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Doris Achelwilm: Neues Filmfördergesetz ist nicht mehr als ein fader Teaser

Rede von Doris Achelwilm,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Novelle des Filmförderungsgesetzes sollte ein größerer Wurf werden. Wegen der Umstände jetzt – es ist benannt worden – konnte nur etwas Bescheidenes daraus werden. Neu sind krisenbedingte Anpassungen wie etwa flexiblere Förderansätze und ein paar wenige Akzente zu Arbeitsbedingungen, Diversität, Nachhaltigkeit. Wir bedauern sehr, dass die umfassende Reform vertagt wurde; denn gerade jetzt braucht es große Linien und Hoffnungsschimmer für die Zukunft statt Notpflaster und zaghafte Details.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viele Filmschaffende und Kinos, eigentlich alle, sind seit 14 Monaten stark gebeutelt, können nicht mal planen. Wir sehen das und stellen entsprechend viele Anträge dazu. Die Pandemie hat die Branche tatsächlich stark ins Wanken gebracht und alte Handlungsbedarfe massiv verschärft. Die Koalition erklärt sich dazu so, dass das Gesetz ja nur der Trailer zu einem tollen Film ist, der dann in zwei Jahren starten soll. Selbst in einem solchen Trailer sollten aber Themen aufscheinen, die später in Szene gesetzt werden, und das ist viel zu wenig erkennbar.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Reformbedarf des Filmfördersystems ist bekannt. Sechs bis sieben Jahre kreist ein Drehbuch durch die Filmförderanstalten von Bund und Ländern. Diese zermürbenden Strukturen müssen verbessert werden. Auch in Sachen Geschlechtergerechtigkeit ist viel zu tun.

(Beifall bei der LINKEN)

Nur jeder fünfte Film wurde hierzulande in den vergangenen zehn Jahren von einer Regisseurin umgesetzt. Eine Kleine Anfrage von uns zeigte, dass Frauen in der Branche verstärkt auf niedrigen Gehaltsstufen verharren trotz höherer Qualifikation. Dieses Gleichstellungsdefizit setzt sich bei ungleich verteilten Fördermitteln, Gremienplätzen und an vielen Stellen fort, und das kann einfach nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Allgemein ist die Situation der Beschäftigten im Film ein soziales Wagnis. Tarifverträge und Arbeitsschutz spielen in der Filmbranche eine untergeordnete Rolle. Das ist nicht akzeptabel; schon gar nicht, wenn Steuergelder fließen. Die Novelle bleibt auch dieser Problematik gegenüber sehr verhalten. Es heißt, die Förderungsanstalt FFA solle in der Filmwirtschaft auf „Selbstverpflichtungen für bessere Arbeitsbedingungen“ hinwirken. Wie wir wissen, kommen wir mit Selbstverpflichtungen nicht weit. Deshalb ist es notwendig, dass Fördermittel an gute Lohn- und Arbeitsbedingungen, an Tarifverträge gekoppelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es braucht endlich gesetzliche Sozialstandards und einen existenzsichernden Unternehmer/-innenlohn für Soloselbstständige auch und gerade hier.

Organisierte Filmschaffende diskutieren seit Langem darüber, in welche Richtung eine Filmpolitik für das 21. Jahrhundert weisen kann. Diese Debatte muss hier vor Ort noch stärker gehört werden. Der jetzige Zustand ist nicht erhaltenswert. Die deutsche Kinobranche ächzt unter den Folgen der Pandemie, hat Einbußen von 70 Prozent, während das Privatvermögen von Amazon-Chef Bezos um 75 Milliarden Euro gewachsen ist. Letztes Jahr liebäugelte der Pandemiegewinner damit, die weltgrößte Kinokette aufzukaufen.

Angesichts der weiter drohenden Monopolbildungen und anderer Entwicklungen in der Film- und Kinobranche müssen wir uns grundlegende Fragen stellen: Welche Zukunft hat das Kino als Kulturort? Warum besteuern wir die großen Plattformen nicht endlich? Eine Sonderabgabe von Pandemieprofiteuren wie Netflix, Amazon und Co wäre angebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zum Schluss.

Mit diesem Geld könnten kommunale Kinos als demokratiestiftende Kulturorte etabliert und erhalten werden. Wir bleiben dran und setzen auf eine kommende Legislatur, die für die Kino- und Filmlandschaft die nötigen Perspektiven schafft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)