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Einmalzahlungen in Hartz IV reichen nicht: Erhöhung des Regelsatzes auf 687 Euro!

Rede von Jessica Tatti,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erinnern Sie sich noch? Vor ziemlich genau einem Jahr wurde hier schon mal eine Coronasonderzahlung für Hartz-IV-Empfänger beschlossen, damals noch von der Großen Koalition, damals in Höhe von 150 Euro für ein halbes Jahr. Damals haben die Grünen das gemeinsam mit der Linksfraktion lautstark als viel zu niedrig kritisiert, was völlig richtig war. Jetzt bringt die Ampel eine Vorlage für einen noch mickrigeren Zuschuss ein: 100 Euro für einen Zeitraum von 18 Monaten, für alle Masken, Schnelltests, Hygieneartikel seit dem letzten Sommer. Also, ich finde, das ist oberpeinlich.

(Beifall bei der LINKEN)

Dann wollen Sie weitere 100 Euro wegen der Inflation aufgrund der krassen Preissteigerungen bei Lebensmitteln und bei Energie drauflegen. Das klingt gut, aber die spannende Frage dabei ist: Wie kommen Sie eigentlich auf diesen Betrag?

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Ja, das würde mich auch mal interessieren! – Gegenruf des Abg. Kai Whittaker [CDU/CSU]: Das glaube ich!)

Denken Sie sich da einfach: „Ach, über 100 Euro, da wird sich schon jeder freuen“? Also, das geht doch so nicht.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sind doch verfassungsrechtlich verpflichtet, die Existenz der Leute abzusichern, während einer Pandemie genauso wie während einer hohen Inflation.

Ich fasse das mal zusammen: Im Januar wurde der Regelsatz um lächerliche 3 Euro erhöht. Wenn ich Ihre geplanten 100 Euro aufs Jahr dazurechne, sind das weitere 8,33 Euro, also zusammen ein Plus von 2,5 Prozent. Sie kennen die Inflationsrate: über 7 Prozent. Das heißt, Ihr Zuschlag gleicht noch nicht mal den Kaufkraftverlust der Leute aus, die sich gerade überlegen müssen: Mache ich meinen Wocheneinkauf oder bezahle ich meine Stromrechnung? Sie lassen die Leute hängen, Millionen Menschen, die unsere Unterstützung gerade am meisten brauchen, und das wird Die Linke so nicht mitmachen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie müssen sich mal ehrlich machen: Sie kommen mit Einmalzahlungen nicht mehr weiter. Mit einem Pflästerchen können Sie keine klaffende Wunde versorgen. Nein, das Grundproblem ist der kleingerechnete Regelsatz. Sie schummeln seit über 15 Jahren bei der Berechnung. Schon in ganz normalen Zeiten reicht der Hartz‑IV-Satz vorne und hinten nicht. Rechnen Sie mal ehrlich –

(Beifall bei der LINKEN)

die empirischen Zahlen haben Sie –, und dann ergibt sich auch ein deutlich höherer Regelsatz.

Nicht nur Die Linke, auch die Wohlfahrtsverbände, auch die Wissenschaft rechnen Ihnen das seit Jahren vor. Mittlerweile schreiben Ihnen sogar Jobcenter, dass der Druck im Kessel zu hoch wird und dass die Leute wirklich handfeste Probleme bekommen. Wir haben ehrlich nachgerechnet, und zwar mit Ihrem eigenen Modell, mit dem Modell der Bundesregierung. Die Leute brauchen 687 Euro plus Strom, plus weiße Ware, und damit kann dann auch die Inflation abgefangen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Leute können nicht mehr auf die Umsetzung Ihrer zweifelhaften Versprechen, dass mit dem Bürgergeld bald alles besser wird, warten. Die Probleme sind jetzt da, die Leute haben jetzt finanziellen Druck, und Sie als Bundesregierung haben die Pflicht, jetzt zu handeln.

(Beifall bei der LINKEN)

687 Euro Regelsatz, das ist der Respekt, den die Menschen verdienen, und, Minister Heil, das ist auch der Respekt, von dem Sie hier die ganze Zeit daherreden. Fangen Sie endlich damit an!

(Beifall bei der LINKEN)