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Erhöhung des Regelsatzes und Weihnachtsbeihilfe für ALGII-Beziehende

Rede von Katja Kipping,

Aufstockung des Regelsatzes um rund 20 Euro und eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 40 Euro

Katja Kipping (DIE LINKE):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige Abgeordnete reagieren nur noch genervt, wenn die Rede auf Hartz IV kommt. Auch die Reihen der SPD durchzieht in diesem Fall meist ein Raunen „Schon wieder die Linke mit ihrer Kritik an Hartz IV und ihrer Klage über Armut“.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt sogar Abgeordnete, die demonstrativ das Plenum verlassen, wann immer es um Hartz IV geht.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Ich kann verstehen, dass die Auseinandersetzung mit Armut eher deprimierend ist. Auch ich würde lieber optimistisch mit Ihnen über Luxus für alle philosophieren.

(Wolfgang Meckelburg (CDU/CSU): Das können Sie doch gar nicht! - Ute Kumpf (SPD): Sie werfen wieder einmal die Themen schrecklich durcheinander!)

Fakt ist aber: 7 Millionen Menschen in diesem Land müssen mit Hartz IV leben. Während es einigen offensichtlich zu viel ist, sich auch nur fünf Minuten mit den Auswirkungen von Hartz IV auseinanderzusetzen, müssen 7 Millionen mit Hartz IV leben, und das 24 Stunden am Tag.

(Beifall bei der LINKEN)

Fakt ist auch: Das Leben mit Hartz IV ist nicht einfacher, sondern schwerer geworden. Die Kosten für Strom und Lebensmittel sind gestiegen. Seit letzter Woche ist es nun dank der Untersuchungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auch amtlich: Orientiert man sich nur an der Preisentwicklung, müsste der Regelsatz um rund 20 Euro aufgestockt werden. Das heißt, seit Festlegung des Hartz-IV-Regelsatzes ist dieser um 5 Prozent entwertet worden.
Wenn wir also das Arbeitslosengeld II auf seiner jetzigen Höhe belassen, bedeutet das schlicht und ergreifend nichts anderes, als dass die Menschen jeden Monat faktisch 20 Euro weniger in der Tasche haben. Vor diesem Hintergrund ist es für mich völlig unverständlich, wieso der noch amtierende Bundesminister für Arbeit und Soziales trotz dieser Erkenntnis gesagt hat, es bestehe kein Handlungsbedarf. Ich hoffe, der neue Minister wird sich dieses Themas annehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für uns Linke ist es nicht hinnehmbar, dass Hartz IV-Betroffene immer weniger in der Tasche haben.
Aufschwung für alle: Das war die Losung auf dem SPD-Parteitag. Ehrlicherweise hätten Sie hinzufügen müssen: Aufschwung für alle, nur nicht für Erwerbslose, für Niedriglöhner und für Rentner.

(Beifall bei der LINKEN)

Denn die SPD ist offensichtlich noch nicht einmal bereit, den realen Kaufkraftverlust auszugleichen. Nötig wäre so viel mehr, denn der Regelsatz war von Anfang an viel zu niedrig.
Werfen wir nur einmal einen Blick nach Skandinavien. Dort orientiert sich das Grundsicherungsniveau an der Armutsrisikogrenze. Für Deutschland liegt die Armutsrisikogrenze laut den neuesten offiziellen Berechnungen bei 1 000 Euro. Von skandinavischen Verhältnissen sind wir also noch wirklich weit entfernt.
In der Praxis reicht das Geld meistens so für 20 Tage, erzählen mir immer wieder Erwerbslose und fragen mich dann: Was tun, wenn am Ende des Geldes noch so viel vom Monat übrig ist?

(Max Straubinger (CDU/CSU): Das ist eine Frage der Einteilung und des Ausgabeverhaltens!)

Der Paritätische Wohlfahrtsverband bestätigt dieses Alltagswissen. Deswegen schlagen wir, die Linke, Ihnen vor, den Regelsatz auf 435 Euro zu erheben, und zwar umgehend.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie von SPD und von CDU/CSU können es doch als Chance begreifen. Sie können nun auf die vielen Bekundungen, man müsse über die Höhe des Regelsatzes nachdenken, der Regelsatz gehöre auf den Prüfstand, Handlungen folgen lassen.
In einem zweiten Antrag schlägt Ihnen meine Fraktion, die Linke, vor, für Arbeitslosengeld-II-Beziehende, für Sozialhilfebeziehende und für Asylsuchende eine Weihnachtsbeihilfe von 40 Euro einzuführen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das alte Bundessozialhilfegesetz sah eine solche Weihnachtsbeihilfe vor, und das aus gutem Grund. Denn Weihnachten ist für viele ein wichtiges, ja sogar das wichtigste Familienfest. Für viele ist es darüber hinaus ein zentraler Bestandteil ihres religiösen Lebens. Ein solches Fest ist mit höheren Ausgaben verbunden, mit Ausgaben, die vom Regelsatz nicht zu bestreiten sind.
So sieht die Einkommens- und Verbrauchsstatistik, die Hartz IV zugrunde liegt, für Geschenke an Kinder gerade einmal 1,47 Euro vor. 1,47 Euro, meine Damen und Herren, Hand aufs Herz: Welches Geschenk für Kinder fällt Ihnen ein, das man davon kaufen kann?

(Beifall bei der LINKEN)

Zu einem besinnlichen Weihnachtsfest gehört nun wahrlich mehr als Geld. Das ist mir bewusst. Aber so ganz ohne Geld lässt sich ein Fest auch nicht ausrichten. Auch Menschen, die auf Arbeitslosengeld II oder auf Asyl angewiesen sind, sollten die Möglichkeit haben, mit ihrer Familie oder mit ihren Freunden ein schönes Weihnachtsfest zu begehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Insofern appelliere ich an Sie, liebe Christ-Demokraten, und an Sie, liebe Sozial-Demokraten: Geben Sie sich einen Ruck und erwärmen Sie sich für die Idee der Weihnachtsbeihilfe! Stimmen Sie für den Antrag der Linken!
Besten Dank.

(Beifall bei der LINKEN)