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ERP-Sondervermögen erhalten!

Rede von Herbert Schui,

Das ERP-Sondervermögen muss für allgemeine Wirtschaftsförderung erhalten bleiben. Wenn die Kreditanstalt für Wiederaufbau demokratisch kontrolliert und der Vermögensbestand garantiert würde, wäre nichts dagegen einzuwenden, ihr Eigenkapital zu erhöhen. Tatsächlich wird die KfW jedoch als Privatisierungsagentur missbraucht. Der Griff nach dem ERP-Vermögen ist Teil der Privatisierungspolitik, mit der Unternehmenssteuersenkungen finanziert werden.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das ERP-Sondervermögen muss dort bleiben, wo es zurzeit ist. Dieses Sondervermögen ist ein Mittel allgemeiner Wirtschaftsförderung, und zwar nicht nur für das Kleingewerbe - den Begriff Mittelstand möchte ich eher vermeiden; denn er umfasst vieles -, sondern auch zur Förderung von Innovation. Ich erinnere daran, dass auch das Airbus-Konsortium auf der Grundlage des ERP-Sondervermögens erhebliche Kredite bekommen hat. Statt öffentliches Eigentum zu erhalten, zu nutzen und für eine umfassendere Wirtschaftspolitik einzusetzen, wird von den Regierungen seit vielen Wahlperioden eine andere Tradition begründet, nämlich die Senkung von Unternehmen- und Gewinnsteuern im Allgemeinen - dadurch sinken die Einnahmen - und die Kürzung von öffentlichen Dienstleistungen und Sozialleistungen. Dennoch bleibt ein Defizit. Wie soll es angesichts der Maastricht-Kriterien ausgeglichen werden? Also wird öffentliches Eigentum verkauft - und so weiter und so fort. Dabei müssen wir uns aber das Problem vor Augen führen, dass in vielen Fällen das öffentliche Eigentum, das aus Gründen eines ungefähren Ausgleichs des öffentlichen Haushalts nun verkauft werden soll, von denen erworben wird, die reicher geworden sind, weil sie weniger Steuern zahlen müssen. Alles in allem ist das eine geniale Politik. (Zustimmung bei der LINKEN) In diese Tradition des Verkaufs öffentlichen Eigentums gehört auch, dass von den insgesamt 12 Milliarden des ERP-Sondervermögens 2 Milliarden zur Finanzierung des Bundeshaushalts eingesetzt werden sollen und im Rahmen der so genannten Neuordnung des ERP-Sondervermögens offensichtlich weitere 10 Milliarden Euro als Eigenkapital der Kreditanstalt für Wiederaufbau zugeführt werden sollen. Diese Neuordnung wird aber nicht das Ende eines Prozesses sein, in dem sich der Staat zum armen Mann macht, sein Vermögen veräußert und damit bedeutende Möglichkeiten aufgibt, eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik zu betreiben. (Beifall bei der LINKEN) 10 Milliarden Euro sollen also dafür verwendet werden, das Eigenkapital der Kreditanstalt für Wiederaufbau zu erhöhen. Wie zweckmäßig auch immer, für sich genommen, mehr Eigenkapital ist für ein staatliches Spezialkreditinstitut -und das ist die Kreditanstalt für Wiederaufbau, so bedenklich ist es, wenn das vermehrte Eigenkapital für die Kreditanstalt für Wiederaufbau nun aus dem ERP-Sondervermögen herausgenommen werden soll, um Telekomanteile oder Bahnaktien rascher zugunsten des Bundeshaushaltes zu liquidieren. Mit dem ERP-Sondervermögen als zusätzlichem Eigenkapital der KfW soll also die Privatisierung von Bundeseigentum finanztechnisch reibungslos gestaltet werden. Die KfW wird damit - das ist nicht ihre Aufgabe - zur Privatisierungsagentur des Bundes. Was ist zu erwarten, wenn alles bedeutende Bundesvermögen verkauft ist, wenn also die KfW ihren Dienst getan hat? Es ist wahrscheinlich, dass sie dann ebenfalls verkauft wird und damit auch dasjenige zusätzliche Eigenkapital, das aus dem ERP-Sondervermögen stammt. Man könnte der Regierung und der Koalition nur dann zustimmen, wenn sie eine unabdingbare Bestandsgarantie zugunsten der KfW formulierten, die Aufgaben genau definierten und überdies eine demokratische Kontrolle dieser reformierten Kreditanstalt für Wiederaufbau auf kurzem Weg ermöglichten. Insgesamt reicht das aber nicht aus, um den Mittelstand zu fördern. Eines muss bedacht werden: Wenn es - wie vorhin angekündigt - weitere Steuererleichterungen zugunsten des Mittelstandes gibt, dann ist angesichts der ungleich verteilten Marktmacht auf der Grundlage der Gestaltung der Absatz- und Beschaffungspreise zu erwarten, dass diese Steuererleichterungen in Kürze zu Gewinnen der Großwirtschaft werden. Gestatten Sie mir bitte noch einen abschließenden Satz. Wir schließen uns im Zusammenhang mit dem ERP-Vermögen durchaus dem Antrag der FDP an und sind - genauso wie die Kollegen von der FDP-Fraktion - gegen eine Liquidierung dieses öffentlichen Eigentums. Damit könnte sich allerdings eine Entente cordiale aus FDP und der Linken anbahnen. Präsident Dr. Norbert Lammert: Herr Kollege, ich befürchte, dass die Implikationen einer solchen heimlichen Koalition im Rahmen Ihrer überschrittenen Redezeit nicht mehr vollständig darzustellen sein werden. (Heiterkeit und Beifall - Zuruf von der LINKEN: Sehr schade!) Meine Damen und Herren von der FDP, damit es so weitergeht, werden Sie in Zukunft sicherlich gemeinsam mit uns die Privatisierung von allem öffentlichen Eigentum nach Kräften zu verhindern versuchen. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Guido Westerwelle [FDP]: Hier wird Geschichte gemacht!)