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Eine sichere Energieversorgung muss sozial gerecht undökologisch verträglich sein

Rede von Hans-Kurt Hill,

Hans-Kurz Hill zum Antrag der Grünen zur Energieversorgung im 21. Jahrhundert: Trotz der Erfolge, wie dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz, haben die Grünen Wesentliches verschlafen. Die Importabhängigkeit bei Gas und Öl nimmt zu. Die Energielobby baut weiter Kohlekraftwerke und die Verbraucher zahlen die Zeche des Strom- und Gas-Kartells. Mehr Atomkraft ist mit den LINKEN nicht zu machen. Nur mit Erneuerbare Energien und Energieeffizienz ist eine bezahlbare und umweltverträgliche Energieversorgung zu machen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine sichere Energieversorgung muss sozial gerecht und ökologisch verträglich sein. Zurzeit ist sie weder das eine noch das andere. (Beifall bei der LINKEN) Den Antrag der Fraktion der Grünen zur Energieversorgung bezeichne ich als Rundumschlag: von allem ein bisschen. Trotzdem begrüßen wir diesen Antrag durchaus. Ich muss Ihnen jedoch vorhalten, dass Sie in den letzten sieben Jahren der Regierung Wesentliches verschlafen haben. Die fatale Abhängigkeit von Energieimporten steht nicht erst seit diesem „russischen Winter“ in der Kritik. Wir halten an unserer bisherigen Forderung fest: konsequenter Umstieg insbesondere auf heimische erneuerbare Ressourcen und Steigerung der Energieeffizienz. Aber Sie, werte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, „Koch-en“ lieber weiter Ihre giftige Atomsuppe. Dabei ist bei der Atomlobby Geldgier das einzige Motiv dafür, auf Kosten der Menschen und der Umwelt Laufzeitverlängerungen durchzusetzen. (Beifall bei der LINKEN) Tatsache ist, dass ein Reaktor bei einer Laufzeitverlängerung um ein Jahr 300 Millionen Euro Reingewinn bringt. Wir wissen natürlich nicht, was zum Beispiel Herr Koch in der Zukunft noch vorhat. Er hat leuchtende, ja strahlende Beispiele. Aber ich sage Ihnen ganz offen, werte Kolleginnen und Kollegen: Wer weiter Atomkraft fordert, hat nach unserer Meinung kein Verantwortungsbewusstsein. (Beifall bei der LINKEN) Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, sind für den Importanstieg bei den Energieträgern ebenso verantwortlich. So baut Herr Schröder eine neue Gasautobahn. Es bleibt abzuwarten, ob bei Minister Gabriel den Ankündigungen auch tatsächlich Taten folgen. Auf jeden Fall hat das Energiekartell Zeit, munter den Status quo zu zementieren. (Ulrich Kelber [SPD]: War das der Angriff auf uns? Der war aber schwach!) Der Umbau der Kraftwerksparks ist, wie Sie wissen, in vollem Gange. Die Energieversorger planen und bauen neue Erdgaskraftwerke und im größeren Umfang Stein- und Braunkohleblöcke. Der geplante Anteil an erneuerbaren Energien liegt bei unter 1 Prozent, und das nur, weil der Emissionshandel nicht konsequent angewandt wird. Die CO2-Zertifkate werden beim Neubau von Kraftwerken als Persilscheine für alte Technik verteilt. Dabei geht der Missbrauch im Emissionshandel zulasten der Verbraucherinnen und Verbraucher. Auf deren Stromrechnung hat das Ganze nun wirklich nichts zu suchen! (Beifall bei der LINKEN) Aber ich will das Erreichte gar nicht kleinreden. Das EEG ist ein Erfolgsmodell, mit Brief und Siegel der EU-Kommission. Die Branche der erneuerbaren Energien ist nicht untätig gewesen, wie Sie auch heute der Presse entnehmen können. Sie plant allein in diesem Jahr den Ausbau von 1.500 Megawatt Windleistung. Das ist die Größenordnung von zwei Atomkraftwerken. Bis 2020 will die Branche 200 Milliarden Euro investieren und wird damit eine halbe Million Arbeitsplätze schaffen. Da spielt die Musik, meine Damen und meine Herren! (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Energieeffizienz ist in Zukunft der wichtigste Baustein - das wird in dem Antrag ganz richtig betont -, aber wir brauchen dazu auch wirksame Instrumente. So müssen zum Beispiel auch Energieverbrauchskennzeichnungen von Haushaltsgeräten kontrolliert werden. Es gibt Bundesländer, die acht Jahre nach Einführung des Labels immer noch keine Behörden für den Vollzug benannt haben. Das ist mir unbegreiflich. (Beifall bei der LINKEN) Ein schlimmes Beispiel ist das Land, aus dem ich komme, das Saarland. Dort erwartet man, dass der Bund den Vollzug regelt. Wenn ich dafür Noten vergeben müsste, würde ich sagen: Föderalismusreform: Eins, aber Ordnungsrecht: Sechs und setzen! (Beifall bei der LINKEN) Ein weiteres Thema, das CO2-Gebäudesanierungsprogramm. So wie Sie das planen, meine Damen und Herren von der Regierung, greift das ins Leere. Sie verteilen mit der Gießkanne und wollen Maßnahmen fördern, die ohnehin vorgeschrieben sind. Dabei muss Ihnen doch klar sein, dass Entwicklungen wie die Passivhaustechnik, die 90 Prozent der Wärmeenergie einspart, dann einfach auf der Strecke bleiben. Ich möchte Ihnen vorschlagen, die Förderung nach dem Einspareffekt zu bemessen und den Geldtopf besser auszustatten. Herr Minister Steinbrück sollte die 1,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen, die er über die hohen Energiepreise erhalten hat, dafür herausrücken. (Beifall bei der LINKEN) Oder will man einen Teil des Bundeshaushalts über die Preistreiberei auf dem Energiemarkt - wiederum zulasten der Verbraucher - sanieren? Zum Schluss werde ich noch kurz auf den Antrag zu den Biokraftstoffen eingehen. Die Steuerbefreiung reiner Biokraftstoffe muss beibehalten werden. (Beifall bei der LINKEN) Das machen die höheren Aufwendungen, zum Beispiel bei der Herstellung, beim Vorhalten der Tankanlagen und bei der Umrüstung der Motoren, notwendig. Außerdem ist das für die Förderung der Wirtschaft im ländlichen Raum unverzichtbar. Die Mitnahmeeffekte bei Biodiesel sind zwar aus Sicht der Hersteller begrüßenswert, aber da müssen wir natürlich aufpassen. Dass der Biosprit auf dem Markt so erfolgreich ist, darf nicht dazu führen, dass die Branche für das Stopfen des Haushaltslochs herhalten muss. Ich würde empfehlen, dass wir den Biodiesel behutsam an eine Besteuerung heranführen. Der Beimischzwang macht nur Sinn als zusätzlicher Baustein. Voraussetzung ist hier, wie gesagt, dass die reinen Biokraftstoffe wie Pflanzenöl über verlässliche Zeiträume befreit bleiben. Lassen Sie mich schließen mit einem Zitat von Thomas Nordmann und Christian Schmidt aus dem Buch „Im Prinzip Sonne“: Die Sonne scheint, als erste und letzte Energie. Sie verströmte ihre Kraft, bevor die Vegetation vergangener Zeiten zu Öl verfaulte, bevor der Mensch lernte, wie sich Uran spalten lässt, und sie wird noch da sein, wenn es all diese Energien dank Ein¬sicht nicht mehr geben wird. Vielen Dank. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner: Herr Kollege Hill, ich gratuliere Ihnen recht herzlich zu Ihrer ersten Rede hier in diesem Hohen Hause. Ich bin überzeugt, Sie werden das auch in Zukunft ohne de¬monstrative Unterstützung Ihrer Fraktion schaffen. Alles Gute! (Beifall) 17. Februar 2006 Gorleben ist als Atommüll-Endlager mit der LINKEN nicht zu machen Hans-Kurz Hill zum Antrag der FDP zu offen Fragen zur Entsorgung radioaktiver Abfälle: Der Antrag der Liberalen ist der durchsichtige Versuch, Gorleben und Schacht Konrad durchzudrücken. Der sofortige Atomausstieg ist Voraussetzung für eine seriöse und standortunabhängige Endlagersuche. Gorleben ist mit der LINKEN nicht machbar. Bei Schacht Konrad setzt die FDP auf die Beschneidung der demokratischen Rechte der betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müssten wir der FDP dankbar sein. (Markus Löning (FDP): Jawohl! Gute Idee!) Mit Ihrem Antrag stellen Sie völlig zu Recht fest, dass ein gefährliches Problem auf Halde liegt. Nach sieben Jahren grüner Ankündigungspolitik gibt es noch immer keine Lösung für die Unmengen giftigen Strahlenmülls. (Beifall bei der FDP) Das muss man sich einmal bewusst machen: Dieses Land betreibt atomare Anlagen ohne funktionierendes Entsorgungskonzept. Das Problem lagert in den Schubladen. Dabei reden wir hier wirklich nicht über Altpapier. Der Antrag der FDP zerfällt aber dennoch in seine widersprüchlichen Einzelteile. Um es noch einmal deutlich zu machen: Voraussetzung für die Endlagersuche ist der Atomausstieg. Die Linke verlangt einen schnellstmöglichen Betriebsstopp der Atommeiler. (Beifall bei der LINKEN) Es ist unverantwortlich, auch nur ein Gramm Strahlenmüll zu erzeugen, ohne eine sichere Entsorgung vorzuweisen. Verantwortungslos, werte Liberale, ist der Betrieb der Kernkraftwerke: Sie sind nach wie vor technisch nicht beherrschbar, der Beitrag zum internationalen Klimaschutz ist gleich null und die Importabhängigkeit beim Uran beträgt 100 Prozent. Im Übrigen: Wer Gorleben als Endlageroption ansieht, lässt jede Verantwortung gegenüber den Menschen im Wendland vermissen. (Beifall bei der LINKEN) Wir wissen alle, dass die Entscheidung für den Salzstock vor fast 30 Jahren aus rein willkürlichen politischen Gründen getroffen worden ist. Die damalige Zonenrandlage zur DDR war Ihnen von der CDU/CSU Argument genug. Man rechnete mit wenig Widerstand der betroffenen Menschen. Doch diese Rechnung ist nicht aufgegangen. (Beifall bei der LINKEN - Dr. Maria Flachsbarth (CDU/CSU): Das zeugt doch von profunder Unkenntnis!) Aktuelle Gutachten zeigen, dass Salzstöcke keinerlei Vorteile gegenüber anderen Gesteinen aufweisen. Gorleben erfüllt nicht einmal die fachlichen Mindestvoraussetzungen. Mindestens 1,3 Milliarden Euro wurden in Gorleben bereits verbuddelt. Wie viel Geld wollen Sie denn noch dafür ausgeben, um immer wieder festzustellen, dass Gorleben nicht geeignet ist? Das ist und bleibt verantwortungslos. (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)) Muss jetzt, nur weil wir da angefangen haben, alles nach Gorleben? Das darf nicht die Prämisse sein. Ein seriöses Suchverfahren muss folgende Punkt erfüllen: Festhalten am Erkundungsstopp in Gorleben, Suche nicht nach dem besten, sondern dem geeignetsten Standort, umfassende öffentliche Beteiligung darauf haben die Menschen nämlich einen Anspruch , volle Kostenübernahme für Suche, Bau und Betrieb durch die Atomkraftbetreiber. (Beifall bei der LINKEN) Jetzt noch ein Wort zum Schacht Konrad. Frau Dr. Flachsbarth ist eben darauf eingegangen. Obwohl das zuständige OLG den Planfeststellungsbeschluss erst am 28. Februar prüft, verlangen Sie, dass bereits heute, nach Abweisung in der ersten Instanz, Schacht Konrad in Betrieb geht. Wenn das Ihre Rechtsauffassung ist, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, dann sage ich Ihnen: Ihnen sind die Männer, Frauen und Kinder, die dort leben müssen, egal. Wenn Sie, wie in Ihrem Antrag beschrieben, Transparenz schaffen wollen, wenn Sie für Vertrauensbildung in der Öffentlichkeit sind, dann müssen Sie auch gerechte und umfassende Beteiligungsrechte für die betroffenen Bürger und Bürgerinnen unterstützen. Aber das wollen Sie wohl nicht. (Beifall bei der LINKEN) Ihre Vorlage, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen von der FDP, ist nichts anderes als der plumpe Versuch, Gorleben und Schacht Konrad durchzudrücken. Das geht auf Kosten der Frauen, Männer und Kinder, die dort leben. Das ist ebenfalls verantwortungslos. (Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Angelika Brunkhorst (FDP): Wo wollen Sie das machen?) Es grenzt schon an politische Selbstüberschätzung, wenn Sie nach dem Sachstand in Gorleben glauben, der Fachwelt ein funktionierendes System vorstellen zu können. Ich sage Ihnen: Sowohl in Gorleben als auch am Schacht Konrad ist nur das Versagen des Atomzeitalters zu besichtigen. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der LINKEN - Markus Löning (FDP): Sie machen das bei sich im Wohnzimmer oder wo wollen Sie das endlagern?)