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Ehrenamt aufwerten und Freibeträge erhöhen

Rede von Kerstin Kassner,

Rede von Kerstin Kassner im Deutschen Bundestag zu den Anträgen "Flexible und sichere Rentenübergänge ermöglichen" (Drucksache 18/5212) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie "Kommunales Ehrenamt stärken – Anrechnung von Aufwandsentschädigungen auf die Rente neu ordnen" (Drucksache 18/5213) von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in erster Lesung.

Kerstin Kassner (DIE LINKE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Das Thema, das uns mit der Drucksache 18/5213 auf den Tisch gelegt wurde, geht uns alle an. In Zeiten knapper Kassen, namentlich in den Kommunen, wird immer mehr auf das Ehrenamt gesetzt. Vieles, was vorher von hauptamtlichen Mitarbeitern geregelt wurde, wird jetzt durch ehrenamtlich Engagierte ‑ Gott sei Dank haben wir sie ‑ erledigt. Es gibt aber Grenzen. Diese Grenzen gibt es immer im Zusammenspiel mit Menschen, mit Kindern. Es wird nicht nur guter Wille gebraucht, sondern auch Wissen und Können, insbesondere bei den kommunalen Mitstreitern, den kommunalen Ehrenämtern. Dort wird eine riesengroße Verantwortung wahrgenommen. Es geht nicht nur um eine sinnvolle Freizeitgestaltung.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben Verantwortung für Geld, aber in allererster Hinsicht für Menschen; denn die kommunalen Mitstreiter entscheiden über Stellenpläne und sorgen dafür, dass in den kommunalen Einrichtungen noch etwas läuft. Damit haben sie sehr viel zu tun.

Aus diesen Gründen ist es für mich unverständlich, dass es seit zehn Jahren ‑ nun noch einmal verlängert um zwei Jahre ‑ eine Übergangsfrist für Menschen gibt, die vorgezogene Altersrente oder Erwerbsunfähigkeitsrente bekommen und sich in den Kommunen engagieren. Viele, die die vorgezogene Altersrente oder die Erwerbsunfähigkeitsrente in Anspruch nehmen, machen das nicht freiwillig, sondern weil die Umstände sie dazu gezwungen haben. Für sie ist es sehr wichtig, dass sie eine Aufgabe haben, die sie ausfüllt und mit der sie etwas bewegen können. Viele sind einsam und bekommen durch das Ehrenamt Kontakte mit anderen; andere haben einfach Spaß am Ehrenamt, weil sie etwas befördern können. Ich glaube, das ist ein Riesengewinn für unsere Gesellschaft.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie sollten für ihre verantwortungsvolle Arbeit nicht mit einem Grundbetrag bestraft werden, den sie hinzuverdienen können, sondern das bekommen, was ihnen zusteht, wie jeder andere auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Ein weiterer Aspekt betrifft die Bezieher von Hilfen im Rahmen von SGB XII oder SGB II. Sie dürfen nur den Grundfreibetrag von 175 Euro behalten. Das ist einfach zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

In meiner Zeit als Landrätin und als Chefin vom Jobcenter standen Bürgerinnen und Bürger vor mir, die fragten, warum das so ist. Ich musste ihnen dann die Gesetzeslage erklären, und sie waren natürlich unzufrieden. Da ich heute hier stehe, kann ich nur an Sie appellieren, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU und SPD: Bitte ändern Sie etwas an dieser Situation! Die Menschen, die sich engagieren, haben das wirklich verdient.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist einfach unwürdig, wenn wir ihnen nicht das geben, was ihnen zusteht und was jeder andere bekommt. Ich weiß auch: Viele davon könnten sich sehr viel weniger engagieren, wenn ihnen diese Möglichkeit genommen würde. Ich glaube, wir gewinnen als Gesellschaft insgesamt ungeheuer dadurch, dass die Menschen bereit sind, sich zu engagieren. Das sollten wir entsprechend honorieren. So viel muss einfach drin sein.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der LINKEN)