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Erhöhung der Lkw-Maut ist gut - Ausweitung wäre noch besser

Rede von Lutz Heilmann,

Lutz Heilmann begrüßte den Beschluss der Bundesregierung, die Lkw-Maut zu erhöhen. Die falle zwar etwas niedriger aus als gerechtfertigt, das sei aber besser als nichts. Auch Lkw ab 7,5 Tonnen müssen nun mautpflichtig werden, ebenso solle die Maut auf Bundesstraßen erhoben werden. In Kürze werde die EU zudem ein Entwurf beschließen, mit dem endlich externe Kosten angelastet werden könnten. Dann könne Deutschland die Maut sogar verdoppeln. Das gäbe einen großen Schub für den Schienenverkehr.

Sehr geehrter Herr Präsident,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Lkw-Maut ist gut. Züge müssen schon lange für die Nutzung von Schienen zahlen. Lkw müssen das seit 2005 auch. Der Erfolg ist nicht von der Hand zu weisen. Leerfahrten von Lkw haben sich deutlich verringert. Die Fahrten werden insgesamt effizienter. Und wir haben einen Boom im Schienengüterverkehr. Der wächst nicht nur, der wächst sogar stärker als der Lkw-Verkehr. Deshalb hat sich der Marktanteil der Schiene in den letzten Jahren erhöht.

Deswegen finde ich es absolut unverständlich, dass Sie sich von Ihrem Ziel verabschieden wollen, den Marktanteil des Schienengüterverkehrs auf 25 Prozent zu steigern.

Die Begründung dafür ist - nachzulesen im aktuellen Fortschrittsbericht zur nationalen Nachhaltigkeitsstrategie, dass die "Zielerreichung sehr unrealistisch" sei.

Erstens: Wenn man ein Ziel nicht erreicht, dann ist nicht gleich das Ziel falsch. Dann ist die Politik falsch, die nichts dafür getan hat.

Zweitens: Das trifft in diesem Fall aber nur teilweise zu. Durch die Mauterhöhung wurde ein wichtiges Element realisiert, das Erfolge zeigt.

Drittens: Völlig unverständlich wird es, wenn man den Masterplan Güterverkehr und Logistik zur Hand nimmt. Damit strebt das Verkehrsministerium im Jahr 2025 190 Milliarden Tonnenkilometer auf der Schiene an. Das sind zwei Drittel mehr als heute!

Das macht alles keinen Sinn. Sie wollen mehr Verkehr auf der Schiene, aber Sie glauben nicht, dass das klappt?

Oder ist das der vorauseilenden Gehorsam gegenüber der privatisierten Bahn? Wenn Sie die verscherbeln, haben Sie nicht mehr viel mitzureden. Da können Sie dann auch keine Ziele mehr vorgeben, auf deren Einhaltung Sie keinen Einfluss mehr haben? Sie wollen anscheinend dem Abbau des Schienenverkehrs Tür und Tor öffnen. Genau das befürchten wir - und genau so wird es auch kommen.

Ich werde Sie in ein paar Jahren an meine Worte erinnern!

Während wir wegen der Verschleuderung des "Volkseigentums" der Bahn mit Ihnen äußerst unzufrieden sind, sieht es bei der Maut anders aus. Die Einführung der Maut - und die gestern beschlossene Erhöhung - begrüße ich ausdrücklich.

Natürlich bin ich nicht zufrieden. Bei der aktuellen Maut-Erhöhung verzichten Sie auf jährliche Einnahmen von 330 Millionen Euro. Sagte Staatssekretär Großmann gestern. Das neue Wegekostengutachten von Ende 2007 - Grundlage für die Ermittlung der Mauthöhe - wurde zurechtgestutzt. Frei nach dem Motto "Traue keinem Gutachten, das du nicht selber gefälscht hast".

Pro Kilometer zahlen Lkw nun knapp einen Cent weniger, als es gerechtfertigt wäre. Angesichts des massiven Widerstandes der Spediteursbranche - und der CDU - bin ich aber froh, dass Sie das Gutachten nicht ganz im Giftschrank verschlossen haben.

Gut ist auch, dass die Bundesregierung den Spielraum bei der Spreizung der Mauthöhe fast vollständig ausnutzt. Lag der Abstand zwischen dem umweltfreundlichsten und dem umweltschädlichsten Lkw bisher bei 4,5 Cent pro Kilometer, liegt er zukünftig bei mehr als 13 Cent. Das wird der Flottenerneuerung einen noch größeren Schub bringen. Ein Übriges hat das Innovationsprogramm bewirkt, dass sich als großer Erfolg entpuppt.

Nebenbei, da die Harmonisierung ja wohl unter Dach und Fach ist, ist der Antrag der FDP überflüssig. Deswegen rede ich auch nicht darüber.

Ich muss allerdings sagen, dass ich etwas irritiert bin, dass den Mitgliedern des Verkehrsausschusses die Mauthöhenverordnung nicht umgehend zugesandt wurde. So muss ich hier über unbekannte Eier reden, gelegt sind sie ja wohl.

Die Maut ist allerdings immer noch viel zu niedrig. Bereits seit einer Woche überfällig ist der Vorschlag der Kommission für die neue Wegekostenrichtlinie. Damit wird die Grundlage für die Anlastung externer Kosten gelegt, der finanziell bewerteten Umweltschäden durch Lkw. Der Entwurf zeigt: Obwohl darin Unfallkosten, Klimaschäden und Schäden an der Natur nicht berücksichtigt sind, kommen bis zu 22 Cent oben drauf. Nur durch die Anrechnung der Gesundheitsschäden durch Lärm, Luftverschmutzung und die Staukosten.

Von nun durchschnittlich 16 Cent könnte sich die Maut auf 30 Cent verdoppeln. In der Schweiz ist die Maut übrigens schon jetzt deutlich höher. Und die leben auch noch - gar nicht schlecht übrigens.

Vor Panikmache warne ich deswegen entschieden! Natürlich sollen Spediteure nicht in den Ruin getrieben werden. Deswegen ist es umso wichtiger, alle Mauterhöhungen frühzeitig anzukündigen, damit die in die Verträge eingepreist werden können.

Niemand braucht Existenzängste zu haben. Aber die Transportpreise dürfen nicht so niedrig bleiben. Eine wichtige Triebfeder der sogenannten Globalisierung sind doch die vernachlässigbaren Transportkosten. Nicht alles muss aber in Fernost hergestellt werden. Das können wir auch bei uns.

Leider bleibt die Maut freiwillig. Auch die Anlastung externer Kosten wird freiwillig sein. Angesichts des erheblichen Widerstands bei der gestrigen, vergleichsweise harmlosen, Erhöhung, befürchte ich, dass die externen Kosten nirgends angelastet werden - wenn das freiwillig ist.

Deswegen fordere ich Sie dazu auf, sich bei den anstehenden Verhandlungen in der EU dafür einzusetzen, dass Wegekosten und externe Kosten angelastet werden müssen. Das muss ja nicht gleich morgen geschehen. Einen festen Zeitplan kann und sollte die EU aber vorgeben. Nur so können wir das scheinbar unaufhörliche Wachstum des Straßengüterverkehrs in Deutschland und Europa wenigstens verlangsamen - und dem europäischen Schienengüterverkehr einen großen Schub verleihen. Gerade auf den langen Distanzen hat der seine Vorzüge. Die technische Harmonisierung reicht nicht aus, um mehr Verkehr auf die europäische Schiene zu bekommen.

Das ist auch aus Klimaschutzgründen unerlässlich. Schließlich sind Lkw in Deutschland mittlerweile für sechs Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich - Tendenz rasant steigend. Dass ist die Hälfte der Emissionen von Pkw. Vor 15 Jahren war es nur ein Viertel!

Die Bundesregierung muss auch ihren Widerstand aufgeben und Lkw unter 12 Tonnen endlich in die Maut einzubeziehen. Als erster Schritt würde es reichen, Lkw über 7,5 Tonnen mautpflichtig zu machen. Die Bundesstraßen müssen endlich flächendeckend mautpflichtig werden. Zumindest die außerorts gelegenen Strecken, auf denen nennenswerte Anteil Fernverkehr sind.

Wenn Sie all das machen, dann wäre die Maut nicht nur gut, dann wäre sie sehr gut.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!

- die Rede wurde vereinbarungsgemäß zu Protokoll gegeben -