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Ein anderer Umgang mit Cannabis ist überfällig

Rede von Monika Knoche,

Meine sehr geehrten Herren und Damen

Wenn neue Drogen in größerem Maßstab Verbreitung finden, kommt es immer wieder zu Aufwallungen in der Öffentlichkeit. Rufe nach einem Verbot werden laut. Das Beispiel „spice“ hat es gerade erst wieder gezeigt.

Aber auch für die KonsumentInnen von Cannabis ist die Zeit der Diskriminierung nicht vorbei. Die Kriminalisierung des Anbaus von Cannabis und die Praxis des Führerscheinentzugs beim Nachweis des Wirkstoffs THC sind nur zwei Beispiele.
Natürlich trägt eine realistische und rationale Betrachtung viel dazu bei, dass ein aufgeklärterer Blick entsteht. Wenn zirka 4 Millionen BundesbürgerInnen schon einmal Cannabis gebraucht haben, dann weist das auf die prinzipielle Unmöglichkeit hin, ein drogenfreies Leben zu postulieren und abweichendes Verhalten zu kriminalisieren.

Zumindest kann das so für das allgemeine Bewusstsein gesagt werden. Abgesehen von den ernst zu nehmenden Gefährdungen, die individuell im Konsum von Cannabis liegen können, z.B. als Auslöser psychischer Krankheitsbilder, sind gerade auch höchstrichterliche Urteile in Deutschland ergangen, nach denen Cannabisgebrauch für medizinische Zwecke nicht mehr als Straftat betrachtet werden kann. Sogar der Deutsche Bundestag muss mittlerweile zugestehen - wie sich auf einer Fachanhörung im Gesundheitsausschuss gerade erst zeigte - dass Cannabis als verschreibungsfähige Arznei zugelassen werden sollte.

Längst ist Cannabis keine kulturfremde Droge mehr. Ähnlich wie Alkohol und Nikotin ist sein Gebrauch relativ üblich. Dennoch existieren hohe Strafrechtsnormen, die in keinem Verhältnis stehen zu Allgemeingefährdung oder Fremdgefährdung respektive Eingriffe in Rechtsgüter anderer die durch den Gebrauch entständen.

Es sind nichts weiter als Schikanen, die der Gesetzgeber den Cannabiskonsumenten auferlegt, und dazu ist der Bundestag meiner festen Auffassung nach nicht berechtigt.
Darüber hinaus wird das postulierte Präventionsziel durch eine Fokussierung auf das Strafrecht erkennbar nicht erreicht. Höchst zweifelhaft ist darüber hinaus, ob es dem Gesetzgeber überhaupt zusteht, ein gegebenenfalls selbstschädigendes Verhalten unter Strafandrohung zügeln zu wollen.

All diese hier von mir umrissenen Überlegungen sind alles andere als neu. Seit etwa 10 bis 15 Jahren sind hier im Deutschen Bundestag die drogenpolitischen Argumente ausgetauscht und dennoch ist bislang keine Regierung dem Beispiel anderer Staaten gefolgt. Nicht einmal den Eigenanbau und Besitz zum Eigenverbrauch ist aus dem Kriminalitätskatalog gestrichen worden.

Das sage ich ausdrücklich zu den AntragsstellerInnen. Die Grünen haben während ihrer relativ langen Regierungszeit von sieben Jahren nichts, aber auch gar nichts, getan, um eine Entkriminalisierung voranzutreiben. Ich war damals drogenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag und kann bezeugen: In der Regierungsverantwortung sind die Grünen kleinbürgerlich, kleinlaut und hasenfüßig gewesen.
Jetzt in der Opposition ist es für sie wieder attraktiv, sich als dynamische, unangepasste Szene- und Klientelpartei darzustellen. Ich unterstelle Ihnen Lauterkeit in ihrem Antragsbegehren und halte nahezu alle Forderungen für richtig. Dennoch möchte ich sagen:

Keine ihrer früheren MinisterInnen, auch nicht Frau Künast als Verbraucherministerin, hat eine Initiative ergriffen, um die Voraussetzungen im Betäubungsmittelgesetz zu schaffen und eine Entkriminalisierung durchzusetzen.
Wie viel Glaubwürdigkeit soll ich also dieser Initiative heute beimessen? Ich sehe die Notwendigkeit, dass das völkerrechtliche Verträgekorsett gelockert wird. In ihrem Antrag wird dieser ganz wesentliche Rechtsrahmen benannt. Ohne eine Aufhebung des Konzeptes des internationalen „war on drugs“ kann es keine echten Legalisierungen geben. Das ist in der Sache vollkommen richtig. Zumindest aber sind Regelungen wie in den Niederlanden realisierbar.
Für die Linke stelle ich fest:

Die Kriminalisierung des Drogenkonsums ist nicht zu rechtfertigen. Präventionspolitisch ist die Kriminalisierung ein gescheiterter Weg. Wissenschaftlich belegt ist die medizinische Nutzung und therapeutische Wirkung von Cannabisprodukten.

Das Gesundheitsministerium verhindert einen rationalen, aufgeklärten und gesundheitspolitisch sinnvollen Umgang mit Cannabis. KonsumentInnen illegaler Drogen werden gegenüber KonsumentInnen legaler Drogen diskriminiert. Die Prohibition widerspricht dem Konzept mündiger BürgerInnen und ihrer Selbstbestimmungsrechte und zeichnet darüber hinaus ein Kriminalitätsbild in der Bevölkerung, das der Realität nicht entspricht. Die völkerrechtliche Ächtung von Cannabis ist ein weltweit gescheiterter Weg und hält die Drogenmafia am Leben.

Meiner Auffassung nach ist es allein der politische Wille der fehlt, um endlich Vernunft in die Drogenfragen einkehren zu lassen. Deshalb halte ich den vorliegenden Antrag für einen wichtigen Beitrag parlamentarisch endlich Mehrheiten zu finden.

Für nicht erforderlich allerdings halte ich den Vorschlag, ein Modellprojekt aufzulegen wie es im Antrag dargestellt wird. Bei der Heroinsubstitution war das der richtige Weg.
Beim Konsum auf Genussgründen - und dieses Recht hat eine jede und ein jeder - sehe ich für eine wissenschaftliche Studie keinen rechten Anlass. Präventionspolitischen Wissensgewinn kann ich im Moment nicht erkennen. Aber vielleicht werden wir in den weiteren Beratungen des Antrags mehr dazu hören können.