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Erklärung nach § 31 Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages

Rede von Jens Petermann,

Persönliche Erklärung

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich stimme nicht zu, weil dieses Gesetz von Anfang an verfassungswidrig war und auch über 60 Veränderungen seit Inkrafttreten nicht zu einer Verbesserung der Lage der Betroffenen geführt haben. Das nunmehr vorgelegte Vermittlungsergebnis beseitigt den vorliegenden verfassungswidrigen Zustand nicht.
Alles begann alles im Sommer 2002. Unter Führung des inzwischen rechtskräftig verurteilten Peter Hartz erarbeitete eine von Bundeskanzler Schröder einberufene Gruppe eine neue Sozialgesetzgebung. „Fordern und Fördern“ hieß das Motto dieser tiefgreifendsten Einschnitte in der Geschichte der Bundesrepublik.
Im Februar 2010 stellte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fest, dass das geltende Gesetz nicht verfassungskonform ist, und verlangte eine Novellierung bis Ende 2010. Da die schwarz-gelbe Regierungskoalition inzwischen ihre Mehrheit im Bundesrat verloren hatte, scheiterte der Gesetzentwurf, der nur eine minimale Erhöhung des Regelsatzes um 5 Euro vorsah, in der Länderkammer. Der daraufhin angerufene Vermittlungsausschuss bildete eine Arbeitsgruppe, bei der Union, SPD, FDP und Grüne versuchten, DIE LINKE außen vor zu lassen. Da wir in diesem Vorgang eine Verletzung unserer Parlamentsrechte sahen, hat unsere Fraktion eine einstweilige Anordnung beim Bundesverfassungsgericht beantragt. Auf Druck des BVerfG musste eine Vertreterin der LINKEN in die Arbeitsgruppe aufgenommen werden.
Nun saß aber jemand mit am Verhandlungstisch, die die Hartz-Gesetzgebung an sich kritisierte und mit anhören konnte, welche Deals am Rande geplant waren. Also gründeten die Hartz-IV-Parteien kurzerhand eine extralegale Arbeitsgruppe in der Arbeitsgruppe, die DIE LINKE erneut ausschloss. Dieses Vorgehen verstößt gegen die Verfassung!
Zu einvernehmlichen Lösungen kam die Verhandlungsgruppe ohne die ungeliebte Linksfraktion nun doch endlich. Das herausragende Ergebnis liegt heute nun auf dem Tisch: fünf Euro Erhöhung in diesem Jahr und noch einmal drei Euro im Nächsten. Das ist peinlich! Das ist Hohn! Ein solches Ergebnis hätte es mit unserer Fraktion nie gegeben. Alternative Berechnungen, die auf Zahlen des statistischen Bundesamtes beruhen, haben ergeben, dass ein Regelsatz von 392 Euro die absolute Untergrenze für ein Leben in Würde bildet. Die schwarz-gelbe Regierung hat das Existenzminimum also bewusst kleingerechnet und damit einen verfassungswidrigen Entwurf vorgelegt.
Es ist erschreckend, wie parteipolitische Kleingeistigkeit das Wohl der betroffenen Menschen missachtet, nur weil im Jahr 2011 sieben Landtagswahlen anstehen. Da wird Wahlkampf auf dem Rücken von Millionen Betroffener geführt.
Das Verhandlungsergebnis der Hartz-IV-Koalition entspricht in keinster Weise den Vorgaben des BVerfG. Damit sind die Betroffenen weiterhin gezwungen, ihre Rechte vor den Sozialgerichten unseres Landes zu erstreiten. Diese sind aber dank Hartz IV derart überlastet, dass die Prozesse sich unnötig in die Länge ziehen, wodurch die Betroffenen noch zusätzlich belastet werden.
Ich und meine Fraktion lehnen die Hartz-IV-Regelung ab und werden alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um dem im Grundgesetz verankerten Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum Geltung zu verschaffen.