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Es braucht mehr als Floskeln im Kampf gegen Antisemitismus

Rede von Petra Pau,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Am 25. April 2023 wurde ein neuer Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zentralrat der Juden in Deutschland unterzeichnet. Damit dieser in Kraft treten kann, muss er zum Gesetz werden. Die Linke wird dem selbstverständlich heute zustimmen, so wie wir das seit 2003 in all den Etappen immer gemacht haben. – Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die den Inhalt des Staatsvertrages hier vorgestellt haben; denn dazu reicht meine Redezeit nicht.

(Beatrix von Storch [AfD]: Als Fraktionslose geht das dann wieder!)

Richtig ist: Seit dem 7. Oktober ist die Welt eine andere; wir haben gestern sehr ausführlich und sehr offen über die innenpolitischen Folgen und Entwicklungen nach den Pogromen in Israel hier in der Bundesrepublik debattiert und zu Recht Straftaten, Anschläge, Vorfälle verurteilt.

Und ich bleibe dabei: Antisemitismus lässt sich weder ausweisen noch abschieben.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die Prävention und der Kampf gegen jedweden Antisemitismus ist im Übrigen nicht die Aufgabe der Jüdinnen und Juden, sondern die gesamte bundesdeutsche Gesellschaft ist hier gefragt, und vorrangig wir als politische Verantwortungsträger sind hier verpflichtet.

Das ist übrigens alles nicht neu. Gestern Abend – nach dem Abendgottesdienst in der Synagoge Oranienburger Straße – habe ich mir noch einmal die Aufzeichnung der Bundestagsdebatte vor dem ersten, hier einmütig gefassten Beschluss zu den Themen „Einsetzung eines Expertenkreises Antisemitismus“ und „Förderung des jüdischen Lebens“ vom 4. November 2008 angesehen. Damals haben sich Gert Weisskirchen, Gitta Connemann, Markus Löning, Volker Beck, auch ich und später noch viele andere Kolleginnen und Kollegen auf den Weg gemacht, genau diese Auseinandersetzung mit Antisemitismus und die verlässliche Förderung von jüdischem Leben in seiner Vielfalt zu etwas Selbstverständlichem zu machen. – Auch hier kann ich nicht aufzählen, was seitdem alles geschehen ist.

Deshalb schließe ich mit einer Bitte oder auch einem Vorschlag: Streichen wir endlich die Floskel „Antisemitismus hat keinen Platz in unserem Land oder auf unseren Straßen“ aus unserem Wortschatz. Reden wir darüber und arbeiten daran, wie das tatsächlich Realität in unserer Gesellschaft werden kann. Dazu geben uns übrigens die Schlussfolgerungen und Empfehlungen beider Expertenkreise, aber auch die Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben Anregungen; wir sollten sie endlich ernst nehmen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)