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Dobrindt nicht mehr als Ankündigungsminister!

Rede von Herbert Behrens,

Herbert Behrens (DIE LINKE):

Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Das, was eben vom Verkehrsminister dargestellt worden ist, ist genau das, was Kollege Claus vorhin benannt hatte: Die Produktion von Sprechblasen, Ankündigungen und anderen Dingen ersetzt das, was wir eigentlich in der Verkehrspolitik erwarten müssen, nämlich konkrete Antworten auf konkrete Herausforderungen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da bleiben Sie weit hinter dem zurück, was erforderlich ist, auch hinter ihren eigenen Ankündigungen. Ich finde, Ihre Politik ist gescheitert.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein Synonym oder ein Sinnbild für dieses Scheitern wurde schon genannt: Die Pkw-Maut, die zum 1. Januar 2016, also quasi in vier Wochen, eingeführt werden sollte, ist gescheitert, weil in Europa kein Platz für eine Ausländermaut ist. Auch sind Sie mit dem Ansatz gescheitert, wirklich zu einer Umverteilung des Verkehrs zu kommen - weg von der Straße, hin zu den umweltfreundlicheren Verkehrswegen, zu Schiene und Wasserstraße.

Wahrscheinlich haben wir den Augenblick verpasst, in dem die Chance bestanden hatte, zu einer Veränderung in der Verkehrspolitik zu kommen, nämlich zu dem Zeitpunkt, als CSU-Chef Seehofer dann doch sein Versprechen nicht wahrgemacht hat, seine drei Minister aus dem Kabinett herauszuziehen. Das war die letzte Chance, zu einer Umkehr in der Verkehrspolitik zu kommen. Das ist leider nicht passiert.

Wir werden uns also weiterhin mit Ihnen als Ankündigungsminister auseinandersetzen müssen, und das ist bitter - bitter auch deshalb, weil bei den Koalitionspartnern von der CDU und der SPD leider nur ein Zugucken festzustellen ist. Man lässt den Verkehrsminister gewähren, man fällt ihm nicht in den Arm. Aber Sie müssen das doch endlich stoppen, damit es nicht so weitergeht.

Dringend nötige verkehrspolitische Entscheidungen wie beispielsweise die Neubewertung der vielen, vielen Projekte, die im neuen Bundesverkehrswegeplan stehen, den wir nicht kennen, bleiben aus. Hier werden Entscheidungen getroffen, die möglicherweise nach Vorlage des Bundesverkehrswegeplans anders zu bewerten wären. Wie gehen Sie denn mit den Plänen um, ein wirklich zukunftsweisendes Verkehrsnetz aufzubauen, wenn Sie gar nicht wissen, auf welcher Grundlage wir uns bewegen? Das gilt ebenso für den Infrastrukturbericht. Es wäre doch sinnvoll, zu wissen: Wie sieht es denn eigentlich bei uns in der Republik aus? Was muss an welchen Stellen gemacht werden? Auch da gibt es nur Ankündigungen, ansonsten: Fehlanzeige. Das ist nicht hinnehmbar, das ist verantwortungslos, das ist keine Verkehrspolitik.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wäre eine kleine Chance, sich den Änderungs- und Entschließungsanträgen zuzuwenden. Damit besteht zumindest die Möglichkeit, zu sagen: Wir steuern um. - Sie können beispielsweise unserem Antrag und auch dem der Grünen folgen, und die 11,2 Millionen Euro, die immer noch in eine wahrscheinlich nicht kommende Pkw-Maut investiert werden - in Personal, in Gutachten -, einfach streichen.

(Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die wird sicher nicht kommen!)

Das Geld könnte man sicherlich besser nutzen, um Leute zu unterstützen, die sich intensiv ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagieren.

Diese Politik des Bundesverkehrsministers darf nicht fortgesetzt werden. Wir brauchen ein handlungsfähiges Verkehrsministerium, zum Beispiel, um den großangelegten Betrug bei den Abgaswerten aufzuarbeiten. Eine Untersuchungskommission wurde eingerichtet. Ergebnisse der Untersuchungskommission: Fehlanzeige.

(Matthias Gastel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die gibt es vielleicht gar nicht!)

All das, was hier auf den Tisch gebracht worden ist - dass nicht nur die USA betroffen sind, sondern auch der europäische Markt betroffen ist, dass nicht nur bei Stickoxiden manipuliert worden ist, sondern auch bei Abgaswerten, beim CO2-Ausstoß getäuscht worden ist, dass der VW-Konzern nicht isoliert so vorgegangen ist, sondern auch andere Automobilfirmen dabei waren -, wurde nicht von der Untersuchungskommission herausgefunden, sondern beruhte auf Geständnissen in der Öffentlichkeit oder wurde durch Untersuchungen von Initiativen zutage gebracht. Bei Ihnen absolute Fehlanzeige. Sie sind Ihren Aufgaben nicht gerecht geworden. Auch da sind Sie massiv gescheitert. Diese Bilanz ist ein extremer Gegensatz zu dem, was wir eben gehört haben.

Investitionshochlauf ‑ diesen Begriff mag niemand mehr hören,

(Zuruf von der CDU/CSU: Weil er stimmt!)

weil er ein Euphemismus ist. Dasselbe gilt für „Investitionsoffensive“ oder die These, dass wir uns mit Mehrausgaben eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur gönnen wollen. All das findet nicht statt, es sind lediglich Ankündigungen.

Schauen wir uns die Ausgaben an, stellen wir Folgendes fest: 5,7 Milliarden Euro sind für Investitionen vorgesehen, 2,9 Milliarden Euro davon für den Erhalt. Wo bleibt denn die auch von Ihnen geforderte Priorisierung, mehr in den Erhalt als in den Neubau zu stecken? Das sind nicht einmal die 65 Prozent, die Sie in Ihrem Entschließungsantrag gefordert haben. Auch da bleiben Sie weit hinter dem zurück, was Sie angekündigt hatten.

Aber selbst diese 50 Prozent sind nicht sicher. Da ist ein Blick in den Verkehrshaushalt 2014 ganz hilfreich, anhand dessen wir festgestellt haben, dass beim Haushaltsvollzug massiv Fehler gemacht worden sind. Sie haben Ihr Ministerium da nicht im Griff. Sie haben, weil die Gelder gegenseitig deckungsfähig sind ‑ vom Neubau darf in den Erhalt umgeschichtet werden und umgekehrt ‑, genau diesen Weg genommen: Sie haben noch einmal 400 Millionen Euro ‑ Mittel, über deren Verwendung nicht vom Bundestag beschlossen worden ist ‑, die für den Erhalt vorgesehen waren, en passant in den Neubau rübergeschoben. Das ist eine falsche Politik, die wir nicht akzeptieren, und darum sprechen wir ganz deutlich vom Scheitern Ihrer Verkehrspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Redezeit reicht leider nicht aus, um die Liste der Versäumnisse und Fehler komplett abzuarbeiten:

Ich kann leider nichts dazu ausführen, dass Sie auch in der Infrastrukturpolitik, was den Breitbandausbau anbetrifft, massiv versagen, indem Sie die Technologie von morgen mit einer Technologie aus dem letzten Jahrhundert realisieren wollen. Das passt wohl nicht zusammen.

Ich kann nichts dazu sagen, wie Sie mit diesem merkwürdigen, undurchschaubaren Toll-Collect-Deal bei der Ausweitung der Lkw-Maut auf alle Bundesstraßen agiert haben.

Ich kann nichts Weitergehendes dazu ausführen, was die ÖPP-Projekte für die Zukunft bedeuten. Die jungen Leute, die hier auf der Tribüne sitzen, können heute schon aus den hier beschlossenen ÖPP-Projekten ablesen, dass sie für Fehlentscheidungen, die heute hier getroffen werden, werden zahlen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Verkehrsminister ist nach der halben Wahlperiode am Ende. Mehrausgaben im Verkehrshaushalt können das nicht überdecken. Wir brauchen einen Neuanfang mit neuem Personal.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)