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Es ist wichtiger, in die Erhaltung der Straßen zu investieren, statt in weitere Neubauten

Rede von Dorothée Menzner,

Bei einer steigenden Verarmung der Bevölkerung, steigenden Spritpreisen und bei dem Anwachsen der Bevölkerungskreise, die sich inzwischen sehr genau überlegen, ob sie sich Autofahrten, die nicht unbedingt nötig sind, auch leisten können, sind andere Schlussfolgerungen zu ziehen. Statt Autobahnknoten im Umfeld von Fußballarenen zu optimieren, hätten wir gemeinsam das Geld viel besser in Busse und Bahnen stecken sollen, um diese zu optimieren. Dorothée Menzner in der Debatte zum Straßenbaubericht 2005 (Drs. 16/335).

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatssekretär, Sie haben eben schon die Zahlen über die Neubauten genannt, die im Jahr 2004 hinzugekommen sind. Was Sie verschwiegen haben, ist allerdings - dies macht der Bericht ebenfalls deutlich -, dass wir über weniger Bundesstraßenkilometer als zuvor verfügen, weil nämlich meist eher nicht so gut instand gehaltene Bundesstraßen an Kommunen und Länder überschrieben wurden. Insgesamt sind in dem Berichtszeitraum etwa 330 Kilometer Fernstraßen fertig gestellt worden, zu einem Preis pro Kilometer von etwa 5 Millionen Euro, woraus sich insgesamt die stolze Summe von 1,6 Mil-liarden Euro ergibt. Aber - Frau Kollegin Blank hat das eben angesprochen - sage und schreibe 3,7 Milliarden Euro sind laut diesem Bericht in den letzten Jahren in solche Autobahnen und Fernstraßen geflossen, die im Einzugsbereich von Fußballarenen liegen. Schwarz auf weiß in einem Extrakapitel wird ausgeführt: 56 Neubau- und Erweiterungsmaßnahmen standen im Zusammenhang mit der Fußballweltmeisterschaft. Der Bericht benennt auch, was zu tun war, damit die Fußballfans, zumindest solche, die mit dem Auto anreisen, nicht umherirren: Willkommenstafeln an Grenzübergängen, Fernzielwegweisung; sogar an farbliche Fantrennung wurde gedacht. Alles chic, alles neu, alles perfekt. Aber was passiert jetzt, sollte die Nationalmannschaft vielleicht in der Vorrunde ausscheiden? (Patrick Döring [FDP]: Dann werden wir aber die Bahnhöfe nicht abreißen!) Nicht auszudenken! Deutsche Fußballfans sitzen als Couch-Potatoes zu Hause vor dem Fernseher und die Gäste dürften von diesen Hinweisschildern eher wenig Gebrauch machen, weil sie in der großen Mehrzahl mit der Eisenbahn oder dem Flugzeug anreisen werden. Ist dies wirklich ein Szenario, für das es sich lohnt, Milliarden von Euro in Beton zu rühren? Wir meinen, in Bezug auf die Zukunftsinvestitionen stellen sich andere Fragen. (Beifall bei der LINKEN) Bei einer steigenden Verarmung der Bevölkerung, steigenden Spritpreisen und bei dem Anwachsen der Bevölkerungskreise, die sich inzwischen sehr genau überlegen, ob sie sich Autofahrten, die nicht unbedingt nötig sind, auch leisten können, sind andere Schlussfolgerungen zu ziehen. Statt Autobahnknoten im Umfeld von Fußballarenen zu optimieren, hätten wir gemeinsam das Geld viel besser in Busse und Bahnen stecken sollen, um diese zu optimieren. (Beifall bei der LINKEN - Patrick Döring [FDP]: Das sind 15 Prozent des Verkehrs!) Das wäre ein Zukunftsprogramm gewesen, und zwar ein Zukunftsprogramm für weniger CO2, weniger Energieverbrauch, weniger Lärmbelästigung und für mehr soziale Gerechtigkeit. (Beifall bei der LINKEN) Stattdessen werfen Sie Geld aus dem Fenster für ein überzogenes Straßenbauprogramm, das, wie eben angedeutet, als unterfinanziert bezeichnet wird. Wir nennen es eher überprojektiert; denn das Geld wird immer als knapp bezeichnet. Das, was der Bund an Fernstraßen neu baut, entspricht 1 588 Baulosen für 50,7 Milliarden Euro. Das ist aber nur das, was als „vordringlicher Bedarf“ bezeichnet wird. Manche bezeichnen es auch als Märchenbuch. Wir meinen, es ist wichtiger, in die Erhaltung der Straßen zu investieren, statt in weitere Neubauten. (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Peter Hettlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Es ist wichtiger, das Geld zu konzentrieren und die vorhandenen Strukturen zu erhalten. Dem Bericht kann man auch entnehmen, dass das schwer fällt und dass hier viel zu tun ist. (Vorsitz: Vizepräsident Wolfgang Thierse) Die Linke sagt klipp und klar: Angesichts der vielen schadhaften Straßen und Brücken ist es viel wichtiger und vorrangiger, in vorhandene Verkehrswege zu investieren und diese instand zu halten. Das halten wir für nachhaltig, und zwar sowohl für ökonomisch und ökologisch als auch für sozial nachhaltig. Danke. (Beifall bei der LINKEN)