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Endlich gesetzliche Standards für Praktika!

Rede von Agnes Alpers,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es bleibt dabei: Jeder Dritte nach einer schulischen Ausbildung, jeder Vierte nach einem Hochschulstudium und jeder Fünfte nach einer betrieblichen Ausbildung steigt über ein Praktikum in den Beruf ein. Diese Praktikantinnen und Praktikanten werden oft gar nicht oder schlecht bezahlt. Nur jeder Fünfte wird nach dem Praktikum eingestellt. Das ist in Deutschland für viele der einzige Weg, sich eine berufliche Perspektive aufzubauen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Bundesregierung tut so, als ob das alles ganz normal sei. Dabei weist eine Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales aus dem Jahr 2008 darauf hin, dass viele Betriebe Praktikantinnen und Praktikanten als reguläre Arbeitskräfte ausnutzen. Das darf so nicht bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Für Schwarz-Gelb sind solche Praktika noch immer kein typischer Weg für den Berufseinstieg. Die Bundesregierung behauptet auch noch, „dass sich der Arbeits- und der Ausbildungsmarkt seit 2008“ – als die Studie veröffentlicht wurde – „bereits sehr positiv zugunsten der Berufsanfänger entwickelt“ habe.

(Dr. Philipp Murmann [CDU/CSU]: Das ist auch so!)

Sehen Sie den Tatsachen endlich einmal ins Auge: Für die Absolventinnen und Absolventen im Praktikum hat sich in Deutschland nichts verändert. Die Generation Praktikum ist aktueller denn je. Seit den Massenpetitionen im Jahre 2006 liegen die Probleme glasklar auf dem Tisch. Unsere Fraktion, Die Linke, wollte schon im Jahre 2007 das Berufsbildungsgesetz so ändern, dass vertragliche Mindestschutzbestimmungen für alle Praktikantinnen und Praktikanten gelten.

(Beifall bei der LINKEN)

Seit Jahren fordern Betroffene und Gewerkschaften, endlich etwas zu verändern. Meine Damen und Herren von der Koalition, all das ignorieren Sie einfach; Sie verbauen Zukunftschancen, statt sie zu schaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Einzige, was Ihnen immer wieder einfällt, ist, die Wirtschaft um Selbstverpflichtung zu bitten. Doch die
Unternehmen husten Ihnen da etwas: Nur 1 500 von insgesamt 3,5 Millionen Betrieben haben sich an die Mindeststandards für Praktika gehalten. Gratuliere, meine Damen und Herren von der Regierung! Sie sagen: 0,5 Prozent sind schon viel mehr als nichts. Ich sage Ihnen heute: Der Weg der Selbstverpflichtung ist einfach gescheitert.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Anton Schaaf [SPD])

Die Folgen für den Staat und für die Betroffenen sind immens: Durch Ihre Praxis wird ein solider Berufseinstieg bei vielen Absolventen immer weiter hinausgezögert. Dadurch verschiebt sich auch die Familienplanung immer weiter nach hinten. In Deutschland wandern gut ausgebildete Fachkräfte aus. Dem Staat entgehen so Sozialversicherungsbeiträge und Steuereinnahmen. Wann beenden Sie endlich diesen Spuk?
Ich muss die Bildungsministerin auffordern: Bezahlen Sie die Praktikantinnen und Praktikanten in Ihrem Ministerium! Wo leben wir eigentlich, wenn die deutsche Bildungsministerin die Praktikantinnen und Praktikanten in ihrem eigenen Hause ausnutzen lässt?

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Da begeben Sie sich auf dünnes Eis!)

Wir Linke bleiben dabei: Wir wollen das Berufsbildungsgesetz so gestalten, dass es auch für Praktika nach der Ausbildung und nach dem Studium gilt. Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass Praktika nicht länger als drei Monate dauern, dass Praktikantinnen und Praktikanten die vollen Mitbestimmungsrechte erhalten und dass
Praktika nach der Ausbildung und nach dem Studium gut bezahlt werden. Meine Damen und Herren von der Regierung, Größe zeigt der, der Fehler zugibt und bereit ist, neue Wege zu gehen. Wir laden Sie deshalb heute ein, unseren Antrag zu unterstützen.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)