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Durch Warnstreiks ÖD-Arbeitgeber beim Nachdenken helfen

Rede von Michael Schlecht,

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!

Um 6 Prozent sollen die Einkommen im öffentlichen Dienst steigen, so die Forderung der Gewerkschaften. Ich sage: Recht haben sie! Das ist eigentlich das Mindeste.


(Beifall bei der LINKEN)


In den Tarifverhandlungen haben die Arbeitgeber, unter anderem Innenminister de Maizière, eine Erhöhung von gerade einmal 0,6 Prozent angeboten. Rechnerisch ergibt sich das aus den drei Nullmonaten und dem 1 Prozent, das es erst ab 1. Juni geben soll. Das ist eigentlich gar kein Angebot, das ist eine Zumutung. Nein, das ist im Grunde genommen eine Unverschämtheit. Es ist eine Provokation, mit einem solchen Angebot aufzuwarten.


(Beifall bei der LINKEN)


Im Jahr 2017 sollen die Beschäftigten dann noch einmal 2 Prozent mehr erhalten, jedoch auch erst Mitte des Jahres, zum 1. Juni. Damit reduziert sich die Erhöhung auf das Jahr umgerechnet auf gerade einmal 1,2 Prozent. Auch das ist wirklich skandalös.


(Beifall bei der LINKEN)


Dann wollen die Arbeitgeber auch noch, dass die Eigenbeiträge der Beschäftigten zur betrieblichen Zusatzversorgung in Stufen um bis zu 0,4 Prozent erhöht werden. Ich finde es eigentlich pervers, eine Minierhöhung anzubieten und gleichzeitig höhere Belastungen der Beschäftigten zu fordern.
Verdi hat recht, wenn erklärt wird: Hände weg von unserer betrieblichen Altersversorgung, gerade in der heutigen Zeit,


(Beifall bei der LINKEN - Matthias W. Birkwald (DIE LINKE): Unbedingt!)


in der sogar von der CSU die Perspektiven der Rente problematisiert werden. Wenn ich Krankenpfleger oder Erzieher wäre oder wenn ich bei der Müllabfuhr arbeiten würde, wüsste ich ganz genau, was ich zu tun hätte: Streiken! Das ist aus meiner Sicht die einzige Antwort, die jetzt angezeigt ist. Ich finde es sehr begrüßenswert, dass Verdi jetzt zu Warnstreiks aufruft.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Vorstellungen der Arbeitgeber laufen letztendlich auf Reallohnverluste hinaus. Man kann nur staunen: So wenig wert ist ihnen die Arbeit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Das finde ich wirklich zynisch.


(Beifall bei der LINKEN)


Die Schieflage zwischen den Reallöhnen, die faktisch seit 2000 stagnieren, und den Gewinnen, die seit 2000 preisbereinigt um mehr als 30 Prozent gestiegen sind, wird immer größer. Seit dem Jahr 2000 wurde im öffentlichen Dienst der verteilungsneutrale Spielraum, der die gesamtwirtschaftliche Produktivität und die Inflation umfasst, nicht ausgeschöpft. Der Rückstand, der sich in den letzten 15 Jahren ergeben hat, liegt mittlerweile bei 6 Prozent. Von daher ist vollkommen klar: Eine 6-prozentige Erhöhung, wie sie jetzt von Verdi gefordert wird, ist genau richtig und würde endlich diese skandalöse Lücke schließen.


(Beifall bei der LINKEN)


Deshalb fordere ich die Bundesregierung und den Innenminister auf


(Dr. Thomas de Maizière (CDU/CSU): Hier!)


- es ist irritierend, dass Sie bei Ihrer Fraktion sitzen -, auf die Forderung der Gewerkschaften einzugehen und sie zu erfüllen. Das wäre das Mindeste. Dann gibt es auch keine Warnstreiks mehr.
(Beifall bei der LINKEN)


Auch im Vergleich mit der Industrie ist der öffentliche Dienst abgehängt. Die Lücke beträgt rund 10 Prozentpunkte. Ist denn die Dienstleistungsarbeit an Menschen, die Pflegearbeit uns so viel weniger wert als das Zusammenschrauben von Autos? Ich finde, da läuft etwas vollkommen schief in dieser Gesellschaft.


(Beifall bei der LINKEN)


Steigende Löhne im öffentlichen Dienst sind ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des privaten Konsums und damit der Binnennachfrage, und sie sind auch wichtig, um die Deflation zu bekämpfen. Herr de Maizière, die gleichen Politiker, die die EZB wegen der Nullzinspolitik schelten, sind jetzt dabei, eine Lohnerhöhung anzubieten, die absolut deflationär wirkt. Wenn Sie so weitermachen, dann hat die EZB nie eine Chance, aus ihrer Politik, die auch ich kritisch beurteile, herauszukommen. Es ist vollkommen abstrus, was Sie da hingelegt haben.


(Beifall bei der LINKEN)

Die Forderungen von Verdi kosten Bund und Kommunen etwa 6 Milliarden Euro. Angesichts eines Haushaltsüberschusses von 30 Milliarden Euro kann doch wirklich niemand behaupten, es sei kein Geld da. Um den Arbeitgebern beim Nachdenken zu helfen, kann ich jedenfalls den Beschäftigten nur empfehlen: Beteiligt euch massenhaft an den Warnstreiks, zu denen jetzt von den Gewerkschaften, von Verdi, aufgerufen wird!

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)