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Einseitige Belastung der Versichterten als Konstante der Regierungspolitik

Rede von Michael Leutert,

Rede zum Etat für 2013 des Bundesministeriums für Gesundheit

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Knapp 12 Milliarden Euro Ausgaben stehen im Haushalt des Bundesministeriums für Gesundheit. Allerdings sind 11,5 Milliarden Euro davon Zuweisungen an den Gesundheitsfonds. Da wir heute über den letzten Haushalt sprechen, den die Koalition hier - das trifft insbesondere auf die FDP zu - vorlegt, lohnt sich einmal - der Kollege Lauterbach hat sich auch daran versucht - ein Blick auf die letzten vier Jahre. Dabei muss man feststellen: Es gibt insgesamt vier Ministerien, die in den letzten vier Jahren einsparen mussten. Alle anderen Ministerien haben ohne Ausnahme steigende Ansätze zu verzeichnen. Von den vier Ministerien mussten zwei wirklich relevant, das heißt im Milliardenbereich, einsparen. Dabei handelt es sich zum einen um das Ministerium für Arbeit und Soziales, bei dem über 24 Milliarden Euro abgeschmolzen wurden, und zum anderen um das Gesundheitsministerium, bei dem über 4 Milliarden Euro abgeschmolzen wurden. Das ist eine vorzeigbare Bilanz von Schwarz-Gelb. Respekt!: 28 Milliarden Euro ausschließlich in den Bereichen Arbeit, Soziales und Gesundheit - und zwar nur dort - gespart.

Der Gesundheitsbereich ist ein Bereich, auf den alle Bevölkerungsschichten angewiesen sind. Aus diesem Grund sind viele auch bereit, dafür viel Geld zu zahlen. Deshalb ist es von außerordentlicher Bedeutung, dass die Bürgerinnen und Bürger großes Vertrauen in das Gesundheitssystem haben. Finanziert wird alles aus drei Säulen: den Krankenkassenbeiträgen, den steuerlichen Zuschüssen und den Zuzahlungen der Patientinnen und Patienten.

(Otto Fricke (FDP): Aber nur für manche!)

Bei Säule drei, den Zuzahlungen der Patientinnen und Patienten, hat sich erfreulicherweise etwas getan. Die nicht gerade populäre Praxisgebühr ist nun endlich abgeschafft worden. Das hätte man im Übrigen, liebe Kolleginnen und Kollegen, schon viel früher haben können. Meine Fraktion hat jährlich Anträge dazu gestellt. Allerdings freuen wir uns, dass das Plenum unseren Vorschlägen nun einstimmig gefolgt ist.

(Beifall bei der LINKEN Heinz Lanfermann (FDP): Trittbrettfahrer!)

Auch bei der zweiten Finanzierungssäule, den Bundeszuschüssen aus Steuergeldern, tut sich etwas. Angesichts der Rücklagen des Gesundheitsfonds und der Krankenkassen reduziert der Bund seine Zuzahlungen für das nächste Jahr um 2,5 Milliarden Euro. Das bedeutet also weitere Kürzungen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, hat natürlich nichts mit mehr Netto vom Brutto zu tun. Die Patientinnen und Patienten haben davon erst einmal überhaupt nichts. Besser wäre es gewesen, unseren Vorschlägen zu folgen und weitere Entlastungen einzuführen bzw. weitere Zuzahlungen zu streichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der dritten Säule, den Beitragssätzen, tut sich derzeit nichts.

Die Bürgerinnen und Bürger müssen also weiterhin dreimal für das Gesundheitswesen zahlen und darauf vertrauen, dass mit ihren Geldern sorgsam umgegangen wird. Bei der Frage des ordnungsgemäßen Umgangs mit den Geldern hilft uns der Bundesrechnungshof mit seinen regelmäßigen Prüfungen. Leider sind die Prüfungsergebnisse aber nicht immer erfreulich. So hat der Bundesrechnungshof schon im letzten Jahr unter der Überschrift „Millionenverluste bei Krankenkassen durch hohe Mieten und nicht benötigte Büroflächen“ darüber berichtet, dass Krankenkassen unwirtschaftliche Mietverträge abgeschlossen haben. Da wurden ganze Bürogebäude - mehr Fläche, als man benötigte - die zum Teil noch nicht einmal errichtet gewesen sind, zu einem überhöhten Mietzins ohne Ausstiegsoption, also ohne Kündigungsklausel, angemietet.

(Otto Fricke (FDP): So sind die gesetzlichen Krankenversicherungen!)

Wir kommen gleich noch dazu, Herr Kollege. Die Untervermietung führte zu niedrigeren Einnahmen und zu Verlusten bei den Krankenkassen. Das trägt nicht unbedingt dazu bei, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in unser Gesundheitssystem zu stärken.

(Otto Fricke (FDP): Und wer hat es zu verantworten? Die Kassen!)

Nun habe ich dieses Thema letztes Jahr schon einmal angesprochen und während der diesjährigen Haushaltsverhandlungen auch den aktuellen Stand abgefragt. Der Bundesrechnungshof hat eindeutig vorgeschlagen, dass die Mietverträge vor Abschluss den Aufsichtsbehörden vorzulegen sind und dass dafür auch die gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden müssen. Der Rechnungsprüfungsausschuss hat sich dieser Forderung angenommen und eindeutige Beschlüsse dazu gefasst, allerdings nicht so die Bundesregierung und das FDP-geführte Ministerium. Im Berichterstattergespräch wurde mir nämlich auf Nachfrage gesagt, es sei zu viel Aufwand, von allen 146 Krankenkassen die Mietverträge zu genehmigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich darauf hinweisen darf: Jedes Quartal werden bei allen 4,5 Millionen ALG-II-Empfängerinnen und Empfängern der Bedarf und auch die Mietverträge kontrolliert. Angesichts dessen kann es doch nicht zu viel verlangt sein, lediglich bei neu abgeschlossenen Mietverträgen bei 146 Krankenkassen eine Kontrolle vorzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN Heinz Lanfermann (FDP): Das scheint ja der Dreh- und Angelpunkt der Gesundheitspolitik zu sein!)

Es interessiert Haushälter, wenn mit Beitragszahlungen unverantwortlich umgegangen wird.

Ich bin auch der Meinung, dass die Verantwortlichen in den Krankenkassen zur Rechenschaft gezogen werden müssen, weil sie dem Ansehen der Krankenkassen Schaden zugefügt haben.
Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in das Gesundheitssystem und damit die Bereitschaft, für das Gesundheitssystem zu zahlen, sind nur dann stabil, wenn alle wissen, dass mit den Geldern fair und gerecht umgegangen wird. Das heißt, dass die Krankenkassen sorgsam mit den Geldern umgehen müssen und der Bund die Patientinnen und Patienten entlasten muss, wenn ausreichende Rücklagen vorhanden sind. Beides ist bisher nicht gewährleistet. Unter anderem diese Versäumnisse führen dazu, dass wir diesem Haushaltsentwurf nicht zustimmen können.
Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN]