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Doris Achelwilm: Schneckentempo überwinden, Gleichstellung jetzt!

Rede von Doris Achelwilm,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Wann ist eigentlich der Frauentag erreicht, ab dem wir sagen können: „Glückwunsch! Was für eine Aufgabe, aber es ist geschafft!“?

Das Weltwirtschaftsforum hat berechnet: Nach aktuellem Schneckentempo dauert es noch rund 100 Jahre, bis die Gleichstellung von Frauen und Männern weltweit erreicht ist. So lange können und werden wir nicht warten; das ist ein Versprechen.

(Beifall bei der LINKEN)

Und die GroKo sollte es auch nicht, wenn 2020 noch das Jahr der Gleichstellung werden soll.

Das Entgeltgleichheitsgesetz, das wenig Wirksamkeit zeigt, muss jetzt nachgeschärft werden. Seit Beginn der Legislatur wird sich auf den Standpunkt zurückgezogen: Das ist der große Wurf gegen die Lohnlücke von 21 Prozent, wartet es ab! – Wenn dieses Gesetz aber nur in der Theorie funktioniert, hilft kein Warten, dann braucht es gegen Lohndiskriminierung das Verbandsklagerecht, damit Frauen bei der Durchsetzung ihrer Rechte nicht alleine dastehen, dann müssen mehr Betriebe verbindlicher in die Pflicht genommen werden. Dafür ist es jetzt an der Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Zudem führt gleichstellungspolitisch kein Weg daran vorbei, dass Fürsorgearbeit wie zum Beispiel die Altenpflege grundsätzlich besser bezahlt wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch ein Thema sollte das in dieser Legislaturperiode viel zu kurz kommende Ehegattensplitting sein. Mit seinem Effekt, dass es Frauen auf Zuverdienstrollen abonniert, muss es letztlich abgeschafft werden. Es braucht die geschlechtergerechte Verteilung unbezahlter Arbeit und freier Zeit. Die Verantwortung für die Erledigungen zu Hause ist eine Aufgabe für alle. Das sollten wir sehr viel stärker organisieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Leni Breymaier [SPD])

Von der Wirtschaft muss Gleichstellungspolitik deutlich mehr fordern als handverlesene einzelne Frauenplätze in DAX-Vorständen. In welcher Zeit leben wir? Es ist gut, wenn die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie sich verstärkt einer geschlechtergerechten Haushaltspolitik widmen will. Äußerst sinnvoll wäre außerdem, eine ordentliche Besteuerung privaten Reichtums in den Fokus zu nehmen. Finanzielles Vermögen aus Gründen ist nämlich eine absolute Männerdomäne, während Armut aus Gründen vor allem Frauen trifft. Gute Gleichstellungspolitik ist immer auch Armutsbekämpfung und mehr für alle.

(Beifall bei der LINKEN)

Letztes Jahr haben wir auf 100 Jahre Frauenwahlrecht zurückgeblickt und viel über die ungleiche Vertretung der Geschlechter in den Parlamenten gesprochen. Für ein paar Jubiläumswochen zeigte sich fraktionsübergreifend das Bewusstsein, dass 30 Prozent Frauen hier im Haus tatsächlich nicht die Hälfte sind und Ausgleichendes passieren muss. Bedauerlicherweise wurde diese Tür recht bald auch wieder zugemacht. Für ein Parité-Gesetz fehlt leider der Mut.

Herr Merz von der CDU – er ist schon angesprochen worden – hat das Drama dieser Tage auf seine Weise auf den Punkt gebracht. Als Vorschlag zur Güte sprach er sich gönnerhaft für eine Frauenquote in seiner Fraktion von 25 Prozent aus.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Zurück in die Zukunft!)

Die Hälfte der Hälfte, die Frauen zusteht, ist seiner Meinung nach gerade genug, ansonsten werden ja Männer diskriminiert. Was für eine traurige Perspektive!

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: 30 Jahre zurück!)

Dagegen werden wir auf jeden Fall angehen; das kann so nicht stehen bleiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Am 8. März demonstrieren wir als Linke mit lokalen Streikinitiativen weiter ums Ganze: dafür, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr im Strafgesetzbuch stehen, dafür, dass Alleinerziehende gesellschaftlich breit unterstützt werden. Zeit, Macht und Geld müssen endlich gerecht verteilt, Pflege und Fürsorge diskriminierungsfrei geregelt werden. Raus aus dem Schneckentempo! Es ist an der Zeit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)