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Doris Achelwilm: TSG abschaffen!

Rede von Doris Achelwilm,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Transsexuellengesetz muss weg, und zwar schon lange. Es steht heute hier zur Debatte und zur möglichen Abwahl, was uns etliche Post von Bürgerinnen und Bürgern und ein sehr geteiltes Medienecho beschert. Es geht um viel. Das TSG, wie es kurz heißt, steht für jahrzehntelanges Leid, das Transpersonen von Staats wegen zugefügt wurde, weil offenbar nicht so wirklich sein darf, dass Menschen ein anderes Geschlecht haben als das bei Geburt zugewiesene. Es ist aber so, und es ist völlig okay so, und es ist zu respektieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das TSG schreibt mündigen Bürgerinnen und Bürgern, für die das gilt, stattdessen penetrante Gutachten und Gerichtsverfahren vor, um ganz genau zu testen, wie belastbar ihr Geschlechtsempfinden ist. Diese Pseudoprüfungen, die nichts stellvertretend klären können, sondern vielfach Schikane sind, kosten Geld und Zeit, die woanders besser investiert wären. Der Moment, das einzusehen und zu ändern, ist jetzt.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn das TSG nun wieder in die nächste Legislatur verschoben wird, blockiert die GroKo die Entlastung von Menschen, die anderen nichts wegnehmen, aber diskriminiert und bekämpft werden. Dann halten Sie an alten Geschlechtervorstellungen fest, die in vielen Lebensrealitäten, die laut Wissenschaft und nach Dafürhalten der Weltgesundheitsorganisation nicht mehr gelten. Damit betreiben sie praktisch Realitätsverweigerung.

(Beifall bei der LINKEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was passiert, wenn das TSG weg ist? Dazu ranken allerhand negative Mythen. Szenarien werden grotesk überzeichnet und – wir haben es heute gehört – Regelungen mutwillig missverstanden. Ich bin mir sicher: Ein gut gemachtes Selbstbestimmungsgesetz würde diese Sorgen in der Praxis schnell entkräften. Fakt ist auch, dass Menschen sich gemäß TSG in zurückliegenden Jahrzehnten ungewollt scheiden lassen oder eine Sterilisation vornehmen mussten, wenn sie ihr Geschlecht leben wollten. Wie viel Besorgnis gab es damals eigentlich zu diesen Vorgängen?

Nein.

(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So weit kommt es noch!)

Das Bundesverfassungsgericht war es, das die gröbsten Zumutungen 2008 und 2011 gestoppt hat, und es wäre eine richtige Reaktion gewesen, die Gesetzesruine TSG in der Folge politisch abzubauen und vergangene Fehler so gut es geht, zu heilen.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt der leidigen Gutachtenzwänge sollte aus unserer Sicht eine Vornamensänderung beim Standesamt als einfacher Verwaltungsvorgang möglich sein. Wir finden es falsch, dass Menschen nutzlose Prozeduren durchlaufen müssen, bis der Name in ihren Dokumenten zum Erscheinungsbild passt und bei Personenkontrollen keine Erklärungsnöte mehr drohen. Wir wollen, dass queere Menschen, dass trans- und nonbinäre Menschen gestärkt und unterstützt sind statt andauernd angreifbar, wie es aktuell die Situation ist.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Jens Brandenburg [Rhein-Neckar] [FDP])

Ich komme zum Schluss. Auch der Zugang zur Gesundheitsversorgung muss für Transpersonen besser geregelt sein. Wir müssen Bedarfe gesetzlich anerkennen, für die derzeit noch mühsame Antragsarien nötig sind. Einen Antrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung haben wir als Linke vorgelegt. Wir beantragen ebenfalls, dass die vergangenen Menschenrechtsverletzungen aufgearbeitet und die Opfer entschädigt werden. Schweden entschädigt in dieser Sache seit 2016. Auch in Deutschland ist es an der Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)