Zweite Lesung Umwelthaushalt Einzelplan 16
Drucksache 17/615, 17/623
Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Fraunhofer-Institut ist gerade in einem Gutachten zu einem interessanten Ergebnis gekommen, nämlich dass in der Bundesrepublik, will man die internationale Marktfähigkeit der Fotovoltaikunternehmen hierzulande erhalten, genau das Gegenteil von dem getan werden muss, was die Bundesregierung vorhat. Schwarz-Gelb will die Einspeisevergütung für Solarstrom über die planmäßige Degression hinaus einmalig um 16 Prozent kappen. Das aber wäre der GAU für viele heimische Solarunternehmen, gerade in Ostdeutschland, wo diese Betriebe vielfach über die EEG-Umlage hinaus zu Beginn auch öffentliche Fördergelder der Länder erhalten haben, aber auch in Westdeutschland, zum Beispiel in Bayern, meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU. Was für ein wirtschafts- und finanzpolitischer Unsinn; das muss ich Ihnen einmal sagen! Denn am Ende gehen durch diese Politik nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch Steuereinnahmen verloren.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir sind für eine Absenkung; denn es stimmt, dass die Produktionskosten deutlich stärker gesunken sind, als das bei der garantierten Vergütung vorgesehen war. Aber das Ausmaß der Minderung muss stimmen; es darf eben nicht die Firmen killen. Das sollte auch die FDP begreifen, die sich ja gern als Hüterin des Mittelstands ausgibt. Laut Fraunhofer-Institut wären einmalig maximal 6 bis 10 Prozent an zusätzlicher Absenkung gerechtfertigt und nicht 16 Prozent. Wir unterstützen dies.
(Beifall bei der LINKEN)
In diesem Zusammenhang wäre es im Übrigen sinnvoll, nicht jährlich, sondern quartalsweise abzusenken. Gegen Jahresende drängeln sich die Aufträge für die Handwerker enorm, nach Silvester ist dann erst einmal monatelang Schicht im Schacht, und das macht keinen Sinn.
Laut Fraunhofer-Institut sollte auch die deutsche Forschungs- und Entwicklungsförderung bei erneuerbaren Energien deutlich ausgebaut werden. Die deutschen Hersteller, so heißt es, seien gegenüber den asiatischen nur dann konkurrenzfähig, wenn sie die technologische Führung innehätten. Der Bundeshaushalt sieht hier aber keinerlei Aufstockung vor. Das wundert mich ein wenig; denn Bundesumweltminister Röttgen verkündete ja gerade überall, was nach dem Scheitern von Kopenhagen besonders wichtig sei, nämlich Umweltpolitik von unten. Vielleicht meint er nicht gerade, dass eine Blockade vor einem Kohlekraftwerk organisiert werden sollte; aber wenigstens sollten auf nationaler Ebene erneuerbare Energien und Energieeffizienz vorangebracht werden, egal was auf UN-Ebene herauskommt er nickt ; denn so seine durchaus nachvollziehbare Logik : Wenn wir das Geschäft nicht machen, dann machen es die Chinesen.
Dann frage ich mich aber, warum die Mittel für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben bei erneuerbaren Energien nicht angehoben werden, sondern bei 65 Millionen Euro verharren. Die Linke fordert hier eine Verdreifachung. Dies nutzt langfristig Klimaschutz und Beschäftigung gleichermaßen.
Wenn wir schon bei den verschiedenen Umlagen und Zuschüssen zur Förderung erneuerbarer Energien sind, möchte ich eines sagen: Die Linke steht auch bei der Branche der erneuerbaren Energien für gute Arbeit und Mitbestimmung. Es kann nicht sein, dass hier manche Firmen seit Jahren den Belegschaften Betriebsräte verweigern und Tarifflüchter sind. Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich: Wer bei den finanziellen Rahmenbedingungen keine FDP-Verhältnisse will, sollte sie auch seinen Beschäftigten nicht zumuten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das größte umwelt- und entwicklungspolitische Desaster dieses Haushalts findet sich in der Finanzierung des internationalen Klimaschutzes. Bundeskanzlerin Merkel hatte in Kopenhagen für die Schnellstartphase 2010 bis 2012 immerhin 420 Millionen Euro jährlich zugesagt. Das wäre unserer Ansicht nach zu wenig, aber für den Anfang schon eine Hausnummer. Mit den Geldern sollen globale Klimaschutzprojekte im Süden finanziert werden. Das ist ein Teil des Deals, damit der Norden mit seinen vielfach höheren Emissionen nicht gleich seine Volkswirtschaften abwürgen muss, um das 2-Grad-Ziel einzuhalten. Darüber hinaus sollten damit Maßnahmen zur Anpassung an den hauptsächlich von uns verursachten Klimawandel bezahlt werden, der Bau von Dämmen gegenüber Überschwemmungen etwa oder die Entwicklung salzresistenter Getreidesorten.
Was ist nun dabei herausgekommen in der Nacht der langen Messer? Gerade einmal 70 Millionen von den 420 Millionen Euro sind frisches Geld. Der Rest sind nichts weiter als Mittel, die längst schon für andere Versprechen verplant waren,
(Zuruf von der LINKEN: Peinlich, peinlich!)
beispielsweise für den internationalen Biodiversitätsschutz und für Regenwaldprojekte. Hier hat die Kanzlerin bei der CBD 2008 in Bonn ebenfalls großspurig Zusagen gemacht. Das alles wird miteinander verrechnet. Ich meine, dies ist nicht Zahlenakrobatik, sondern Vorspiegelung falscher Tatsachen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Kürzen Sie lieber bei solch überflüssigen Posten wie der CDM/JI-Initiative des BMU. Mit Emissionsgutschriften aus vermeintlichen Klimaschutzprojekten in Entwicklungsländern wird schon genug Geld verdient, und das, obwohl viele dieser Projekte für keinen zusätzlichen Klimaschutz sorgen und überdies nicht nachhaltig sind.
Mir liegt eine aus Indien stammende Broschüre mit dem Titel „Money for nothing“ zum CDM vor, die in der nächsten Woche bei Misereor vorgestellt wird. Wir alle sollten diese Broschüre genau lesen und die Konsequenzen daraus ziehen; denn wenn Geld für Klimaschutz eingesetzt wird, dann sollte es erfolgreich sein und nicht für CDM ohne irgendwelche Wirkungen verprasst werden. Danke.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)