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Es herrscht keine Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau im Kulturbereich

Rede von Sigrid Hupach,

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
Vielen Dank an die Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen, dass wir heute über das wichtige Thema der Gleichstellung von Frauen im Kulturbetrieb debattieren können. Ihrem Antrag werden wir zustimmen. Das haben wir schon in der letzten Legislatur getan, als dieser Antrag das erste Mal eingebracht wurde. Jetzt ist er bereichert um den aktuellen Aufruf der Initiative Pro Quote Regie, einer Initiative von rund 200 Regisseurinnen, die sich für Gleichbehandlung einsetzen. Auch ich habe diesen Aufruf mit meiner Unterschrift unterstützt.

Gleichstellung im Kulturbetrieb, das sollte im Jahr 2014 eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Aber der Kulturbereich ist von Gleichberechtigung von Mann und Frau genauso weit entfernt wie unsere Gesellschaft insgesamt. Es gibt eklatant zu wenige Frauen in Leitungs- und Führungspositionen. Von Equal Pay kann keine Rede sein. Frauen verdienen, wie bereits gesagt, im Kulturbereich im Durchschnitt wesentlich weniger als Männer. Demzufolge sind Frauen in weit höherem Maße von Altersarmut betroffen. Altersarmut in Deutschland ist vorwiegend weiblich.

Im Kulturbereich gibt es traditionell einen hohen Frauenanteil sowohl in der Ausbildung in Medien- und Kulturberufen als auch bei den Beschäftigten. Zunehmend ist dies im Journalismus so. Andere Bereiche wie Bibliotheken oder Museen sind heutzutage nahezu Frauendomänen. „Viele Frauen“ ist aber nicht gleichzusetzen mit „viele Frauen in wichtigen Entscheidungspositionen“. In ihrer Halbzeitbilanz vom Juni 2014 stellt die Initiative Pro Quote fest, dass der sogenannte Machtanteil von Journalistinnen bei fast allen großen Zeitungen unter 30 Prozent liegt.

Was ist also zu tun? Der Antrag der Grünen zeigt einige Möglichkeiten auf. Wir brauchen belastbares Zahlenmaterial und Förderkriterien im Etat des Kapitel 5 des Einzelplans 04, die eine geschlechterparitätische Vergabe von Führungspositionen und Besetzungen von Orchestern, Ausstellungen und Jurys garantieren. Uns Linken geht das nicht weit genug. Die Linke ist für Pro Quote. Damit ist aber nicht das auf wackeligen Beinen stehende schwache Quotengesetz gemeint, das die Bundesregierung je nach Wirtschaftslage ab 2015 plant. Wir als Linke fordern eine Mindestquotierung aller politischen Mandate und öffentlichen Ämter von 50 Prozent

(Beifall bei der LINKEN)

sowie ein Gleichstellungsgesetz für die private Wirtschaft. Das bezieht auch den Kulturbereich ein, öffentlich gefördert oder nicht.

Es gibt also für die Bundesregierung viel zu tun. Ich will hier nur einige Beispiele nennen, in denen ein zeitnahes Engagement der Koalition deutliche Verbesserungen für Frauen nicht nur im Kulturbereich bewirken würde:

Erstes Beispiel, faire und gleiche Entlohnung. Mit der Einführung von Equal Pay in öffentlich geförderten Kultureinrichtungen und Projekten kann die Bundesregierung mit gutem Beispiel vorangehen und den Rechtsanspruch auf gleiche Entlohnung bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit für Frauen durchsetzen. Dazu gehört ein durchsetzungsstarkes Urhebervertragsrecht. Wir Linke haben hierzu schon in der letzten Legislatur einen Gesetzentwurf eingebracht. Dazu gehört auch die Frauenquote.

Zweites Beispiel, soziale Absicherung. Der Koalitionsvertrag kündigt für Ende 2014 eine Anschlussregelung zum Arbeitslosengeld-I-Bezug für kurzzeitig Beschäftigte an, eine Regelung, die auch für viele Kulturschaffende von großer Bedeutung ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Vorgelegt hat die Koalition aber nichts. Stattdessen wird heute zu später Stunde in einem sogenannten Omnibusgesetz die Geltungsdauer der bestehenden ungenügenden Regelung um ein Jahr verlängert. Schade! Auch das wäre eine Möglichkeit gewesen, die soziale Absicherung im Kreativbereich zu verbessern.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke haben mit unserem Antrag „Kurzzeitig Beschäftigten vollständigen Zugang zur Arbeitslosenversicherung ermöglichen“ das vorgelegt, was die Koalition verschlafen hat.

Weitere Beispiele, die zu nennen wären, sind die Ausstellungsvergütung, die Problematik der Mehrwertsteuer im Kunsthandel und ‑ last, but not least ‑ der Gabriele-Münter-Preis. Dieser europaweit einzigartige Preis für Künstlerinnen über 40 Jahre kann seit 2010 nicht mehr vergeben werden, weil sich das Bundesfamilienministerium aus der Finanzierung zurückgezogen hatte. Nach jahrelangem Ringen hat das Frauenmuseum in Bonn jetzt vom Ministerium einen Bewilligungsbescheid erhalten, um eine Vergabe des Preises für 2017 zu organisieren, aber mit der Hälfte des Geldes. Sieben Jahre ohne Preisvergabe und dann noch ein Sparpreis, das ist eine Blamage. Kein Mann hätte sich das wohl ohne Protest gefallen lassen.

Danke.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)