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Ein Kita-Krippengipfel ist dringend nötig

Rede von Diana Golze,

Sehr geehrte Damen und Herren,

seit Jahren geistert das Wort „Wahlfreiheit“ umher, wenn das Thema Kindertagesbetreuung auf der Tagesordnung steht. Für einen Teil dieser „Wahlfreiheit“ hat sich die Bundesregierung über Monate hinweg eine Schlammschlacht geliefert und vorbei an der mehrheitlichen Meinung in der Bevölkerung, der Fachwelt und entgegen des derzeitigen Standes der frühkindlichen Forschung eine Kitafernhalteprämie beschlossen. Milliarden wurden in die Hand genommen und Lieblingsprojekte einzelner Kabinettsmitglieder zur Verhandlungsmasse gemacht, nur um zu erhalten, was kaum noch jemand möchte: ein Familienbild, dass Kindererziehung zur Privatsache macht und die öffentliche Verantwortung hierfür auf die Zahlung eines Taschengeldes reduziert.

Die Rede ist natürlich von der hitzigen Debatte um die Einführung des Betreuungsgeldes – der Leistung, die für die größte Mogelpackung in Sachen moderner Familienpolitik steht. Seit Jahren umstritten und trotzdem mit einer Verbissenheit umgesetzt, die man sich auch bei der anderen Seite dieser „Wahlfreiheit“ – der Kinderbetreuung in öffentlicher Verantwortung - immer noch nur wünschen kann. Hier treibt das Engagement der Bundesregierung indes andere Blüten. Neue Unwörter wie „Kita- Platz- Sharing“ und „Erzieheraustausch“ machen klar, in welchem Dilemma wir in Sachen Kindertagesbetreuung bis heute stecken. Alte Vorurteile halten sich beharrlich und wo sie nicht mehr zu halten sind, werden sie mit Kampfreden einer ansonsten schweigenden Ministerin Schröder kleingeredet. Statt endlich das zu tun, was ihr eigentlicher Job ist, wird immer und immer wieder der gleiche Sprechzettel hervorgeholt. Nämlich, dass der Bund seinen Beitrag in Form des einmal zur Verfügung gestellten Sondervermögens für den Kita-Ausbau bereits geleistet hat, dass nun alle anderen dran seien in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung. Ich sage Ihnen, Frau Ministerin: Das Maß an Ignoranz der Verantwortung des Bundes ist voll. Seit Jahren wird das viel zu schleppend verlaufende Ausbautempo schöngeredet, das Fehlen einer Bedarfsplanung ist an der Tagesordnung und an den daraus resultierenden falschen Ausbauzielen wird festgehalten.

Hilferufe der kommunalen Spitzenverbände werden solange in die Schublade gelegt, bis man die Diskussion endlich da hat, wo man sie schon immer haben wollte: fern ab von einer Debatte um die Qualität von Kindertagesbetreuung, von dem bestehenden Fachkräftemangel und von den schwierigen Arbeitsbedingungen in der Kindertagespflege. Das, was uns nun erneut in Form eines Gesetzentwurfes vorgelegt wurde, überbietet jede bisher dagewesene Augenwischerei.

Die durch Ihren Vorschlag zu schaffenden 30.000 Plätze reichen nicht im Ansatz aus, um in die Nähe der 220.000 fehlenden Plätze zu kommen – von der Erfüllung eines Rechtsanspruches ganz zu schweigen.

Sie liefern auch diesmal keine Lösung dafür, dass trotz dieser Aufstockung und langfristiger Beteiligung des Bundes an den Gesamtkosten, der überwiegende Teil der dauerhaften Kosten an den Kommunen hängen bleibt.

Es kann nicht sein, dass die Erfüllung eines vom Bund geschaffenen Rechtsanspruches und damit der qualitative und quantitative Ausbau der Kinderbetreuung davon abhängen soll, wie voll oder wie leer die Kasse der jeweiligen Kommune ist.
Die LINKE bleibt darum bei ihrer Forderung nach einem Spitzentreffen zwischen den verantwortlichen Akteuren aus Bund, Ländern und Kommunen unter Beteiligung der wissenschaftlichen Fachwelt. Ein solcher Krippengipfel ist dringend nötig, um den tatsächlichen Stand des Betreuungsausbaus und des Ausbaubedarfes zu ermitteln und endlich ehrlich sofortige Maßnahmen zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu verabreden.

Wenn Sie, Frau Ministerin daraus auch noch ein regelmäßig tagendes Gremium mit dem Auftrag, die Umsetzung des Ausbaus zu begleiten und im Bedarfsfall umgehend notwendige Lösungsvorschläge zu erarbeiten, schaffen würden - dann können Sie auch wieder davon reden, dass der Bund seine Verantwortung wahrnimmt. So aber ist auch dieser Gesetzentwurf ein Tropfen auf den heißen Stein, der mit unnötig repressiven Fristen den Ländern und Kommunen einmal mehr die Pistole auf die Brust setzt - und damit für uns nicht zustimmungsfähig.

Vielen Dank!