quo. Was die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bzw. die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik anbelangt, hatten wir natürlich weitere Vorschläge.
(Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber nicht so richtig viele, Herr Ulrich!)
Die anderen Fraktionen haben leider nicht mitgemacht, was wir schade finden. Aber das war für uns kein Grund, aus den Verhandlungen auszusteigen.
Dazu möchte ich auch noch sagen: Natürlich hat man immer wieder aufs Neue gemerkt, dass insbesondere SPD und Grüne immer auch aus dem Blickwinkel heraus diskutiert haben, dass es möglich sein kann, dass sie morgen wieder die Regierung stellen, und sich vor diesem Hintergrund gefragt haben, ob man die Parlamentsrechte wirklich so weit ausbauen will. Wir hätten uns gewünscht, dass man noch einen Schritt weiter geht. Trotz alledem wurde eine Verbesserung des Status quo erreicht.
Wir dürfen aber an diesem Punkt nicht haltmachen, wenn es darum geht, europäische Politik transparenter zu machen, sie auch bürgernäher zu machen. Ich denke, über das Gesetz hinaus müssen wir uns in einem nächsten Schritt auch Gedanken darüber machen, bei wesentlichen Entscheidungen der Europäischen Union Volksabstimmungen einzuführen.
(Beifall des Abg. Andrej Hunko (DIE LINKE))
Damit sind wir nicht alleine. Im Süden gibt es einen Ministerpräsidenten, der das auch immer gern diskutiert. Wir warten einmal ab, wann zumindest die CSU im Parlament entsprechend agiert.
(Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das sind Ihre Partner? Interessant!)
Denn die Europäische Union wird, wie gesagt, nur funktionieren, wenn die Menschen das Gefühl haben, dass sie mitentscheiden können, dass es demokratisch abläuft bzw. dass zumindest die Parlamentarier, die sie gewählt haben, in letzter Konsequenz entscheiden. Heute haben wir einen kleinen Schritt getan; aber es ist noch viel mehr möglich.
Auch ich sage der Mitarbeiterebene und insbesondere auch Ihnen, Herr Kaster, Dank. Sie haben das sehr gut organisiert. Das liegt wahrscheinlich weniger daran, dass Sie von der CDU/CSU-Fraktion sind,
(Bernhard Kaster (CDU/CSU): Selbstverständlich!)
sondern eher daran, dass Sie wie ich Rheinland-Pfälzer sind. Rheinland-Pfälzer haben manchmal richtig gute Ideen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)